Englische Nationalmannschaft:Englands Trainer Allardyce muss gehen

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Sam Allardyce: Läuft nicht so gut für ihn in England (Foto: Andrew Couldridge/Reuters)

Er sollte England zur WM 2018 führen, doch nun verliert Nationaltrainer Sam Allardyce schon seinen Job: Ein Video entlarvt, welche Tipps er zum Umgehen von Transferregeln parat hat.

Von Johannes Kirchmeier

Zu Beginn eine Frage aus dem Fundus für unnützes Fußballwissen: Was haben die drei ehemaligen englischen Nationaltrainer Peter Taylor, Stuart Pearce und Joe Mercer mit dem neuesten Teammanager Samuel Allardyce gemeinsam? Alle sind Engländer, ja - und alle betreuten das Nationalteam für genau ein Spiel. Doch während Taylor, Pearce und Mercer von vornherein als Interimstrainer installiert wurden, sollte Allardyce die "Three Lions" ursprünglich zur WM 2018 in Russland führen; Anfang September gewann er zum Start der Qualifikation in der Slowakei 1:0.

Doch nun wird auch Allardyce als Kurzzeit-Trainer mit nur einem Länderspiel in die Geschichte des englischen Fußballverbandes FA eingehen. Am Dienstagabend trennte sich die FA von dem 61-Jährigen, "im gegenseitigen Einvernehmen", wie es bei solchen Gelegenheiten gern heißt. Dabei hatte sich der 61-Jährige zuvor in ein gehöriges Schlamassel manövriert - und einen Skandal ausgelöst: Bei einer verdeckten Recherche von zwei Reportern der Zeitung Daily Telegraph, die sich als angebliche Investoren einer ostasiatischen Firma ausgaben, wurde Allardyce im August heimlich dabei gefilmt, wie er aus einem Bierglas trinkt. Was weniger schlimm ist. Er wurde allerdings auch dabei gefilmt, wie er äußerst offen Tipps zum Umgehen der Transferregeln in England gibt.

Beratungsvertrag über 400 000 Britische Pfund

Seit 2008 verbietet es der englische Fußballverband FA, eine Teilhabe an Transferrechten von Spielern zu erwerben. Bei solchen Verträgen sichern sich Investoren einen Anteil an künftigen Transfererlösen. Der Fußball-Weltverband Fifa schloss sich der FA an und untersagt solche Verträge seit dem Jahr 2015. Auf einem Videoausschnitt ist nun zu hören, wie Allardyce Wege zur Umgehung dieser Regeln schildert.

Bei den Gesprächen mit den vermeintlichen Geschäftsleuten soll es zudem um einen Beratungsvertrag über 400 000 Britische Pfund (umgerechnet 462 000 Euro) gegangen sein. Allardyce soll sich bereit erklärt haben, bei mehreren Veranstaltungen für Investoren in Ostasien als Redner aufzutreten. Dabei verdiente er bereits als Nationaltrainer recht stattlich - angeblich war sein Vertrag mit 3,5 Millionen Euro pro Jahr dotiert. Außerdem hat sich Allardyce nach Angaben der Zeitung über seinen Vorgänger Roy Hodgson lustig gemacht und Nationalspieler verunglimpft.

Die Sequenzen offenbaren einiges

Die Videosequenzen offenbaren einiges über Sam Allardyce: Bereits zuvor galt der 1,91 Meter große ehemalige Verteidiger nicht nur körperlich, sondern auch verbal als wuchtig. Äußerst selbstbewusst, bisweilen selbstverliebt, trat er auf: "Ich werde nie einen der vier Top-Vereine bekommen, weil mein Nachname nicht Allardici, sondern nur Allardyce ist", sagte er einmal. Er monierte eine Bevorzugung ausländischer Trainer in der Premier League. Die Großen hat er in der Tat nie trainiert. Daher nennen sie ihn eher wegen der Körpergröße als wegen seiner Erfolge "Big Sam". Die Erfolge beschränken sich darauf, dass er es stets zu verhindern wusste, aus der Premier League abzusteigen - zuletzt im Mai mit Sunderland ebenso wie zuvor mit Blackburn oder Bolton.

Dem folgt nun eine der kürzesten Amtszeiten als englischer Nationaltrainer. Allardyce war erst am 22. Juli als Nachfolger von Roy Hodgson verpflichtet worden, der nach Englands 1:2 im EM-Achtelfinale gegen Island zurücktrat. Nach einem Gespräch am Dienstagabend einigten sich die FA und Allardyce auf die Trennung. Überrascht war der Coach von dieser rasanten Entwicklung offenbar nicht mehr: Die Boulevardzeitung Sun hatte zuvor schon berichtet, er habe gegenüber Freunden erklärt, dass er mit dem Rauswurf rechne. Denn ihm war wohl klar: Hätte ihn der Verband im Amt gelassen, hätte er erheblich an Seriosität eingebüßt. Schließlich tritt die FA in ethischen Fragen seit Jahren als einer der stärksten Mahner im Weltfußball auf.

© SZ vom 28.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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