Strukturreform im Schwimmen:"Langfristig nicht im Ehrenamt zu führen"

Lesezeit: 2 min

Müssen sich "Führungslosigkeit" im DSV vorwerfen lassen: Die Vizepräsidenten Wolfgang Rupieper (li.) und Kai Morgenroth. (Foto: DSV/Jo Kleindl)

Drei hauptamtliche Vorstände sollen den Deutschen Schwimm-Verband in die Zukunft führen. Eine Satzungsänderung macht nun den Weg dazu frei.

Der Deutsche Schwimm-Verband stellt sich nach heftigen Turbulenzen professioneller auf: Künftig wird der DSV hauptamtlich geführt, eine entsprechende Satzungsänderung hat die Mitgliederversammlung in Kassel beschlossen. "Wir haben mit großer Mehrheit eine wichtige Weiche für eine erfolgreiche Zukunft unseres Verbandes gestellt. Dass ein Spitzenverband in dieser Größenordnung langfristig nicht im Ehrenamt zu führen ist, davon sind wir überzeugt", sagte Vizepräsident Kai Morgenroth. "Die neue Struktur wird dazu beitragen, die Arbeit im Verband nachhaltig zu modernisieren", erklärte der Hamburger weiter, der den Verband derzeit gemeinsam mit Wolfgang Rupieper führt.

Vor gut einem Jahr war Präsident Marco Troll zurückgetreten, weil die Mitglieder die von ihm geforderte Beitragserhöhung abgelehnt hatten. Morgenroth und Rupieper übernahmen, damit der finanziell schwer angeschlagene Verband handlungsfähig blieb. Einen Präsidenten gibt es seither nicht, ebenso wenig wie einen Chef-Bundestrainer. Schon damals war es das Ziel, die Führungsstruktur zu verändern. Am Samstag erhielt der entsprechende Antrag 290 von 393 Stimmen. Demnach soll ein drei Personen umfassender Vorstand von einem neuen Präsidium berufen und kontrolliert werden. Dieses fünfköpfige Gremium soll am 13. April 2024 gewählt werden. Aufgrund seiner finanziellen Probleme sind im DSV vor den Olympischen Spielen in Paris viele Stellen - auch im Trainerbereich - nur mit Notlösungen besetzt. Bernd Berkhahn, Heimtrainer des Olympiasiegers Florian Wellbrock und aktuell "Aushilfs-Bundestrainer", beklagte deshalb schon mehrmals "Führungslosigkeit" im Verband.

Es droht schon der nächste teure Vergleich

Zuletzt hatten die Vorgänge rund um einen Missbrauchsskandal immer wieder für Wirbel gesorgt. Der ehemalige Wasserspringer Jan Hempel hatte im Sommer 2022 in der ARD-Doku "Missbraucht" seinem mittlerweile verstorbenen Trainer jahrelangen sexuellen Missbrauch vorgeworfen. Im Oktober hatte sich der DSV mit Hempel sowie dem entlassenen Leistungssportdirektor Thomas Kurschilgen, der nicht angemessenen mit Hinweisen auf Missbrauchsverdachtsfälle umgegangen sein soll, außergerichtlich geeinigt. Die Entschädigungssummen für Hempel und Kurschilgen belaufen sich auf mehr als eine Million Euro.

Im kommenden Februar dürfte es den nächsten teuren Vergleich geben: Dann trifft sich der DSV mit seinem ehemaligen Bundestrainer Lutz Buschkow vor dem Arbeitsgericht. Hempel hatte Buschkow vorgeworfen, von dem Missbrauch gewusst, aber nichts unternommen zu haben. Im Herbst 2022 erhielt Buschkow die fristlose Kündigung vom DSV, wogegen er gerichtlich vorgeht.

Bei all diesen Problemen traten sportliche Erfolge, etwa die vier Freiwasser-Goldmedaillen von Wellbrock und Leonie Beck bei der Weltmeisterschaft im Sommer in Fukuoka, fast in den Hintergrund. Aktuell sind Angelina Köhler und Ole Braunschweig bei der Kurzbahn-EM in Rumänien erfolgreich. Nach Silber von Braunschweig über 50 Meter Rücken gewann Köhler über 100 und 200 Meter Schmetterling Silber und Gold.

© SZ/sid/sewi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMeinungSchwimmen
:Offene Kategorie? Geschlossenes System!

Der Vorstoß des Schwimm-Weltverbandes, Trans-Personen in den Weltcup zu integrieren, ist gescheitert. Die Gefahr ist nun, dass das Thema wieder verschwindet - denn das bestehende System wird sich hüten, Präzedenzfälle zu schaffen.

Kommentar von Sebastian Winter

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: