Euroleague:Viel Qualität, viel Gebrüll

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Neues Niveau auf den Guard-Positionen: Auf Corey Walden (rechts, gegen Devon Hall) ist in den entscheidenden Situationen Verlass, gegen Mailand traf er wichtige Dreier und steuerte 16 Punkte zum Sieg bei. (Foto: Christina Pahnke/sampics)

In einem intensiven und hochklassigen Duell fügen die Basketballer des FC Bayern München den favorisierten Gästen aus Mailand die erste Saisonniederlage zu und schaffen den Anschluss an die Playoff-Plätze.

Von Ralf Tögel

Es gab einige Parallelen zu beobachten beim Euroleague-Duell der Basketball-Teams von Olimpia Mailand und dem FC Bayern am Donnerstagabend im Münchner Audi Dome. Am Spielfeldrand zwei - gemessen an ihren Spielern - kleine Italiener, die jede schwache Aktion ihrer Mannschaft lautstark und wild mit den Händen fuchtelnd kritisierten. Dort der Mailänder Ettore Messina, der den riesigen Konstantinos Mitoglou zur Ordnung brüllte. Auf der anderen Seite Andrea Trinchieri, der Nick Weiler-Babb an der Seitenlinie zusammenfaltete. Auch auf dem Parkett schenkten sich die Protagonisten nichts, kämpften um jeden Ball, mal hatten die Mailänder einen Lauf, dann antworteten die Bayern mit einer Punkteserie. Bis in die Schlussphase, die im Basketball Crunchtime heißt, war es ein hochklassiger und intensiver Schlagabtausch, den die Münchner vor 4000 begeisterten Zuschauern, die phasenweise Playoff-Atmosphäre in die Halle zauberten, letztlich verdient mit 83:77 für sich entschieden.

Es war der zweite Sieg in Serie nach vier Niederlagen zum Start in die europäische Königsklasse, die Bayern haben sich in der Tabelle zwar nur um ein Plätzchen auf Rang 13 verbessert, aber den Anschluss an die ersten Acht geschafft, die bekanntlich in die K.o.-Runde einziehen werden. Wichtiger aber war die Gewissheit, dass der schwache Saisonstart wohl doch der miserablen Vorbereitung geschuldet ist und nicht der Qualität im Kader. Impfdurchbrüche und Verletzungen hatten empfindlich gestört, bis auf Paul Zipser und Leon Radosevic sind mittlerweile aber alle Akteure zurück. Und in Olimpia Mailand gastierte ein bis dato sehr starker Gegner, die Italiener waren mit der Referenz von fünf Siegen in fünf Spielen an die Isar gereist, mit Blick auf die heimische Tabelle der Lega A bedeutete der Misserfolg in München die erste Saisonniederlage überhaupt. Die Mannschaft ist gespickt mit ehemaligen NBA-Spielern und europäischen Top-Akteuren, was die Bayern aber nicht beeindrucken konnte.

Vor allem auf den Guard-Positionen haben die Münchner an Qualität hinzugewonnen

Im Vorjahr war der FCB an Olimpia im Viertelfinale nach fünf umkämpften und hochklassigen Spielen 2:3 gescheitert, die erste Revanche ist nun schon einmal gelungen. Was denn dieses FCB-Team von dem der Vorsaison unterscheide, wurde der Mailänder Coach gefragt. Nicht viel, teilte er mit: "Von der Philosophie, dem Spielstil und der Härte ist es die selbe Mannschaft", erklärte Messina, "sie sind wieder sehr physisch, aber sie haben mehr Möglichkeiten. Und sie haben Lucic, das war entscheidend." Der Co-Kapitän war in der Tat bei allen Parallelen im Spiel an diesem Abend der ausschlaggebende Faktor, wie schon beim ersten Euroleague-Erfolg vergangene Woche in Kaunas. Aber nicht nur seine 20 Punkte, Bestwert des Abends, waren wichtig, wie Bayern-Coach Trinchieri erklärte: "Was auch immer ich zur besonderen Rolle von Lucic sage, ist zu wenig. Man kann es auf dem Court sehen, man kann es in den Gesichtern seiner Mitspieler sehen, wenn er auf dem Parkett steht."

Zudem haben die Münchner vor allem auf den Guard-Positionen signifikant an Qualität gewonnen, Darrun Hilliard, der 17 Punkte beisteuerte, und Corey Walden (16) haben das Niveau sichtbar gehoben. Auch Flügelspieler Deshaun Thomas (8) verfügt über viel Euroleague-Erfahrung, alle drei sind Akteure, auf die ein Trainer in der Crunchtime zählen kann. Die Last der entscheidenden Würfe ist also auf mehrere Schultern verteilt, wozu auch Augustine Rubit und Othello Hunter beitragen. Die beiden großen Spieler haben nicht nur den Weggang von Jalen Reynolds bestens kompensiert, beide sind auch in der Abwehr wichtige Faktoren. Trinchieri erwähnte in seiner Spielanalyse zwar die prägenden Offensivspieler Hilliard, Walden und Lucic, betonte aber, dass er "andere Spieler, die sich aufopfern", brauche, "damit diese Spieler einen Vorteil darstellen können".

Hunter etwa, der bisher noch Zeit zur Eingewöhnung benötigte, zeigte sein bestes Spiel im Bayern-Trikot und sammelte neben neun Punkten auch zehn Rebounds. "Es ist immer ein Team", sagte Trinchieri, "ich kenne Millionen von Coaches mit gutem Spielplan - aber entscheidend ist, dass du Spieler hast, die diesen Plan auch ausführen." Die hatte an diesem Abend der kleine Italiener in Münchner Diensten, der schon an die nächste Aufgabe erinnerte. An diesem Donnerstag (20 Uhr) gastieren die Bayern zum Euroleague-Duell der deutschen Vertreter bei Alba Berlin, dort ist Israel Gonzalez Trainer. Auch Spanier gelten ja als heißblütig, es dürfte jedenfalls wieder laut werden.

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