Basketballer des FC Bayern:Eine ehrabschneidende Niederlage zu viel

Lesezeit: 3 min

Die 30-Punkte-Abreibung in Belgrad schmerzte die Bayern um Greg Monroe (r.) besonders. (Foto: Predrag Milosavljevic/dpa)
  • Die Basketballer des FC Bayern stehen mit 14 Siegen in 14 Spielen blendend da in der Liga - trotzdem entlässt der Klub Cheftrainer Dejan Radonjic.
  • Er scheiterte an den internationalen Ambitionen der Münchner.
  • Für Radonjic übernimmt Co-Trainer Oliver Kostic.

Von Ralf Tögel, München

Auch der vierzehnte Sieg im vierzehnten Liga-Spiel konnte Dejan Radonjic den Job nicht mehr retten. Der Trainer der Basketballer des FC Bayern München musste nur einen Tag nach dem 76:68-Sieg bei Rasta Vechta am Sonntag seinen Hut nehmen. Bis auf Weiteres wird Assistenztrainer Oliver Kostic den Posten übernehmen. Die Verantwortlichen um Geschäftsführer Marko Pesic und Sportdirektor Daniele Baiesi sahen trotz der souveränen Saison, die der ungeschlagene Tabellenführer bislang in der Bundesliga spielt, ihre Ziele in Gefahr. Was wohl weniger auf die Verteidigung des deutschen Meistertitels zutrifft, als auf die Rolle, die der Mannschaft im internationalen Geschäft zugedacht war. Dort drohen die Münchner nämlich vorzeitig den Anschluss ans Mittelfeld und damit einen Platz unter den besten acht europäischen Mannschaften zu verlieren. Und der ist für die K.o.-Runde in der Euroleague vonnöten.

Dass das Erreichen der Playoffs im internationalen Geschäft eine "Zugabe" sei, woran Pesic gerne erinnert, ist das eine. Dass die üppig verstärkte Auswahl auf kontinentaler Ebene in unschöner Regelmäßigkeit ehrabschneidende Niederlagen kassiert, war dann aber doch zu viel. Drei Pleiten musste der deutsche Meister in der europäischen Königsklasse zuletzt in Serie hinnehmen, von denen lediglich das 67:77 vor heimischer Kulisse gegen den spanischen Topklub Barcelona akzeptabel war. Die Heimpleite gegen den damaligen Tabellenletzten Zalgiris Kaunas und vor allem die 30-Punkte-Abreibung von Belgrad, ein Team mit dem man sich auf Augenhöhe wähnte, waren dann doch zu viel. Was auch verdeutlicht, dass die Vereinsführung sich insgeheim mehr erwartet, als den von Pesic vor Saisonbeginn postulierten "schönen Basketball".

Positionswechsel: 2018 wurde Oliver Kostic (rechts) vom Coach der zweiten Mannschaft zum Co-Trainer von Dejan Radonjic (links) befördert. Nun folgt der 46 Jahre alte Serbe auf den drei Jahre älteren Montenegriner. (Foto: Lackovic/imago)

Das mit dem hübschen Spiel hat sich ohnehin schon seit Längerem erledigt, denn auch in der Bundesliga quälte sich die Münchner Auswahl zuletzt von Partie zu Partie - bisher immerhin ohne jeden Makel. Mit einem Kader indes, der eigentlich dafür zusammengestellt wurde, auch international aufzuschließen. Wofür unter anderem eine ganze Reihe an NBA-erfahrenen Akteuren wie Greg Monroe, Paul Zipser, Josh Huestis oder DeMarcus Nelson verpflichtet wurden. Letzterer wurde kurz vor Radonjic verabschiedet, der Spielmacher war ob der schweren Verletzung von T. J. Bray während der Vorbereitung erst kurz vor Saisonbeginn nachverpflichtet worden.

Das angepeilte ansehnliche Kombinationsspiel war beim deutschen Meister schon seit Längerem nur phasenweise zu beobachten

Doch der 34-jährige Point Guard konnte den Erwartungen nie gerecht werden, nun ruhen die Hoffnungen der Bayern wieder auf Bray, der demnächst auf das Spielfeld zurückkehren soll. Eine vage Hoffnung: Zum einen hat sich Bray, der aus Vechta nach München gewechselt war, bislang noch nie auf internationalem Parkett bewährt. Zum anderen hat der 27-Jährige noch kein Pflichtspiel für den Meister absolviert. Und nun also auch noch die Trennung vom 49-jährigen Montenegriner Radonjic, von der sich Pesic "einen neuen Impuls und Ansatz" für seine Mannschaft erhofft. Denn unter Radonjic war zuletzt eine Stagnation festzustellen, immer häufiger ergab sich seine Mannschaft ihrem Schicksal, sobald sie deutlicher in Rückstand geraten war. Die individuelle Qualität der Spieler sicherte Erfolge vor allem in der Liga, auf europäische Ebene, im Ringen mit teils besser besetzten Gegnern, war das zu wenig. Das angepeilte ansehnliche Kombinationsspiel war nur phasenweise zu beobachten.

Der Klub zieht jetzt die Reißleine, ein bekanntes Muster. Schon Dirk Bauermann, der seinerzeit das Basketball-Projekt des FCB auf Touren gebracht hatte, musste vorzeitig seine Sachen packen. Der heute 62-Jährige hat sich im Übrigen gerade einem ähnlichen Vorhaben verschrieben: Der ehemalige Nationaltrainer soll den Zweitligisten Rostock Seawolves voranbringen. Und zuletzt widerfuhr auch dem serbischen Nationalcoach Aleksandar Djordjevic dieses Schicksal in München, als ihn Geschäftsführer Pesic kurz nach dem Sieg im Pokalwettbewerb vor die Tür setzte. Sein Nachfolger war 2018 Dejan Radonjic, der dann zweimal hintereinander deutscher Meister wurde und in der vergangenen Saison mit den Münchnern auch in der Euroleague eine respektable Runde spielte. Die Playoffs wurden dennoch knapp verpasst; dieser achte Platz ist also die logische nächste Entwicklungsstufe der FCB-Basketballer - an deren Ende eine dauerhafte Teilnahme an der Euroleague-Endrunde stehen soll.

Das darf nun bis auf Weiteres Oliver Kostic versuchen, der bisherige Assistenzcoach wird bereits im nächsten Euroleague-Heimspiel am Freitag gegen Titelverteidiger ZSKA Moskau (20.30 Uhr) die Verantwortung tragen. Der 46-jährige Serbe zählt schon seit sieben Jahren zum Trainerstab der Bayern, kam ursprünglich als Coach ins Nachwuchsprogramm, wo er mit der U19 den ersten deutschen Titel im Jugendbereich gewann. 2016 übernahm er die zweite Mannschaft, mit der er in die zweite Liga ProB aufstieg, ehe er mit der Verpflichtung von Radonjic zu dessen Assistenten befördert wurde. Kostic sammelte als Co-Trainer Erfahrungen in Rom, Belgrad und beim Bundesligisten Mitteldeutscher BC, sowie als Cheftrainer beim bulgarischen Profiklub Sofia.

Wie lange Kostic in der Verantwortung bleiben soll, dazu wollte sich kein Verantwortlicher äußern.

© SZ vom 08.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Basketballer Heiko Schaffartzik
:Wie ein künftiger Trainer

Heiko Schaffartzik gewöhnte sich bei einer Auszeit bereits ans Karriereende. Nun lenkt er das Spiel des Aufsteigers Hamburg Towers - und hilft einem Talent, das der "nächste NBA-Spieler werden" könnte.

Von Jörg Marwedel

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: