England:"Da müssen sie mich schon raustragen"

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Aidy Boothroyd muss sich auch für seine Aufstellung rechtfertigen. (Foto: Miguel Medina/AFP)

Trainer Boothroyd hat aus talentierten Gewinnern Verlierer gemacht - nach dem frühen Aus wehrt er sich gegen die Kritik.

Von Sebastian Fischer

Aidy Boothroyd hat seine Laufbahn als Trainer damit begonnen, aus Verlierern Gewinner zu machen. 2005 übernahm er mit gerade mal 34 den FC Watford in Englands zweiter Liga und stieg überraschend auf. Man nannte ihn damals zwar "Hoofroyd", weil seine Mannschaften den Ball oft lang droschen, wie es ein Pferd mit seinem Huf tun könnte. Es war nicht schön anzusehen. Boothroyd, seit 2014 als Nachwuchstrainer beim englischen Verband FA, seit 2016 für die U21 verantwortlich, hat aber danach an seinem Image gearbeitet, seine Spielauffassung modernisiert. Doch nun hat er aus Gewinnern Verlierer gemacht. Und ein wenig erinnerten die von ihm angeleiteten Talente in den vergangenen Tagen an alte, überwunden geglaubte Zeiten.

Die englische Mannschaft war als einer der Favoriten bei der U21-EM angetreten, zwar ohne die herausragenden Nachwuchsprofis wie Trent Alexander-Arnold vom FC Liverpool, dafür aber mit hochgelobten, noch jüngeren Talenten wie Phil Foden, 19, von Man City. Doch nach zwei Niederlagen in zwei Spielen ist England ausgeschieden. Gegen Kroatien geht es nur noch darum, nicht Gruppenletzter zu werden. Und Boothroyd, 48, dessen Vertrag vor der EM bis 2021 verlängert worden war, steht in der Kritik.

Beim wilden 2:4 gegen Rumänien am Freitag, bei dem alle Treffer nach der 75. Minute fielen, griff beim 2:3 in der 89. Minute Englands Torhüter Dean Henderson peinlich daneben, so viel zu den überwunden geglaubten Zeiten. Doch die Fragen richteten sich an Boothroyd, der den augenscheinlich dringend benötigten Regisseur Foden zunächst auf die Bank gesetzt hatte. Er wollte ihn fürs letzte Gruppenspiel schonen.

Den Kader hatte der Trainer als den "stärksten, mit dem ich hier gearbeitet habe" bezeichnet. Es gab in den vergangenen Jahren ja einen Hype um englische Talente, das Mutterland hatte aufgeholt, das war die Geschichte. 2017 war England U19-Europameister, U17- und U20-Weltmeister und stand im Halbfinale der U21-EM sowie im Endspiel der U17-EM. In diesem Jahr schied die U17 in der EM-Vorrunde aus, die U19 verpasste die EM, die U20 die WM. "Eine Saison zum Vergessen", schrieb der Telegraph.

Es gab durchaus schlüssige Erklärungen für das Aus, Mittelfeldspieler Hamza Choudhury etwa sah gegen Frankreich Rot, zu zehnt spielte England nach 1:0 noch 1:2. Doch es war mindestens mutig vom Trainer, als er sagte, es gelte nun "das Positive mitzunehmen". Und zwar: "Meiner Meinung nach, und das ist auch die Meinung vieler anderer Leute, die etwas von diesem Spiel verstehen, sind wir auf dem richtigen Weg, was unsere Spielweise betrifft. Nun geht es nur noch darum, diese Undiszipliniertheiten auszubügeln und sicherzustellen, dass wir unsere Chancen nutzen. Ganz einfach."

Auch wenn es schwierig wird, er will auf jeden Fall helfen, aus Verlierern wieder Gewinner zu machen. Er gehe "nirgendwo hin", sagte er auf Fragen zu einem möglichen Rücktritt. "Da müssen sie mich schon raustragen."

© SZ vom 24.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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