FC Basel:Chaos regiert beim Schweizer Serienmeister

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2012 noch Spieler in der Champions League gegen Bayerns Arjen Robben, heute Trainer des FC Basel: Alexander Frei (links). (Foto: Christof Stache/AFP)
  • Achtmal nacheinander gewann der FC Basel die Schweizer Super League - doch derzeit wirkt der Klub überfordert.
  • Im Sommer verpasste der FCB den Titel, jüngst wurde Coach Raphael Wicky entlassen.
  • Marcel Koller, zuletzt Nationaltrainer Österreichs, könnte den Posten übernehmen. Interimsweise coacht aber Ex-Profi Alexander Frei, der daneben Verwaltungsrat und Nachwuchstrainer ist.

Von Thomas Schifferle, Zürich

So schnell geht das manchmal im Fußball. Zwei Spiele können schon reichen, um eine Panik auszulösen, an deren Ende die Entlassung eines Trainer steht. Der FC Basel ist in diesen Tagen ein gutes Beispiel dafür, er liefert vor dem Rückspiel in der zweiten Qualifikationsrunde zur Champions League gegen Paok Saloniki am Mittwoch (20 Uhr) ein bemerkenswertes Schauspiel seiner Überforderung ab. Bemerkenswert deshalb, weil der FCB aus Basel bis vor einem Jahr das war, was der FCB aus München ist: national so unangetastet, dass die Konkurrenz schon vor Saisonbeginn die Meisterschaft verloren gab. Achtmal nacheinander gewann der FC Basel die Schweizer Super League. Dann hatten Präsident Bernhard Heusler und Sportchef Georg Heitz genug und traten im Sommer 2017 zurück, müde vom Erfolg.

Im Überschwang verkündete die neue Führung gleichen Erfolg bei sinkenden Ausgaben

Jetzt waren andere an der Reihe: Bernhard Burgener als Präsident, unter anderem im Filmgeschäft reich geworden mit Filmen wie "Das Parfüm"; Marco Streller als Sportchef, eine lokale Größe als vielfacher Meisterspieler, ehemals auch mit dem VfB Stuttgart Meister; und Alexander Frei als Verwaltungsrat, der frühere Torjäger von Borussia Dortmund. Noch nicht mal offiziell im Amt, kündigte das neue Führungstrio an, zum Saisonende Urs Fischer als Trainer zu entlassen. Fischer, inzwischen bei Union Berlin gelandet, ging stilvoll, indem er nochmals die Meisterschaft gewann.

Und in Basel? Da sollte alles anders werden. Die vom Erfolg verwöhnten Zuschauer sehnten sich nach Unterhaltungs- statt nach Ergebnisfußball. Und Burgener, Streller und Frei verkündeten im Überschwang: mehr Basel, mehr Jugend, mehr Spektakel. Und auch das versprachen sie: sinkende Ausgaben bei gleich bleibendem sportlichem Erfolg. Dafür beförderten sie Raphael Wicky vom Nachwuchs- zum Profitrainer. Der frühere Nationalspieler, früher acht Jahre bei Werder Bremen und dem Hamburger SV im Mittelfeld unterwegs, hatte in seinem Amt so viel Erfahrung wie Burgener, Streller und Frei jeweils in ihren: gar keine.

Die erste gemeinsame Saison wurde geschönt durch die Qualifikation für die Achtelfinals in der Champions League und gleichzeitig getrübt davon, dass die Meisterschaft mit 15 Punkten Rückstand auf die Young Boys aus Bern verloren ging. Über den Sommer verließen drei Leistungsträger den Verein, unter ihnen Verteidiger Michael Lang (zu Borussia Mönchengladbach). Geldmensch Burgener freute sich beim Blick auf den Kontostand. Seit Anfang des Jahres hatte er durch Spielerverkäufe gut 50 Millionen Euro eingenommen, 20 Millionen davon hatte allein Dortmund für Manuel Akanji überwiesen. Streller behauptete trotz aller Abgänge forsch: "Wir halten den neuen Kader für gut genug. Definitiv." Irgendwie klang das, als ob er präventiv schon einmal die Schuld an einem möglichen Scheitern an den Trainer weiterreichen wollte. Die letzten drei Testspiele gingen dann auch verloren.

Der Trainer kritisierte die Mannschaft vor allem für das 0:5 gegen Feyenoord Rotterdam, wie er das nie zuvor getan hatte. Bei der Führung wiederum wuchsen die Zweifel, ob das mit Wicky wirklich gut gehen könnte. Die Meisterschaft begann mit einem 1:2 gegen den FC St. Gallen, drei Tage später folgte eine 1:2-Niederlage im Hinspiel der zweiten Qualifikationsrunde zur Champions League bei Paok Saloniki - nach einem bedenklich schwachen Auftritt. 40 Stunden danach wurde Wicky entlassen.

Ein Sturm der Kritik entlud sich über Präsident und Sportchef. Nach zweitägigem Schweigen tat Streller so, als könne er mit Kritik umgehen. Vor allem aber wurde ihm bewusst, unter welchem Druck er nun stand: "Die nächste Patrone muss sitzen." Ein Fehlgriff bei der Trainerwahl könnte auch für ihn gravierende Folgen haben. Der Favorit auf den Trainerposten heißt nun Marcel Koller. Naheliegend, nicht nur weil Koller verfügbar ist, sondern weil er immer wieder seine Qualitäten bewiesen hat, unter anderem beim VfL Bochum und zuletzt als Nationalcoach von Österreich.

Bis der Posten fix besetzt ist, hat sich die Führung des FC Basel für Alex Frei entschieden, Verwaltungsrat, Nachwuchs- und nun also auch Cheftrainer. In seinem ersten Einsatz gab es ein 1:1 bei Aufsteiger Xamax Neuenburg. Danach sagte Streller: "Wir müssen wieder etwas resultatorientierter sein, bevor wir irgendwelche Sachen versprechen." Kurioserweise kritisierte er damit sich selbst: Der neue Trainer soll also so sein, wie es der nicht mehr geschätzte Fischer war.

© SZ vom 01.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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