FC Augsburg:Langfristig gute Aussichten

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Kennenlernen in der Länderspielpause: Irgendwie muss der FC Augsburg jetzt mal auf einen gemeinsamen Nenner kommen. Denn einige Transfers wurden erst getätigt, als die Saison bereits losgegangen war.

Von Thomas Hürner

Das Pflichtprogramm hatte Felix Uduokhai bereits absolviert, da machte er sich auf die Suche nach einem schattigen Plätzchen. Davon gibt es nicht gerade viele auf dem Trainingsgelände des FC Augsburg, eigentlich nur entlang einer langen Mauer, die den grünen Rasen vom grauen Parkplatz trennt. Uduokhai, 21, war beinahe am Ziel angelangt, da stellte sich ihm plötzlich ein Mann in den Weg. So einfach kommt man nicht vorbei an Stephan Lichtsteiner, das ist allgemein bekannt, der Schweizer ist ja ein Abwehrspieler der eher kompromisslosen Sorte.

Am Mittwochmittag war Lichtsteiner, 35, aber einfach nur sehr mitteilungsbedürftig, er fing Uduokhai noch vor dem ersehnten Schattenplatz ab, deutete mit den Händen in Richtung Spielfeld und hielt einen gestenreichen Vortrag über die Kunst des Verteidigens. Nach etwa fünf Minuten erklärte Lichtsteiner die Sitzung für beendet, ein beherzter Klaps auf die Schulter Uduokhais und der Meister machte sich auf den Weg in die Kabine.

"Von solchen Spielern kann man etwas lernen", sagte Uduokhai hinterher. Sein neuer Teamkollege verfüge immerhin über eine "hervorragende Vita", was angesichts seiner sieben gewonnenen Meistertitel mit Juventus Turin vielleicht sogar noch etwas untertrieben ist. Lichtsteiner, für Uduokhai auch ein Musterbeispiel für "Mentalität und "Professionalität", habe im Training "etwas erkannt", und für beide sei es dann ein großes Anliegen gewesen, "alles, so gut es geht, auf einen Nenner zu bringen".

Das ist ja auch etwas, was für die Augsburger im Allgemeinen gilt: Irgendwie müssen sie jetzt mal auf einen gemeinsamen Nenner kommen, vor allem in der bislang so wackeligen Defensive. Nur Mainz hat in dieser Bundesliga-Saison mehr Gegentore kassiert, wobei man für die Rheinländer sogar noch mildernde Umstände geltend machen kann, weil sie sich die Hälfte davon beim FC Bayern eingefangen haben. Und der FCA? Gut, zum Auftakt waren es auch gleich mal fünf Gegentore bei Borussia Dortmund, aber der selbsternannte Titelaspirant konnte zuletzt gegen den Aufsteiger Union Berlin auch nur einmal treffen. Am selben Wochenende verlor der FCA 2:3 in Bremen, den Gegentreffern gingen teils große Abstimmungsprobleme in der Abwehr voraus. Und wer es böse mit den Schwaben meint, könnte jetzt noch das letzte Spiel der Vorsaison erwähnen, eine 1:8-Niederlage beim VfL Wolfsburg.

Eine Partie übrigens, über die sich der FCA-Trainer Martin Schmidt vor ein paar Wochen sogar sehr dankbar äußerte, weil sie intern zu einem Umdenken geführt und einer drohenden Selbstgefälligkeit vorgebeugt habe. Obwohl das Saisonziel, der Verbleib in der Erstklassigkeit, erreicht werden konnte, haben die Augsburger also viel verändert an ihrem Kader, vor allem in der Defensive. In Tomas Koubek kam ein neuer Torwart, für die Abwehr der kroatische Nationalspieler Tin Jedvaj, der Tscheche Marek Suchy und eben der erfahrene Lichtsteiner sowie der dynamische Uduokhai, der nur wenige Tage nach seinem Leihwechsel vom VfL Wolfsburg in Bremen gleich mal in der Startelf stand. Und das ist ein Teil des Problems, das die Augsburger derzeit noch haben: Weil einige dieser Transfers getätigt wurden, als die Saison bereits losgegangen war, stand in bislang allen Spielen eine andere Defensivreihe auf dem Platz.

Uduokhai jedenfalls freute sich am Mittwochmittag über den Umstand, dass jetzt die Länderspielpause ansteht, "das bringt eine Woche Zeit, um sich besser kennenzulernen." So genau lasse es sich zwar nicht abschätzen, bis wann sich die nötigen Automatismen einstellen, der deutsche U21-Nationalspieler attestierte seiner neuen Mannschaft aber immerhin "langfristig gute Aussichten". Blöd nur, dass Trainer Schmidt im kommenden Spiel gegen Frankfurt seine Abwehrkette schon wieder umbauen muss, weil Lichtsteiner nach einer Gelb-Roten Karte am vergangenen Wochenende gesperrt fehlt. Uduokhai, den Schmidt kürzlich als "groß, stark und sehr schnell" lobte, bringt das jedenfalls nicht aus der Ruhe. Er wurde beim TSV 1860 ausgebildet, eine Zeit "mit Höhen und Tiefen", wie Uduokhai sagt. Die Sechzger sind immer noch sein Herzensverein, in München machte er wertvollste Erfahrungen: "Das Chaotische gehört da einfach dazu."

© SZ vom 05.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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