Europa League:In Europa kennt den FC Augsburg jetzt jede Sau

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Ausgelassener Jubel: Die Augsburger freuen sich über das Weiterkommen in der Europa League. (Foto: dpa)
  • Der FC Augsburg erreicht auf denkwürdige Weise die K.-o.-Phase in der Euopa League.
  • Raúl Bobadilla schießt das entscheidende Tor in der 90. Minute.
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Von Matthias Schmid

Zu dieser denkwürdigen Szene, die für immer in die Annalen des FC Augsburg eingehen wird, hätte es eigentlich gar nicht kommen dürfen. Raúl Bobadilla, dieser Mann mit der Statur eines Wandschranks, riss sich nach seinem Treffer in der 90. Minute das Trikot vom Leib. Zum Vorschein kam auf seinem weißen Unterhemd ein Bild seines neugeborenen Sohnes. Bobadilla rannte in die Kurve des Belgrader Stadions, in der etwa 1000 mitgereiste Augsburger Fans wilde Tänze aufführten.

Diese Szene, die dem Klub den größten Erfolg seiner Historie bescherte, es hätte sie nicht geben dürfen. Denn: Bobadilla war verletzt, den Stürmer plagte im letzten Gruppenspiel der Europa League bei Partizan Belgrad das Sprunggelenk. FCA-Trainer Markus Weinzierl hatte mit dem Argentinier deshalb vor dem Spiel vereinbart, "dass er nur 60 Minuten spielt", wie der Fußballehrer hinterher bekannte. "Aber bei einer 2:1-Führung ist das nicht gegangen, da habe ich ihm ein bisschen Verlängerung gegeben."

Es war wohl die klügste Entscheidung, seit Weinzierl Trainer des FCA ist, denn Bobadilla köpfelte in der 90. Minute das 3:1 für Augsburg. Mit diesem Sieg steht der Klub bei seiner internationalen Premiere gleich in der K.-o.-Runde. "Das war einfach geil. Geiles Spiel, geile Leistung, geile Sensation", fasste der Matchwinner seine Gefühle zusammen.

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Rückstand, übles Foul, Treffer in letzter Minute: Der FC Augsburg zieht beim 3:1 gegen Partizan Belgrad doch noch in die nächste Runde der Europa League ein.

Dass Bobadilla für seinen Torjubel die gelbe Karte erhielt, verzieh Weinzierl ihm natürlich. "Wenn er das Tor macht, darf er jubeln. Das werden wir verkraften." Die Augsburger haben es vor allem ihrem treffsicheren Stürmer zu verdanken, dass sie das schier Unmögliche möglich gemacht und die Runde der besten 32 Mannschaften doch noch erreicht haben. "Das war das Näschen, das du brauchst", lobte Manager Stefan Reuter den Stürmer, der sich mit sechs Toren nun zum erfolgreichsten Torschützen in der Europa League aufgeschwungen hat.

Die Ausgangslage schien vielen aussichtslos, und das war noch untertrieben, als Belgrad durch Abubakar Oumaru (11.) früh in Führung ging. Denn Augsburg musste mindestens drei Tore erzielen und mit zwei Treffern Abstand gewinnen. "Es hat uns keiner zugetraut, dass wir hier 3:1 gewinnen - außer wir selbst", sagte Weinzierl. In einer dramatischen Partie brachten der eingewechselte Abwehrspieler Jeong-Ho Hong (45.) und Kapitän Paul Verhaegh (51.) vor etwa 25 000 Zuschauern im Partizan-Stadion den FCA in Führung. "Es hat dann lange bis zum dritten Tor gedauert", gab Bobadilla zu: "Aber wir haben uns immer gesagt, dass wir es schaffen können. Das war eine unglaubliche Leistung von der ganzen Mannschaft."

Die Reise durch Europa endet für Augsburg also nicht in Belgrad. Das kommt auch selbst für viele Augsburger überraschend, die den Auftritt auf internationaler Bühne bisher für ein großes Abenteuer hielten. Er sollte den FC Augsburg vor allem bekannter machen, ambitionierte sportliche Ziele hatten sich die Macher zumindest nach außen nicht gesetzt. "In Europa kennt uns #keineSau" - mit diesem über die sozialen Medien verbreiteten griffigen Spruch trat Augsburg seine internationale Premierensaison an.

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Doch die zwei Siege gegen Alkmaar und vor allem die beiden mitreißenden und durchaus dramatischen Niederlagen gegen Gruppensieger Athletic Bilbao haben Augsburg eine ungeahnte Popularität verschafft. Und mehr noch: Die Profis haben an Statur, an Selbstbewusstsein dazugewonnen, obwohl sie in der Bundesliga gegen den Abstieg spielen.

Mit dem Erreichen der K.-o.-Runde hat sich diese durchaus kuriose Konstellation noch verstärkt. Aber mit dem Abstiegskampf beschäftigte sich an diesem Abend natürlich niemand. Die ausgelassene Freude aller Beteiligten übertrahlte alles. Fast alles. "Das dürfen wir kurz genießen", mahnte Verhaegh. Denn schon am Sonntag geht es in der Bundesliga weiter, mit dem Abstiegskampf, dann nämlich, wenn der FC Schalke in der Augsburger Arena zu Gast ist. "Wir wollen jetzt auch in der Bundesliga so weitermachen und unsere Ausgangsposition weiter verbessern", fügte der Kapitän hinzu.

Doch bevor es so weit ist, durften die Spieler kurz träumen. Vor allem Mittelfeldspieler Daniel Baier tat das öffentlich. Ihn und Weltmeister Bastian Schweinsteiger verbindet eine enge Freundschaft. "Ich habe mich mit Basti schon ausgetauscht", gab Baier zu. Ein Spiel zwischen dem FC Augsburg und Manchester United wäre nicht nur für die beiden Freunde eine große Sache, sondern für den gesamten Klub. Auch Raúl Bobadilla würde sich darauf freuen. Ohne ihn wäre es zu den ganzen Träumereien ja überhaupt nicht gekommen.

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