FC Augsburg:Überraschungskiste

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Ab nach Gladbach: Raúl Bobadilla (rechts.) verlässt Augsburg nach 94 Bundesligaspielen und 21 Toren. Der Stürmer war selbst an den Verein herangetreten und hatte um Freigabe gebeten. (Foto: Guenter Schiffmann/ AFP)

Kurz vor dem Auftakt beim Hamburger SV gibt der FCA seinen Stürmer Raúl Bobadilla an Mönchengladbach ab. Es ist bereits der vierte Weggang eines Leistungsträgers.

Von Maik Rosner

Manchmal kommt sogar das Erwartete als Überraschung daher, und der FC Augsburg etabliert sich langsam als Spezialist in dieser Disziplin. Dass im sehr großen Kader noch Stellen abgebaut werden, hatten die Augsburger zwar angekündigt. Doch dass davon bisher vornehmlich Leistungsträger betroffen sind, verblüfft schon. Vier Stammkräfte haben sich inzwischen verabschiedet, auf Halil Altintop, Dominik Kohr und Kapitän Paul Verhaegh folgte am Donnerstag Raúl Bobadilla. Der Offensivspieler wechselte zum Ligakonkurrenten Borussia Mönchengladbach.

Während die Stürmer weniger werden, tummeln sich im FCA- Kader inzwischen die Torhüter

Bobadilla war vor vier Jahren vom FC Basel nach Augsburg übergelaufen, hatte in 94 Bundesligaspielen 21 Tore erzielt und die Mannschaft mit seinem wuchtigen, ballsicheren Stil trotz mehrerer Verletzungspausen geprägt. Nun habe er den "ausdrücklichen Wunsch" geäußert, eine neue Herausforderung angehen zu dürfen, sagte Geschäftsführer Stefan Reuter. Ihm sei bewusst, dass man Spieler abgegeben habe, "die über Jahre wirklich sehr viel beigetragen haben zum Erfolg des FC Augsburg". Doch derartige Weggänge nicht wirklich verhindern zu können, sei das Los fast aller Bundesligisten. Zudem habe man "viele Stürmer im Kader" und in diese "totales Vertrauen".

Bisher war oft die Augsburger Puppenkiste bemüht worden, wenn es um den ortsansässigen Bundesligisten ging. Die Titelmelodie des Marionettentheaters wird regelmäßig in der Augsburger Arena gespielt, die Gegner erhalten eine der Figuren vor den Spielen als Begrüßungsgeschenk. In diesem Sommer entpuppt sich der FCA aber zunehmend als Augsburger Überraschungskiste.

Zuletzt hatte der langjährige Kapitän Verhaegh darum gebeten, sich dem VfL Wolfsburg anschließen zu dürfen. Schon das hatte für Verwunderung gesorgt, und noch etwas mehr verwunderte es das Publikum, dass der FCA seinen Rechtsverteidiger ziehen ließ. In den vergangenen Tagen war es vor allem um das Werben des Auftaktgegners Hamburger SV um Linksverteidiger Konstantinos Stafylidis gegangen. Dass diese Personalie noch nicht entschieden ist, erstaunt vor dem direkten Vergleich an diesem Samstag weniger. Dafür aber, dass die Augsburger "nach vielen Diskussionen" (Reuter) den weiteren Leistungsträger Bobadilla abgaben, der eigentlich noch bis 2020 an den Verein gebunden war, der FCA erhält eine Ablöse. Der 30-Jährige bekommt einen Zweijahresvertrag bei der Borussia, bei der er bereits von Juli 2009 bis Januar 2011 und von Juli 2011 bis Januar 2012 gespielt hatte. Am Samstag in acht Tagen dürfte Bobadilla schon wieder nach Augsburg zurückkehren - zumindest kurz, zum Spiel gegen Gladbach.

34 Profis beschäftigt der FCA weiterhin, weitere Abgänge dürften also bis zur Transferfrist am 31. August folgen, um der drohenden Unzufriedenheit über seltene Einsätze entgegen zu wirken. Ausgeschlossen ist nicht, dass weitere Stützen wie Stafylidis gehen. Es passt ins Bild der Überraschungen, dass jener Leistungsträger, dessen Wechsel am ehesten erwartet worden war, nun nicht nur offenbar bleibt. Sondern dass er sich den Platz als Nummer eins erkämpft zu haben scheint, der ursprünglich für einen verpflichteten Konkurrenten vorgesehen war. So hatte das Zugang Fabian Giefer jedenfalls erstaunlich offenherzig aus den Verhandlungen berichtet. Doch statt des ehemaligen Schalkers hütete zuletzt der eigentlich als Abgang gehandelte Marwin Hitz mehrfach das Tor. Als sein Ersatzmann saß Andreas Luthe auf der Bank, Giefer blieb nur die Tribüne.

Zugang Michael Gregoritsch ist "elektrisiert" wegen der schnellen Rückkehr zum Hamburger SV

Manuel Baum trägt die teils erstaunlichen Transferpersonalien so loyal wie möglich mit. "Ich halte mich nicht mit dem Thema auf, mein Thema ist der HSV", sagte der Trainer zur jüngsten Überraschung mit Bobadilla. Vermutlich liegt Baums öffentlich vorgetragene Genügsamkeit auch daran, dass er ohnehin genug gefordert ist, nach dem Pokalaus beim Drittligisten Magdeburg einen kompletten Fehlstart zu vermeiden. Vielleicht trifft es sich dafür ganz gut, dass der FCA Michael Gregoritsch verpflichtet hat. "Elektrisiert" sei er wegen seiner Rückkehr, sagte der Offensivspieler, "jetzt will ich den Hamburgern zeigen, dass es ein Fehler war, mich zu verkaufen". Überraschend war auch dieser Transfer, zumindest für Gregoritsch. "Verwundert" sei er gewesen, dass ihn der HSV gehen ließ. Und ebenso erstaunlich findet er es, dass der FCA oft als einer der ersten Abstiegskandidaten genannt werde. "Aber besser, wir überraschen alle, als dass wir enttäuschen", befand der Österreicher. Es wäre eine weitere Geschichte aus der Augsburger Überraschungskiste.

© SZ vom 18.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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