Eintracht Braunschweig in der zweiten Liga:Selbst nach einem 0:3 sehr entspannt

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Eintracht Braunschweig ist beim TSV 1860 München das bessere Team - und verliert trotzdem klar. Dennoch zweifelt niemand daran, dass der Traditionsklub aus Niedersachsen auch nächstes Jahr in der zweiten Liga steht. Was vor allem an der neuen Kontinuität auf der Trainerbank liegt.

Matthias Kohlmaier, Fröttmaning

"Ich ärgere mich über die Niederlage, aber nicht über die Darbietung meiner Mannschaft", sagte Thorsten Lieberknecht, Trainer von Eintracht Braunschweig, nach der Niederlage beim TSV 1860 München. Für einen Übungsleiter, der gerade ein 0:3 seiner Mannschaft erklären sollte, wirkte er dabei äußerst entspannt. Nicht zu Unrecht, denn sein Team hatte die Münchner phasenweise dominiert, sich aber von den Gastgebern ein paar Mal zu oft auskontern lassen.

Niedergeschlagen in München: der Braunschweiger Kapitän Dennis Kruppke. (Foto: dapd)

Am Ende war es trotzdem hauptsächlich der mangelnden Chancenverwertung geschuldet, dass die Braunschweiger die Münchner Arena ohne einen Punkt verlassen mussten.

Selbst die personellen Probleme - die etatmäßigen Innenverteidiger Matthias Henn und Marcel Correia fallen nach Knieverletzungen langfristig aus - wollte Lieberknecht bereits im Vorfeld der Partie nicht als Ausrede gelten lassen: "Für mich als Trainer besteht die große Herausforderung darin, auch weiterhin eine erfolgreiche Mannschaft auf den Platz zu schicken." Lieberknecht ist mit seinen 38 Jahren noch ein junger Trainer, aber er hat eine Gabe: Er kann sein Team jederzeit taktisch verändern und auf einen neuen Gegner einstellen.

So auch im Spiel gegen die "Löwen": Hatte Braunschweig in den bisherigen Saisonspielen noch viel über die Außenbahnen agiert, beorderte Lieberknecht Kapitän Dennis Kruppke kurzerhand hinter die Spitzen und ersetzte ihn im Sturmzentrum durch Mathias Fetsch. Diese Umstellung bescherte den Braunschweigern ein klares Übergewicht in der Mittelfeldzentrale und stellte die TSV-Defensive vor erhebliche Probleme.

Allein Kruppke und Dominick Kumbela kamen in den ersten 20 Spielminuten mehrfach zum Abschluss. "Wir waren die klar bestimmende Mannschaft", sollte Kruppke nach dem Spiel sagen. 28 zu 16 Torschüsse und ein Eckenverhältnis von 12:1 zu Gunsten der Gäste stand am Ende auf dem Statistik-Bogen. Der 31-Jährige räumte aber auch das Manko des Abends ein: "Vor dem Tor hat bei uns einfach nicht viel funktioniert."

Braunschweig steht trotz der Niederlage in der oberen Hälfte der Tabelle. Mit 28 Punkten hat der Aufsteiger vor den restlichen Spielen des 18. Spieltags 16 Zähler Vorsprung auf den Relegationsplatz zur dritten Liga. Die Eintracht ist in Liga zwei angekommen und will sich dort festsetzen. "In erster Linie ist wichtig, dass wir auch nächstes Jahr wieder zweitklassig spielen", sagte Kruppke. Er sieht den sportlichen Erfolg aber keineswegs als Zufall: "Für uns ist es keine Überraschung, dass wir in der Tabelle so gut dastehen."

1860 München in der Einzelkritik
:Tarnkappenstürmer im Heustadel

Gabor Kiraly hält alles und hat trotzdem Zeit, sich mit einem Balljungen zu kabbeln, Christopher Schindler belustigt das Publikum mit einer zirkusreifen Slapstick-Einlage und die Münchner Stürmer machen sich so lange unsichtbar, bis die Verteidiger des Gegners sie tatsächlich nicht mehr beachten. Die Löwen beim 3:0-Sieg gegen Braunschweig in der Einzelkritik.

Matthias Kohlmaier, Fröttmaning

In Braunschweig passt vieles zusammen. Nach der Rekordsaison, als man in der dritten Liga 85 Punkte holte und bereits sechs Spieltage vor Schluss den Aufstieg feierte, musste Braunschweig nur einen Stammspieler abgeben: Karim Belarabi wechselte zu Bayer Leverkusen. Die restliche Mannschaft, angeführt von ihrem Sturmduo Kumbela und Kruppke, blieb zusammen und übertrug ihren offensiven Kombinationsfußball in die zweite Liga.

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Matthias Kohlmaier, Fröttmaning

Nicht nur im Kader hat der Klub wieder zum Prinzip der Kontinuität zurückgefunden. Hatten während der Abstiegssaison 2006/07 noch fünf verschiedene Trainer die Mannschaft betreut, was einen nach wie vor gültigen Rekord im deutschen Profifußball bedeutet, ist Thorsten Lieberknecht mittlerweile seit Mai 2008 im Amt.

Die bisherigen Aufritte mit Siegen gegen die Aufstiegsfavoriten aus Fürth und St. Pauli haben in Braunschweig zu einem gesunden Selbstbewusstsein geführt. "Uns ist es egal, gegen wen wir spielen. Wir wollen immer dominant auftreten und in den meisten Begegnungen gelingt uns das auch schon sehr gut", erklärt Kruppke.

In der Region ist die Euphorie groß: Bereits kurze Zeit nach dem Aufstieg in die zweite Liga waren 13.000 Dauerkarten für das heimische Stadion an der Hamburger Straße verkauft. Trotzdem schwelgt man in bei der Eintracht nicht in irgendwelchen Träumen, das erste Ziel bleibe weiterhin "schnell die 40 Punkte zu holen", so Kruppke weiter.

Denen könnte man beim letzten Spiel des Jahres 2012 gegen Alemannia Aachen wieder ein Stück näher kommen. Gegen Mannschaften aus dem unteren Teil der Tabelle wie Aachen ist Braunschweig jetzt Favorit, doch diese neue Rollenverteilung ist für Kruppke kein Problem: "Wir gehen in jedes Spiel rein und schauen nur auf uns." Eine Einstellung, mit der die Braunschweiger, trotz der unnötigen Niederlage in München, bisher sehr gut gefahren sind.

Schließlich, und das ist das Privileg des Aufsteigers, kann man so ein Spiel auch einfach als weiteren Schritt in einem Reifeprozess verstehen. "Wir werden daraus lernen", sagte Eintracht-Coach Lieberknecht nach der Begegnung. Und wirkte immer noch sehr entspannt.

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