Dynamo Dresden gewinnt in der 2. Liga:1860 München erlebt ein Wiesn-Desaster

Lesezeit: 4 min

Am letzten Oktoberfest-Wochenende kommen 14.000 Fans aus Dresden zum Auswärtsspiel in die Münchner Arena. Dort schenkt ihnen die unbeholfene Defensive des TSV 1860 viele schöne Momente, Dynamo gewinnt mit 4:2.

Thomas Bierling, Fröttmaning

Bislang hatte der TSV 1860 München in dieser Saison jedes seiner Spiele vor heimischem Publikum gewonnen. Doch schon vor dem Spiel war klar, dass es mehr Auswärts-, als Heimspiel werden würde. Fast die Hälfte der 39.500 Zuschauer im Stadion unterstützten Dynamo Dresden und bereitete der Mannschaft vom TSV 1860 einen unfreundlichen Empfang. Als der Stadionsprecher die Spieler der Gastgeber einzeln aufrief, gingen ihre Namen in Beschimpfungen der gegnerischen Fans unter.

Michael Poté, einziger Stürmer von Dynamo Dresden, nutzte die Chancen, die ihm die konfuse 1860-Abwehr bot zu drei Toren. (Foto: dpa)

Nach der Partie schrien die Dresdner Anhänger immer noch. Inzwischen hallten aber keine Schimpfwörter mehr durch die Arena, sondern Huldigungen an die eigene Mannschaft. 4:2 siegte Dynamo in München, zwischendurch hatte der Aufsteiger schon 4:0 geführt. Die mehr als 14.000 mitgereisten Fans der Gäste freuten sich dabei über die Tapsigkeiten der Münchner Abwehr, die nach einem Freistoß gegnerische Stürmer unbehelligt köpfen ließ, beim Befreiungsschlag den Ball nicht traf, einen Rückpass gegen den eigenen Pfosten schoss. Am letzten Wochenende des Oktoberfests gaben die Münchner ihren Anhängern allen Grund, über einen ordentlichen Kater zu klagen.

Die Münchner verpassten damit, den Anschluss zumindest an Platz drei wieder herzustellen und stehen nun mit 15 Punkten auf Platz sieben der Tabelle. "Es ist wichtig, dass man die Mannschaft nach so einem Spiel ein bisschen aufrichtet. Ein Spiel, das denkbar unglücklich gelaufen ist", sagte der Münchner Coach Reiner Maurer. Dresden setzt sich durch den Erfolg hingegen immer mehr ab vom Tabellenende und hat sich mit nun zehn Zählern auf Rang zehn vorgearbeitet. "Wir haben taktisch klug gespielt und unsere Chancen genutzt", sagte Gäste-Trainer Ralf Loose. "Mit den Fans im Rücken war das ein fantastischer Tag."

Nach der roten Karte für Kai Bülow im Spiel gegen Fürth musste Trainer Maurer umstellen und überraschte mit einer neuen Abwehrvariante: Statt Verteidiger Christopher Schindler, der sich laut Trainer Maurer "in einem Leistungstief" befindet, lief der eigentlich im Mittelfeld beheimatete Sandro Kaiser auf der linken Verteidigerposition auf. Bei Dynamo Dresden begann statt Dennis Eilhoff Zugang Wolfgang Hesl im Tor, der gleich in der vierten Minute mit einem gewagten, aber erfolgreichen Dribbling TSV-1860-Stürmer Kevin Volland in das Leere laufen ließ.

So wie Volland gegen Hesl ging es beinahe allen "Löwen"-Spielern in der ersten Halbzeit. Und hinten leisteten sie sich fatale Fehler. In der 13. Minute ließ die Abwehr ihren Torhüter Gabor Kiraly allein: Nach einem Freistoß von Christian Fiel hinderte niemand den Dresdner Mittelstürmer Mickael Poté am Kopfball - Kiraly streckte sich, konnte den Ball mit seinen Fingerspitzen aber nicht mehr davon abhalten, in das Tor zu trudeln. Nur drei Minuten später schlug Poté erneut zu: Filip Trojan hatte ihm den Ball überlassen, seinen Schuss fälschte Innenverteidiger Stefan Buck unhaltbar zum 2:0 ab (16. Minute).

