BVB-Niederlage:Immobile grüßt in Minute sechs

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Torschütze zum 1:0: Ex-BVB-Profi Ciro Immobile. (Foto: Getty Images)

Der Ex-Dortmunder leitet den 3:1-Erfolg von Lazio Rom zum Champions-League-Auftakt ein. Beim BVB funktioniert die notdürftig improvisierte Abwehrreihe nicht.

Von Ulrich Hartmann

Mit einer angesichts erheblicher Personalnot improvisierten Abwehrreihe war für Borussia Dortmund das Auftaktspiel der Champions League bei Lazio Rom nicht zu gewinnen. Zu viele Abstimmungsprobleme hatten Mats Hummels, Lukasz Piszczek und Thomas Delaney miteinander - ein Innenverteidiger-Trio, das in dieser Formation nie zuvor zusammengespielt hatte und vermutlich auch nie wieder so zusammenspielen wird. Der Auftaktgruß war vom früheren BVB-Stürmer Ciro Immobile höchstpersönlich nach nur sechs Minuten erfolgt. Nach 23 Minuten lagen die Westfalen in der italienischen Hauptstadt bereits mit 0:2 zurück. Am Ende verloren sie mit 1:3 (0:2), weil nach Erling Haalands Anschlusstreffer (71.) bald Lazios Jean-Daniel Akpa-Akpro (76.) alles klar machte. Die Dortmunder müssen das Spiel unter unglücklichen Umständen als misslungenen Betriebsausflug abhaken.

Gegen die Farbkombination Königsblau-Weiß haben die Dortmunder in ihrer Heimat bekanntlich gewisse Vorbehalte. Da war es vielleicht zusätzlich lästig, dass sich die Lazio-Fußballer ähnlich kleiden. Sie nennen sich Biancocelesti - die Himmelblau-Weißen. Weder Himmel noch Hölle bedeutet nun freilich der Ausgang dieses ersten Gruppenspiels, denn beide Duellanten gelten in der Vierergruppe mit Zenit Sankt Petersburg und dessen Auftaktbezwinger FC Brügge weiterhin als Favoriten auf den Einzug ins Achtelfinale. Für die Dortmunder wäre es das dritte Champions-League-Achtelfinale nacheinander, für die Römer, erstmals seit 2007 wieder in der Champions League, wäre es das erste Achtelfinale seit 20 Jahren.

Gegen einen für tiefes Verteidigen und extreme Tempowechsel zusammengestellten Kontrahenten am meisten zu kämpfen hatten die Dortmunder wie erwartet mit Stürmerstar Immobile, 30. In der Saison 2014/15 hatte der gebürtige Neapolitaner mal eine Saison lang für Borussia Dortmund gespielt. Von den heutigen BVB-Spielern waren damals Hummels, Piszczek, Marcel Schmelzer und Marco Reus seine Kollegen. Doch in Dortmund ist Immobile nicht glücklich geworden. Er brachte es in gerade mal 34 Pflichtspielen durchschnittlich bloß auf 0,4 Scorerpunkte, während er jetzt bei Lazio in 182 Pflichtspielen bei durchschnittlichen 0,9 Scorerpunkten steht. Er habe viel gelernt damals, im letzten BVB-Jahr des Trainers Jürgen Klopp, beeilte er sich vor dem Spiel zu sagen, doch 2014 vom FC Turin gekommen und 2015 gleich weiter zum FC Sevilla - das spricht Bände. Viel zu tun damals für den Immobile-Makler.

In der Abwehr fehlen Akanji, Zagadou, Schulz und Can

Die Bändigung des Italo-Frontmanns geriet am Dienstagabend umso komplexer, als in Manuel Akanji (Corona), Dan-Axel Zagadou, Nico Schulz (beide verletzt) und Emre Can (Rot-Sperre) gleich mehrere Dortmunder Defensivspezialisten durch Abwesenheit glänzten. Darum rückte der Mittelfeldspieler Delaney genauso als Leiharbeiter in die Innenverteidigung wie der sonstige Außenverteidiger Piszczek. Die Beiden flankierten den einzig verbliebenen gelernten Innenverteidiger Hummels im Rahmen einer Dreierkette, die die Flügelverteidiger Thomas Meunier und Raphael Guerreiro zur Fünferkette komplettierten.

Doch diese Abwehr funktionierte nicht. Das erste Gegentor durch Immobile in der 6. Minute leitete Meunier auch noch selbst ein, indem er nahe des eigenen Strafraums einen Fehlpass spielte. Daraufhin fiel eklatant auf, wie wenig sich die drei Innenverteidiger in dieser Formation verstanden. Sie hatten Glück, dass Immobile und Joaquin Correa nicht noch früher auf 2:0 erhöhten, aber auch so fiel der zweite Treffer für Lazio bereits in der 23. Minute, als der für den noch nicht wieder ganz fitten Roman Bürki im Tor stehende Marwin Hitz bei einem Kopfball von Luiz Felipe keinen guten Eindruck hinterließ. Die Uefa kreidete Hitz den Treffer offiziell als Eigentor an.

Lazios Sportdirektor Igli Tare, 47, um die Jahrtausendwende für den Karlsruher SC, Fortuna Düsseldorf und den 1. FC Kaiserslautern in Deutschland aktiv, sah sein Team in der zweiten Halbzeit zu elft verteidigen und dabei klassisch und genüsslich kontern. Beim BVB hatte zum Wiederanpfiff der offensivere Giovanni Reyna den defensiveren Jude Bellingham ersetzt. Erling Haaland hatte in der 50. Minute Fernschuss die erste BVB-Chance der zweiten Halbzeit. Die Dortmunder hatten nun viel Ballbesitz, ließen es aber an Tempo und Kreativität vermissen und blieben angesichts leichter Ballverluste stets gefährdet.

Haaland mit seinem dritten Tor im dritten Champions-League-Spiel für den BVB ließ mit dem Anschlusstreffer zum 1:2 in der 71. Minute noch einmal Hoffnung keimen - doch nur für fünf Minuten. Dann machten die Römer schnell alles klar. Gegen massiv verteidigende Römer fanden die Dortmunder nie die Wege zum gegnerischen Tor, es waren nämlich nur sehr, sehr enge Gässchen.

© SZ vom 21.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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