FC Augsburg:Der nächste Liebling soll gehen

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Zuverlässige Paraden: Andreas Luthe, hier im Spiel beim FC Bayern, in dem er zur zwischenzeitlichen Nummer eins aufstieg. (Foto: Ulrich Gamel/Imago)

Der Klub plant offenbar nicht mehr mit Torwart Andreas Luthe.

Von Sebastian Fischer

Die erste Enttäuschung war für ihn eigentlich keine Überraschung, denn es war wie fast immer in seiner Karriere. Der Torhüter Andreas Luthe, 33, hat in seinem Leben fünf Saisons in der Bundesliga gespielt, viermal hat er in den vergangenen Jahren beim FC Augsburg als Ersatzmann begonnen, immer hat er danach im Training gearbeitet, und er ist zweimal damit belohnt worden, während der Saison zum Stammkeeper aufzusteigen: 2018 und 2020. Es war also keine Überraschung, als er davon erfuhr, dass der FCA in Rafal Gikiewicz, 32, von Union Berlin in diesem Sommer einen neuen Torhüter verpflichten werde. Eine große Überraschung und eine noch größere Enttäuschung war es dann allerdings, als Manager Stefan Reuter offenbar erklärte, nicht mehr mit Luthe zu planen, auch als Nummer zwei nicht mehr. Luthe verstand das nicht. Aber er musste es so hinnehmen.

Und er zog seine Schlüsse daraus. In der kommenden Woche beginnt der FC Augsburg mit der Vorbereitung auf seine zehnte Bundesligasaison. Doch die Stimmung ist eine etwas andere als vor rund einem Monat, als die Spieler fröhlich den Klassenverbleib mit T-Shirts mit der Aufschrift "La Décima" feierten, in Anlehnung an den zehnten Europapokaltriumph von Real Madrid. Für die Stimmung in Augsburg ist die Situation des Torhüters Luthe durchaus bedeutsam.

Es ist eine Woche her, da gab der langjährige Kapitän Daniel Baier seinen Abschied aus Augsburg bekannt. Viele Kollegen dankten dem Mittelfeldspieler, bis dahin der letzte verbliebene Profi aus der Aufstiegssaison 2011, in den sozialen Medien. Auch Luthe schrieb: "Danke Capitano." Der Hauptgrund für den Abschied von Baier war die Überzeugung des im März verpflichteten Trainers Heiko Herrlich, nicht mehr als Stammspieler mit dem 36-Jährigen zu planen, der erst im Januar seinen Vertrag bis 2021 verlängert hatte. In Tobias Strobl, 30, verpflichtete der FCA einen Spieler aus Mönchengladbach, der Baiers Rolle im defensiven Mittelfeld übernehmen soll.

Bei allen drei jeweils ablösefrei verpflichteten Neuen, auch beim vorherigen Schalker Kapitän Daniel Caligiuri, 32, geht es nicht nur um die Position, die sie auf dem Feld einnehmen können. Ganz offensichtlich soll sich die Hierarchie in der Mannschaft verändern. Und ob eine Mannschaft ausschließlich begeistert darüber ist, dass sich ihre Hierarchie ändern soll, ist natürlich fraglich. Zumal, wie der Kicker berichtet, es in der Augsburger Kabine zur Kontroverse wurde, dass es während der Corona-Pause wohl zunächst zu Meinungsverschiedenheiten über einen Gehaltsverzicht kam - und dann der bislang ausgeliehene Verteidiger Felix Uduokhai für angeblich sieben Millionen Euro aus Wolfsburg fest verpflichtet wurde.

Wie Baier ist auch Luthe, der sich in Augsburg auch sozial engagiert und als besonnener Ratgeber für junge Spieler gilt, in der Kabine und bei den Fans hoch angesehen. Nach der Corona-Pause spielte er außerdem so, dass eine Augsburger Problemposition vorerst kein Thema mehr zu sein schien. Seit dem Weggang von Marwin Hitz 2018 sucht der Verein einen Stammtorwart, er wollte ihn 2019 im teuer verpflichteten Tomas Koubek gefunden haben, doch der Tscheche überzeugte nicht. Im letzten Spiel vor der Corona-Pause, beim FC Bayern, entschloss sich der damalige Trainer Martin Schmidt schließlich dazu, Luthe statt Koubek aufzustellen. Er machte keinen Fehler, behielt seinen Stammplatz und hielt weiter souverän.

2019 - damals wurde der Torwart Gregor Kobel verpflichtet, um den zur zwischenzeitlichen Nummer eins aufgestiegenen Luthe zu ersetzen - hatte er Angebote aus den USA und Japan. Der Verein lehnte ab, ein halbes Jahr später wurde Luthes Vertrag zu besseren Konditionen bis 2022 verlängert. Ein Wechsel in die USA könnte für ihn auch diesmal eine Option sein, allerdings erst im Januar, wenn dort die nächste Saison beginnt. Ob sich Augsburg und Luthe schon vorher auf eine Trennung einigen, könnte sich noch vor dem Trainingsstart klären. Auch Fabian Giefer, der vierte Torhüter im Kader, spielt in den Plänen wohl keine Rolle mehr. Und Koubek dürfte, auch weil er im vergangenen Sommer nicht ganz preiswert war, zunächst als Nummer zwei eingeplant sein. Sollte Luthe doch bleiben, wäre es nicht das erste Mal, dass er einen scheinbar aussichtslosen Konkurrenzkampf beginnt. Diesmal wäre es ein Konkurrenzkampf um den Platz als Ersatzmann.

© SZ vom 31.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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