Doping:NADA-Chefin zu Russland: „Es darf nicht so weitergehen“

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Bonn (dpa) - Der Druck auf das Internationale Olympische Komitee, im russischen Doping-Skandal zügig und hart zu entscheiden, wird immer größer.

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Bonn (dpa) - Der Druck auf das Internationale Olympische Komitee, im russischen Doping-Skandal zügig und hart zu entscheiden, wird immer größer.

„Aus Sicht der NADA darf und kann es so nicht weitergehen“, sagte Andrea Gotzmann, Vorstandsvorsitzende der Nationalen Anti-Doping-Agentur, bei einem Journalisten-Workshop in Bonn. Sie drängt auf eine schnelle Entscheidung über Sanktionen vor den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang.

Die 17 führenden nationalen Anti-Doping-Agenturen fordern den Komplett-Ausschluss Russlands von den Spielen in Südkorea, die am 9. Februar beginnen. Russland hatte als Gastgeber der Spiele 2014 in Sotschi ein Betrugs- und Vertuschungssystem geschaffen, um Dopingvergehen der eigenen Athleten zu verheimlichen.

Sollte das IOC nicht hart durchgreifen, erwartet Joseph de Pencier, Leiter des Instituts der Nationalen Anti-Doping-Organisationen (NADO), Folgen nicht nur für Pyeongchang: „Es wird einen Schatten werfen - und es wird auch über den Sommerspielen 2026 in Paris und 2030 in Los Angeles eine dunkle Wolke schweben, wenn nicht die richtigen Entscheidungen getroffen werden.“

Nach Veröffentlichung des Russland-Reports von Richard McLaren im Juli 2015 hat das IOC zwei Kommissionen zur Aufarbeitung der Sotschi-Affäre eingesetzt, die aber nicht vor Ende November ihre Arbeit beenden werden. Die Erwartung, dass sich das IOC zu einem Komplett-Bann Russlands für die Pyeongchang-Spiele durchringen kann, ist gering.

„Wir haben die Beweise, dass es systematisches und organisiertes Doping in Russland gab. Die Sportgemeinschaft muss handeln“, forderte Rune Andersen, der die Task Force des Leichtathletik-Weltverbandes zum Russland-Doping leitet. Die IAAF hatte die Sportmacht komplett suspendiert und auch von den Sommerspielen 2016 in Rio verbannt.

„Es ist besorgniserregend, es liegt eine schwere Zeit vor uns“, warnte Michael Ask, Direktor der dänischen Anti-Doping-Agentur, und forderte die Sportler auf, stärker ihren Einfluss zu nutzen. „Ohne die Athleten gibt es keinen Sport. Sie haben mehr Macht, als sie glauben - und diese Macht sollten sie nutzen.“ Ähnlich sieht es auch de Pencier: „Wenn mehr und mehr Athleten ihre Stimme erheben, ist es vielleicht das, worauf es ankommt.“

Um das internationale Anti-Doping-System zu stärken, forderte nicht nur Gotzmann neue Strukturen und mehr Unabhängigkeit der Welt-Anti-Doping-Agentur sowie die Einbindung der NADOs. „Es kann nicht sein, dass in den Anti-Doping-Organisationen Verantwortliche sitzen, die Funktionen in Nationalen Olympischen Komitees haben oder Mitglieder des IOC sind und dann in der WADA-Führung sitzen“, kritisierte sie. „Wenn es einen Doping-Betrug wie in Russland gibt, werden Interessenkonflikte schnell sichtbar.“ WADA-Präsident Craig Reedie ist zugleich IOC-Mitglied.

Unverständlich ist für Gotzmann auch, dass die NADOs, die weltweit 70 Prozent aller Doping-Kontrollen vornehmen, in der internationalen Sportpolitik „keine Rolle“ spielten. „Es kann nicht sein, dass wir nur als Service-Provider wahrgenommen werden, der nur Urinproben einsammelt“, sagte sie.

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