FC Augsburg:Das große Hinterfragen

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Ratlos im Regen: Augsburgs Trainer Martin Schmidt nach der vierten Saisonniederlage seiner Mannschaft. (Foto: Carmen Dammaschke-Gerstmeyer/imago)

Das 1:5 in Gladbach zeigt, dass die Abwehrsorgen des FC Augsburg noch größer geworden sind, als sie ohnehin schon waren.

Von Sebastian Fischer

Am Montag hat in Augsburg eine besonders schwere Aufgabe begonnen, aber einige jener Fußballer, die sie zu lösen haben, sind gar nicht da. Stephan Lichtsteiner zum Beispiel, der Rechtsverteidiger, ist für die kommenden beiden Spiele der Schweizer Nationalmannschaft nominiert. Und Tin Jedvaj, der Innenverteidiger, ist mit der Auswahl Kroatiens unterwegs. Kann es also überhaupt funktionieren, was Martin Schmidt, der Trainer FC Augsburg, am Sonntag angekündigt hat?

Schmidt, 52, hat in rund einem halben Jahr in Augsburg schon bittere Niederlagen erlebt, ein 1:8 in Wolfsburg am letzten Spieltag der vergangenen Saison, ein 1:5 in Dortmund im August. Aber so konsterniert wie nach dem 1:5 in Gladbach sah er in den vergangenen Monaten nie aus. "Wir werden alles hinterfragen, das Team, ich mich, unser Trainerteam, die Herangehensweise", sagte er. "Wir werden viel Arbeit in die Länderspielpause mitnehmen." Doch einige der Hauptdarsteller eines Spiels, das den Klub noch lange beschäftigen könnte, fehlen bei der Aufarbeitung erst mal.

Schmidt fragt: "Waren wir zu hoch? Waren wir zu offensiv?"

Das 0:1 nach zwei Minuten war über die Seite Lichtsteiners gefallen, der von einem Fehlpass von André Hahn im Vorwärtsgang überrascht wurde; Gladbach konterte, Jedvaj verhinderte als Innenverteidiger die Hereingabe nicht. Das 0:2 fiel sechs Minuten später wieder über Augsburgs rechte Seite, diesmal ging Lichtsteiner nicht in den Zweikampf. Das 0:3 nach 13 Minuten fiel über links, die Abstände zwischen den Augsburger Spielern waren riesig, und am Ende eines nahezu ungestörten Konters ließ wieder Jedvaj das letzte Zuspiel in die Mitte zu, nachdem sich seine Kollegen bei ihren Verteidigungsversuchen gegenseitig behindert hatten. Als kurz vor der Halbzeit das kurioseste Gegentor zum 0:4 fiel, weil Torwart Tomas Koubek erst über den Ball trat und ihn auch im Zurückstolpern nicht klärte, war das Spiel schon verloren. Der Auftritt in Gladbach, die vierte Niederlage der laufenden Saison, zeigte eindrucksvoll, dass es noch nicht gelungen ist, das Problem der vergangenen Spielzeit zu lösen: die Defensive zu stärken. "Zwei Schritte zurück" in der Entwicklung der Mannschaft habe er gesehen, sagte Schmidt. "Vor zehn Tagen haben wir gedacht, die Kiste haben wir zusammen". Er meinte wohl Kompaktheit in der Defensive nach einem 2:1 gegen Frankfurt und einem 1:1 in Freiburg. Doch das Problem scheint eher größer geworden zu sein. 19 Gegentore hat der FCA bereits kassiert, so viele wie sonst nur der Tabellenletzte SC Paderborn.

Es ist nun immerhin gut eineinhalb Monate her, dass Schmidt um Geduld warb, weil das Team mit den Zugängen von Lichtsteiner, Jedvaj und dem zweiten Innenverteidiger Felix Uduokhai erst kurz vor Ende der Transferperiode fertig zusammengestellt worden war. Der Umbruch im Kader ist mit zwölf Zugängen im Sommer riesig. Nun sprach er davon, sich wieder von vorn auf die Suche nach dem "kleinsten gemeinsamen Nenner" zu begeben. Es gehe noch mal um die "Basics".

Auch seine Taktik werde er in Frage stellen, sagte Schmidt: "Waren wir zu hoch? Waren wir zu offensiv?" Es hilft ihm nicht unbedingt, dass Zugang Koubek im Tor, im Sommer siebeneinhalb Millionen Euro teuer, ein Fehler nach dem anderen unterläuft. Oder dass Linksverteidiger Philipp Max, der im Sommer mit einem Wechsel kokettierte, seine Form sucht. Selbst Rani Khedira, am Sonntag als Kapitän auf der Sechserposition zur Halbzeit ausgewechselt, verleiht der Mannschaft gerade keine Sicherheit. Abwehrchef Jeffrey Gouweleeuw ist nach langwieriger Verletzung immerhin zurück im Mannschaftstraining.

Als Schmidt seine Arbeit in Augsburg im April begann, gewann er zwei Spiele gegen Frankfurt und Stuttgart eindrucksvoll und sicherte so den Klassenverbleib. Seitdem hat der FCA von 12 Spielen zwar acht verloren, und die fußballerischen Probleme in der Mannschaft machen nicht den Anschein, als wäre die Leistung in Gladbach ein unerklärlich schwacher Auftritt gegen den neuen Tabellenführer gewesen; eher wirkte das Spiel symptomatisch. Doch sie haben in Augsburg wohl weiterhin Vertrauen, dass Schmidt an seinen guten Start anknüpfen kann. Jedenfalls saß Manager Stefan Reuter am Sonntagabend mit dem Trainer zur ausführlichen Spielanalyse zusammen. Natürlich ist es auch Reuter, der in der Verantwortung steht. Schließlich hat er den Kader zusammengestellt. Geäußert hat er sich nach dem Spiel nicht.

Am Ende der Länderspielpause trifft Augsburg auf den FC Bayern, es wird wohl wieder auf die Defensive ankommen. Immerhin steht Torwart Koubek die gesamten zwei Wochen Vorbereitung zur Verfügung. Erstmals seit 2016 wurde er nicht für die tschechische Nationalmannschaft nominiert.

© SZ vom 08.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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