FC Bayern: Daniel van Buyten:Fortbildung mit 31

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Für Bayern-Trainer Louis van Gaal sind im modernen Fußball die Innenverteidiger die Schlüsselfiguren. Das führt dazu, dass Daniel van Buyten eine ganz besondere Rolle einnimmt.

Moritz Kielbassa

Daheim in Nordwijk, in einem gelben Haus an der Nordsee, hat Louis van Gaal soeben seine Biographie fertiggestellt, am 8. Oktober erscheint das Buch, zunächst auf Holländisch. Vor elf Jahren trat der Trainer des FC Bayern schon einmal literarisch in Erscheinung, damals soufflierte er zwei Fachautoren "die Trainingsphilosophie von Louis van Gaal und den Ajax-Trainern". Daniel van Buyten dürfte dieses Werk interessieren, denn van Gaal erläutert darin, warum im zeitgenössischen Systemfußball vermutlich keine Zehner, Achter oder Sechser mehr die Schlüssselfiguren im Spielaufbau sein werden, sondern Vierer, übersetzt: Innenverteidiger. Wie van Buyten, 31.

(Foto: Foto: Getty)

Haha, denken an dieser Stelle jene "Experten", die Bayern-Manager Uli Hoeneß der irrenden Klugschwätzerei überführen will. Gemeint sind alle Gutachter, die zuletzt der Münchner Abwehr internationales Topniveau absprachen, wie der TV-Wüterich Stefan Effenberg, sowie in milderer Form: der frühere italienische Abwehr-Heros und Kolumnist Giuseppe Bergomi, der klubinterne Bedenkenträger Beckenbauer ("die Abwehr macht mir Sorgen") - und hinter vorgehaltener Hand noch viele andere.

Van Buyten, der neue Viererketten-Chef, findet "die ständige Kritik nicht gerechtfertigt, es ist schwierig, wenn es viele Zweifel an uns gibt". Die neuesten Hochrechnungen entlasten ihn und seine Mitstreiter: Seit dem Fiasko in Mainz (1:2) kassierte der FC Bayern gegen Wolfsburg, Dortmund und Haifa nur ein Gegentor, so soll es bleiben am Samstag im Derby gegen Nürnberg, fordert van Buyten: "Wir wollen eine Serie. Wir sind erst zufrieden, wenn wir die am Anfang verlorenen Punkte aufgeholt haben."

An van Buyten scheiden sich die Geister der Fachwelt. Die einen schätzen den Sohn eines Catchers aus der wallonischen Klostergemeinde Chimay als rigorosen Aufräumer, als Anführer und Koloss (1,96m) in der Abwehrmitte - und, in zweiter Funktion, als Bannbrecher, der, wenn das Angriffsspiel stockt, als Aushilfsstürmer vorrückt und die Kugel ins Tor rammt, wie zuletzt gegen Haifa. Dort schoss van Buyten das 1:0, sein bereits viertes Tor in der Champions League.

Kritiker hingegen halten ihm taktische Mängel vor: im Stellungsspiel zu Ungunsten der Nebenleute, im Abdichten des Zentrums bei Flanken, im Aufnehmen wichtiger Zweikämpfe. Zudem war van Buyten bisher kein filigraner Spieleröffner von hinten wie in van Gaals Vision, Langstreckenpässe des Belgiers sind oft Abenteuer. Doch vielleicht ist für van Buyten der neue Trainer ein Segen, vielleicht gelingt es van Gaal in der Tat, auch 31-Jährige durch fortbildene Seminare noch zu verbessern: "Wie er uns Innenverteidiger fordert, das habe ich noch nie erlebt", sagt van Buyten. Er meint vor allem: das Sich-Einbringen in der Spielgestaltung.

Van Gaal sieht Verteidiger als vollwertige Teilnehmer am Kombinationsfluss, sie sollen schnell und genau nach vorne spielen und jederzeit für ballsichernde Rückpässe bereit sein, van Buyten hat "fast doppelt so viele Ballkontakte wie letzte Saison". Diese Dinge lässt van Gaal üben, Tag für Tag, Station für Station, es ist indirektes Abwehrtraining: durch Steigerung und Automatisierung von Ballbesitz. Van Gaal denkt zwar nicht so waghalsig offensiv wie sein Vorgänger, ein strammer Defensivcoach ist aber auch er nicht.

Van Buyten möchte van Gaal beweisen, dass er hinten kein Risiko ist. Seit seinem Wechsel an die Isar, 2006, pendelte er zwischen Feld und Bank, war oft Verteidiger Nummer drei, im Vorjahr gab es Gerüchte über eine Rückkehr nach Marseille. Aber jetzt, da Lúcio verkauft ist, der verletzte Demichelis laut van Gaal "nicht vor Oktober" einsatzfähig ist (was auch für Mark van Bommel gelte) und kein neuer Verteidiger geholt wurde, spürt van Buyten Vertrauen: "Es ist schön, gebraucht zu werden. Das war nicht immer so."

Gestärkt wird seine Hausmacht durch die Freundschaft zu Franck Ribéry. Seit 2007 arbeitet van Buyten nebenberuflich als dessen Dolmetscher, und neulich in Dortmund, als Ribéry van Gaal in die Arme sprang, eilte van Buyten sofort hinzu. Dieser holländisch-französisch-belgische Schmuseknäuel, er könnte ein Bild mit Symbolkraft gewesen sein.

© SZ vom 19.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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