Doping-Opfer-Hilfe-Verein:Bis das Blut schmerzt

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Die ehemalige Spitzensportlerin Claudia Lepping und der Molekularbiologe Werner Franke kritisieren die Arbeit des Doping-Opfer-Hilfe-Vereins. (Foto: imago/Reiner Zensen)
  • Der Streit um den Doping-Opfer-Hilfe-Verein eskaliert weiter.
  • Kritiker werfen dem Verein vor, er betreibe "Zahlenhochstapelei" und operiere mit fragwürdigen Gutachten.
  • Die Fronten scheinen verhärtet, einstige Verbündete greifen sich persönlich an.

Von Javier Cáceres, Berlin

Der Streit um den Doping-Opfer- Hilfe-Verein (DOH) trägt zunehmend Züge einer öffentlichen Schlammschlacht. Auf einer Pressekonferenz in Berlin erneuerten die Kritiker des DOH, darunter dessen Mitbegründer Werner Franke, ihre Fundamentalkritik an der Vereinsführung. Der DOH operiere mit fragwürdigen Gutachten für Dopingopfer und betreibe "Zahlenhochstapelei", wie es die frühere Leichtathletin Claudia Lepping formulierte.

Der einstige Heidelberger Hochschulprofessor Gerhard Treutlein stellte gar ein Grundmuster der bisherigen Einordnung des DDR-Spitzensports infrage: Der Begriff Zwangsdoping sei "in jedem Fall falsch", sagte Treutlein. Er führte drei Fälle von DDR-Sportlern an, die den Konsum von Dopingmitteln verweigert hätten, ohne in der DDR größere Konsequenzen hinnehmen zu müssen. "Es gab kein Todesurteil, keinen Aufenthalt im Gefängnis", sagte Treutlein, "es gab die Möglichkeit, auszuscheiden."

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Anerkannte Dopingopfer erhalten derzeit eine Einmalzahlung von 10 500 Euro. Das Geld stammt aus einem Topf, der seit Jahren mit Mitteln aus dem Bundeshaushalt gefüllt wird und mit insgesamt mehr als 13 Millionen Euro ausgestattet ist. Ursprüngliches Ziel sei es gewesen, DDR-Sportlern, "die knallharte Dopingschäden erlitten haben", finanziell beizuspringen, erklärte Lepping.

Die Grundidee des Vereins sei verwässert worden, finden die Kritiker

Die Grundidee sei aber verwässert worden. Der DOH sei dazu übergegangen, das schlechte Gewissen von Medien und Politik auszuschlachten. Der Zugang zu Entschädigungsleistungen sei "niedrigschwellig" und habe "Trittbrettfahrern" den Weg zu Steuermitteln geebnet. Lepping unterfütterte dies damit, dass ein Opfer über "Blutschmerz" geklagt habe. "Zwielichtige Psychiater aus Mecklenburg-Vorpommern" (Lepping) würden zudem Argumentationen vortragen, die Franke als "unwissenschaftlich" brandmarkte.

Ein besonderer Dorn im Auge ist ihm dabei die These, psychische Schädigungen von Dopingopfern könnten im Wege einer "transgenerationalen Traumatransmission" vererbt werden. "Wenn ich durch meine Heimat Westfalen fahre, dann zittern mir doch auch nicht die Knochen vom (...) Dreißigjährigen Krieg", erklärte der Molekularbiologe. Angesichts solcher Expertisen oder auch fragwürdiger "Todeslisten" von Dopingopfern müsse sich der DOH einer Prüfung stellen. Die Umsetzung des Doping-Opfer-Hilfegesetzes müsse evaluiert werden. Erst dann könne entschieden werden, ob der Fonds "in dieser Form Bestand haben kann", sagte Lepping, die am Mittwoch auch noch hinter verschlossenen Türen vor dem Sportausschuss des Bundestages angehört werden sollte.

Wie verhärtet die Fronten zwischen der Gruppe um Franke und Lepping einerseits und dem DOH andererseits sind, ging aus einem offenen Brief hervor, den der seit Dezember amtierende DOH-Präsident Michael Lehner am Mittwoch in der FAZ an Franke gerichtet hatte. Er war die Antwort auf ein von Franke mitunterzeichnetes Dossier namens "Blackbox Doping-'Opfer'-Hilfe"; mit dem Wörtchen Opfer in Gänsefüßchen, frei nach dem Motto: Unter den Opfern gebe es auch Dopingtäter. "Was hat Sie dazu getrieben, den Doping-Opfern so drastisch und gnadenlos Ihre Loyalität aufzukündigen?", fragte Lehner.

Franke, der jahrelang mit Lehner zusammengearbeitet hatte, antwortete am Mittwoch, er verspüre keine Loyalität zu Leuten, die seit 30 Jahren "immer wieder lügen" und "jetzt aber an die Kohle wollen". Lehner warf Franke via dpa vor, "persönlichen Hass" zu verspüren und "die One-Man-Show eines Egomanen" zu betreiben. Gleichwohl stehe er, Lehner, für einen Dialog weiter zur Verfügung. Ob es den geben wird, darf nach diesem Mittwoch bezweifelt werden.

© SZ vom 31.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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