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Poté beschäftigte weiterhin die neue Verteidigung des TSV 1860: Immer wieder nutzte er die sich bietenden Räume oder schuf Platz für die nachrückenden Mittelfeldspieler, da er teilweise gleich drei Verteidiger band. Der TSV 1860 München versuchte sich zu wehren und kam in der ersten Halbzeit durch Benjamin Lauth (17.), aber vor allem durch Kevin Volland zu Chancen. Die beste ließ er aber in der 34. Minute ungenutzt, als er vor dem Tor einen Verteidiger mit einem Haken ausspielte, aber dann beim Schuss am zweiten Abwehrspieler hängen blieb (34.) Im Vergleich zum Spiel in Fürth (0:2) zeigte sich Volland aber deutlich auffälliger und kämpfte gegen die Niederlage an, seine Ideen führten aber zu keinem Ergebnis.

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Nach dem Seitenwechsel suchten die Löwen mehr Zweikämpfe, aber bis auf eine gelbe Karte für Dominik Stahl resultierte daraus nichts. Besonders das Mittelfeld der Dresdner um Christian Fiel zeigte sich spielsicher und souverän. Die Fans der Dresdner hatten wenig zu bemängeln und pfiffen nur die Meldung aus, dass sie nach Spielschluss länger im Block bleiben müssten. Ansonsten freuten sie sich über die Leistung ihrer Mannschaft - und über Stefan Buck.

Der 1860-Verteidiger senste in der 55. Minute erst über den Ball und riss danach Poté um. Da der Dresdner Stürmer wohl alleine auf das Tor zugelaufen wäre, zeigte Schiedsrichter Christ glatt Rot für Buck. Es war aber auch eine umstrittene Entscheidung, weil Poté noch 40 Meter vor dem gegnerischen Tor zu Fall kam und ein Kollege Bucks möglicherweise noch hätte eingreifen können. Jedenfalls hatten die Münchner schon wieder einen Innenverteidiger weniger. "Er hat natürlich nicht absichtlich über den Ball geschlagen und danach den Kopf ausgeschaltet - aber das war schon eine saudumme rote Karte", sagte 1860-Sportchef Florian Hinterberger.

Trainer Maurer setzte trotzdem auf Offensive und wechselte den Stürmer Manuel Schäffler für den Stürmer Lauth ein, die Verteidigung bestand nur noch aus Antonio Rukavina, Collin Benjamin und Kaiser, von denen nur Rukavina ein gelernter Verteidiger ist. Beim nächsten Eckball machte sich das gleich bemerkbar: Romain Brégerie köpfelte den Ball zum 3:0 für Dresden ein. Den katastrophalen Tag für die Abwehr des TSV 1860 machte der einzig übriggebliebene Verteidiger Rukavina komplett. Sein Rückpass schlug unerreichbar für Torhüter Kiraly gegen den Pfosten. "Ich hab noch Torhüter gebrüllt, aber bei der Lautstärke hört man nichts", sagte der Torwart. Vom Pfosten rollte das Spielgerät jedenfalls dem glücklichen Poté vor die Füße, der keine Mühe bei seinem dritten Tor hatte(60.). "Das vierte Gegentor haben wir fast schon selbst geschossen", sagte Maurer.

Nach dem 4:0 deutete sich ein Desaster für den TSV 1860 an. Aber von den Dresdner kam nichts mehr und die zwei Treffer von Daniel Bierofka in der 65. Minute, einer direkt ins Tor gesegelten Freistoßflanke, und kurz vor Schluss zum 2:4 (89.) mäßigten zumindest die Peinlichkeit der Niederlage. Am Eindruck des Spiels änderten sie nichts. Dass es auf dem Oktoberfest laut dem Stadionsprecher keine Plätze mehr gab, kümmerte die Dresdner Fans wenig - da sie eh länger im Stadion bleiben mussten, feierten sie einfach dort.

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