Eintracht Frankfurt:Neue Büffel

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Eindrucksvoller Luftstand, bestaunt von der Düsseldorfer Abwehr: Bas Dost, Frankfurts Neuer, beim 1:1. (Foto: Alex Grimm/Getty Images)

Der Verein hat sein erfolgreiches Sturm-Trio Jovic, Rebic, Haller verabschiedet - nun soll André Silva beim Umbau der Mannschaft helfen.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Ungewöhnliche letzte Minuten waren es, die Ante Rebic nach drei Jahren in Diensten von Eintracht Frankfurt erlebte. Auf der Tribüne neben den Vereinsbossen saß er Sonntagabend beim 2:1 (0:1) gegen Düsseldorf, auf eigenen Wunsch stand er nicht im Kader, und ab und an mag sein Blick nicht aufs Spielfeld gegangen sein, sondern zum Handy von Sportvorstand Fredi Bobic. Noch während des Spiels war Bobic damit beschäftigt, über einen Wechsel von Rebic zu verhandeln, und als das Spiel vorbei war, hüpfte der Angreifer schnell ins Flugzeug nach Italien: Frankfurt lässt den Angreifer zum AC Mailand ziehen und verabschiedete ihn "mit einem Tritt in den Hintern", wie Sportchef Bobic ihm scherzhaft hinterherschickte.

Bis zum Ende des Transferfensters an diesem Montag sei nichts sicher, hatte Bobic in der vergangenen Woche ob der ständigen Debatten um den Kroaten angemerkt. Aber zumindest aus Sicht von Eintracht Frankfurt war dann schon 24 Stunden vor der Deadline durch ein doppeltes Leihgeschäft alles klar. Rebic geht - im Gegenzug kommt von Milan der 33-malige portugiesische Nationalspieler André Silva, der gemäß kursierender Videoaufnahmen nicht mit einem Tritt in den Hintern aus Italien verabschiedet wurde, sondern das Teamhotel aufrecht gehend durch die Vordertür verließ und sich in ein Taxi setzte, um kurz darauf nach Frankfurt zum Medizincheck zu fliegen.

Silva statt Rebic - das ist das letzte Teil des Umbau-Puzzles, das die Frankfurter in diesen Tagen moderieren müssen. Größere personelle Verschiebungen gehörten bei den Hessen zwar schon in den vergangenen Sommerpausen dazu. Aber diesmal wirken die Veränderungen gravierend. Denn während in der Defensive und im Mittelfeld die wichtigsten Akteure blieben und zudem Verstärkungen kamen, erfolgte im Angriff eine Radikalkur. Die vielgerühmte "Büffelherde" des Vorjahres ist komplett verabschiedet, Luka Jovic ging zu Real Madrid, Sébastien Haller zu West Ham United und Rebic nun zu Milan. Für stolze 41 der 60 Bundesliga-Trio war dieses Trio in der Vorsaison verantwortlich.

Sportlich schmerzt das, doch finanziell lohnt es sich. Bis auf 140 Millionen Euro könnten sich - eine feste Verpflichtung von Rebic durch Milan vorausgesetzt - die Ablösen addieren. Und die neue Zusammensetzung der Angriffsreihe ist auch nicht unspektakulär. Der Portugiese André Silva, 23, gehört künftig dazu, der beim FC Porto zum Nationalspieler reifte und dem AC Mailand bei seiner Verpflichtung vor zwei Jahren immerhin 38 Millionen Euro wert war. Allerdings traf er dort nicht so oft wie erwünscht und war zuletzt an den FC Sevilla verliehen. Dazu kommt der Niederländer Bas Dost, der gegen Düsseldorf nach seiner Einwechslung zur Pause mit Präsenz, Torgefahr und seinem Kopfballtreffer zum 1:1 entscheidend half, das Spiel nach Rückstand noch zu drehen. "War gut, oder?", lautete hinterher der Kommentar des Stürmers, der für vergleichsweise bescheidene sieben Millionen Euro von Sporting Lissabon kam.

Der dritte maßgebliche Mann im Angriff ist Goncalo Paciencia, der in Jugendjahren gemeinsam mit Silva beim FC Porto spielte und in der vergangenen Saison auch schon bei der Eintracht war, sich dort aber meist im Schatten bewegte. Offenkundig machte er zuletzt einen Schritt nach vorne, was durch seine Vorlage und sein Siegtor beim 2:1 gegen die Fortuna belegt wurde. Die Kernfrage ist jetzt, ob das neue Offensivpaket für die Bundesliga und die Europa League genügt, um das Büffel-Trio zu ersetzen. Zumal fortan ein Dynamiker wie Rebic fehlt und sich die drei Angreifer (Dost, Silva, Paciencia) in ihrem Stil ähnlich sind. Die Beantwortung dieser Frage dürfte nicht zuletzt davon abhängen, wie Andre Silva einschlägt.

Die Verpflichtung des Portugiesen unterstreicht durchaus den verbesserten Standard der Frankfurter. Ein Mann, der mal 38 Millionen Euro gekostet hat, gehört nicht gerade in die Kategorie von Spielern, die bei der Eintracht üblicherweise verpflichtet werden. Aber es gelang Silva bei Milan eben auch nicht, zu reüssieren.

Trainer Adi Hütter wollte Ante Rebic und Silva am Sonntag zwar nicht vergleichen, aber er war voll des Lobes über den Zugang. "André ist ein junger, intelligenter Spieler, der Tore machen kann. Er ist technisch gut, hat ein gutes Spielverständnis und kann mit links, mit rechts und mit dem Kopf abschließen", sagte er.

Rebic war in Frankfurter zunehmend skeptisch gesehen worden. "Er hatte jetzt eine Phase, in der er sehr launisch war und vielleicht etwas zu sehr auf diesen Wechsel gedrängt hat", sagte Bobic. Doch er habe "Meilensteine gesetzt mit seiner Spielweise und deshalb sollen ihn hier alle positiv in Erinnerung behalten". Gut möglich aber, dass sie die Spielweise des Kroaten und dessen Dynamik noch einmal vermissen werden.

© SZ vom 03.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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