Dressur:Tanz durch die Lektionen

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Führende Deutsche in der Dressur: Jessica von Bredow-Werndl auf Dalera. (Foto: Friso Gentsch/dpa)

Jessica von Bredow-Werndl wird auf Dalera abermals mit souveränem Vorsprung deutsche Dressur-Meisterin. Doch im deutschen Team erwächst ihr wohl bald starke Konkurrenz.

Von Gabriele Pochhammer, Balve

"Non, je ne regrette rien", schmetterte Edith Piaff aus den Lautsprechern ins Dressurviereck. Und tatsächlich, die Reiterin, die sich diesen Ohrwurm zusammen mit anderen französischen Chansons zur Kürmusik ausgesucht hatte, Jessica von Bredow-Werndl, hatte nichts zu bedauern an diesem Sonntag im Schlosspark der Grafen Landsberg in Balve im Sauerland. Die Musik zur Grand Prix-Kür wurde natürlich nicht von ungefähr gewählt. Sie soll ja auch den Franzosen gefallen, im kommenden Jahr in Paris. Mit 90,075 Prozentpunkten wurde die Olympiasiegerin von 2021 erneut deutsche Meisterin, der zweite Titel an diesem Wochenende nach dem Grand Prix Special am Samstag.

Galopp-Pirouetten, Piaffen, Traversalen - die Stute Dalera meisterte alle Aufgaben

90 Prozent - das ist das Oberhaus der internationalen Dressurkür. Das Paar überschritt zum zehnten Mal nacheinander diese magische Grenze. Die 16-jährige Trakehnerstute tanzte wie ein Teenager durch die Lektionen, das Programm eine Aneinanderreihung allerhöchster Schwierigkeiten wie doppelte Galopp-Pirouetten, Piaffen in alle Richtungen, schwungvolle Traversalen. Diese Vorwärts-Seitwärtsbewegung ist eine der elegantesten Übungen der hohen Dressur. Geschmeidig glitt Dalera von einer Lektion zur nächsten, von einer Gangart in die andere. In der Ruhe liegt die Kraft - selten hat ein Pferd das schöner gezeigt als Dalera und ihre Reiterin an diesem glühend heißen Nachmittag.

Nur am Freitag, da hatten die beiden einmal den heißen Atem der nach vorne drängenden nächsten Pferdegeneration zu spüren bekommen. Im Grand Prix waren sie nach einem groben Patzer in den Galoppwechseln nur Zweite geworden, die erste Niederlage nach 21 Siegen. Der neue Jungstar der deutschen Dressur, der erst neunjährige Fendi unter Sönke Rothenberger, zog mit hauchdünnem Vorsprung vorbei. "Es ist ganz gut, dass es heute passierte, dann sieht man, dass man den Erfolg nicht als selbstverständlich hinnehmen darf, das spornt nur an," sagte Jessica von Bredow-Werndl, als sie, noch im Abendkleid vom Schlossempfang, ihr Pferd nach einem späten Spaziergang über den Hof führte. Von da an lief es gut für sie, Rothenberger und Fendi mussten ihr im Grand Prix Special nach mehreren Fehlern deutlich den Vortritt lassen, Bronze ging an Fredric Wandres mit Duke of Britain, der nach längerer Verletzungspause nach der Weltmeisterschaft in Herning wieder voll dabei ist. Wandres hat jetzt ein Luxusproblem mit zwei Championatspferden. Mit dem anderen, dem bildschönen 13-jährigen Hengst Bluetooth, wurde er in der Kür Zweiter, mit einem deutlichen Abstand von knapp neun Prozent (81,775), was noch einmal die Ausnahmestellung der Olympiasiegerin zeigt. Bronze ging an Ingrid Klimke auf dem 15-jährigen Hengst Franziskus (80,650).

Rothenberger verzichtet am dritten Tag: zum Wohle seines hochveranlagten Wallachs

In der Kür fehlten zwei prominente Paare. Rothenberger beschloss, seinen jungen Wallach nicht den dritten Tag in Serie zu starten, zum Wohle des Pferdes, wie er sagte. Es kostete ihn seinen Platz in der deutschen Nationenpreis-Mannschaft für das CHIO Aachen, das nahm er in Kauf. Er wird nun in der zweiten Tour starten, wird auch dort die Gelegenheit nutzen können, seinen Hoffnungsträger einer internationalen Jury zu präsentieren. Nachwuchspferde mit dem Ausnahmetalent von Fendi kann man in Deutschland suchen, insofern gehört ihm die Zukunft. Auch Isabell Werth verzichtete mit Quantaz auf die Kür, sie hatte Dispens, da sie bereits im Frühjahr beim Weltcup eine Kür geritten hatte. Sie wird zum Aachen-Team gehören, zusammen mit Jessica von Bredow-Werndl und Dalera, Frederic Wandres mit Bluetooth, Duke of Britain als Reserve, sowie Ingrid Klimke und Franziskus.

Auch zwei junge Frauen, die bis dahin nur wenige Dressurfans auf dem Zettel hatten, empfahlen sich nach hervorragenden Leistungen für ihren ersten Auftritt in Aachen: Katharina Hammer, eine Schülerin des Olympiareiters Hubertus Schmidt auf dem Oldenburger Fuchshengst Denoix, und Bianca Nowag-Aulenbrock auf der Fuchsstute Florine zeigten mit hervorragenden Ritten, dass sich die deutsche Dressur um ihre Zukunft keine Sorgen zu machen braucht.

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