Doping im Fußball:"Fancy Bear"-Dokumente schrecken den Fußball auf

Lesezeit: 2 Min.

  • Neue Dokumente der mutmaßlich russischen Hackergruppe "Fancy Bear" schrecken den Fußball auf.
  • Diesmal geht es um positiv getestete Spieler und um solche, die Ausnahmeregelungen für Dopingmittel erhalten haben sollen.
  • Doch es bleiben auch offene Fragen.

Von Johannes Aumüller und Johannes Knuth, München

Eine Veröffentlichung der mutmaßlich russischen Hackergruppe "Fancy Bear" hat am Dienstag die Fußballszene und die Anti-Doping-Organisationen in Aufregung versetzt. Die Hacker publizierten auf ihrer Plattform verschiedene Dokumente zum Thema Doping im Fußball. Daraus ergibt sich, dass es in den Jahren 2015 und 2016 insgesamt etwas mehr als 350 Positivfälle im Fußball gab.

Zudem veröffentlichte die Gruppe eine unter dem Logo des Weltverbandes erstellte Liste mit Datum vom 13. Juni 2010, die für die damalige WM in Südafrika angefertigt worden war. Darauf stehen 25 Spieler, die für den Zeitraum des Turniers ein Mittel benutzen durften, das auf der Dopingliste steht.

Bei den deutschen Spielern geht es um die Substanz Salbutamol

Vermerkt sind auch vier Spieler des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Ihnen lagen gemäß der Übersicht sogenannte medizinische Ausnahmegenehmigungen (TUEs) für verschiedene Mittel vor. Bei allen geht es um Salbutamol, bei jeweils einem Sportler auch um Formoterol beziehungsweise Budesonid. Solche TUEs ermöglichen es Sportlern, Substanzen einzunehmen, die eigentlich verboten sind. Salbutamol etwa ist ein Mittel, das gewöhnlich Asthma-Patienten nutzen. Es war und ist insbesondere auch bei vielen Radsportlern beliebt, um die Atmungsfunktion zu verbessern. Im Jahr 2010 waren die Sportler interessanterweise gar nicht in der Pflicht, sich dieses Mittel genehmigen zu lassen, sie mussten nur den zuständigen Instanzen vorher mitteilen, dass sie es verwenden. In den Jahren davor hatte das noch anders ausgesehen. Eine TUE für Salbutamol müsste also vor 2010 und dann gleich für mehrere Jahre erstellt worden sein.

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Die Nationale Anti-Doping-Agentur (Nada) teilte mit, sie habe bei den vier deutschen Spielern keine Ausnahmegenehmigungen erteilt. Sie finde in ihrer Datenbank auch keine TUE-Urkunde anderer Verbände wie Fifa oder Uefa, deren Gültigkeit über die Anwendung in 2010 hinausgehe. Der DFB verwies bei einer Anfrage auf die Nada. Der Weltverband verurteilte die Veröffentlichung des Dokuments, ging auf die Vorwürfe nicht ein.

Die Fancy Bears, die das jüngste Leck in die Datenbänke der Verbände getrieben haben, sorgen seit einer Weile für Aufsehen im Weltsport. Auf ihrer Webseite inszenieren sich die Hacker als Mitglieder des führungslosen Internet-Kollektivs Anonymous, die sich um Fair Play sorgen. Vieles spricht aber dafür, dass die Motive woanders wurzeln. Die Initiative Wirtschaftsschutz, der auch Bundesnachrichtendienst und Bundesamt für Verfassungsschutz angehören, verschickte vor einem Jahr die Warnung: Es "bestehen Indizien für eine Steuerung durch staatliche Stellen in Russland."

Die Gruppe soll den Deutschen Bundestag und die Demokraten vor der jüngsten US-Wahl angegriffen haben, um kompromittierendes Material aufzutreiben. Seitdem sich die Berichte über staatlich abgeschirmtes Doping in Russland häufen, stellte die Gruppe auch immer wieder Daten von Athleten im Internet aus, bevorzugt aus westlichen Nationen. Die, so das Narrativ, würden sich ja ebenfalls mit verbotenen Schnellmachern fitmachen. Dass nun Unterlagen über bekannte westliche Fußballer auftauchen, ergibt vor diesem Hintergrund auch Sinn: Erst kürzlich hatte es weitere Hinweise gegeben, dass auch Russlands Fußball in das staatliche Manipulationssystem dort eingebunden war.

Konkrete Dopingverstöße wurden durch die Hacker aber nicht nachgewiesen. Sie hoben bislang vor allem medizinische Personalakten der olympischen Sportprominenz, darunter der ehemalige Radprofi Bradley Wiggins, Leichtathlet Mo Farah (beide Großbritannien), Turnerin Simone Biles (USA) und Diskus-Olympiasieger Robert Harting. Daraus ging hervor, dass die Sportler verbotene Substanzen nahmen, ebenfalls per TUEs. Diese Prozedur ist zum Beispiel statthaft, wenn Athleten kurzfristig eine Entzündung hemmen müssen, wie Harting, der bei Olympia 2016 einen Hexenschuss erlitt.

Manche Protokolle warfen aber auch die Frage auf, ob diverse Athleten sich auf legalem Weg einen unerlaubten Vorteil verschafften, weil sie etwa Medikamente über Jahre verschrieben bekamen, pauschal - obwohl das Krankheitsbild eine so lange Dosierung nicht hergab. Die Welt-Anti-Doping-Agentur beteuerte, man überwache den Prozess der TUEs streng. Überhaupt hätten die Fancy Bears manche Dokumente gefälscht.

© SZ vom 23.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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