Doping im Radsport:Der achte Kunde des Erfurter Doping-Netzwerks

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Das Einzelzeitfahren - hier bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro - gehört zu den Spezialdisziplinen von Georg Preidler. (Foto: Matthew Childs/Reuters)
  • Der österreichische Radprofi Georg Preidler teilt mit, dass er Selbstanzeige erstattet hat und outet sich als Teil des aufgedeckten Erfurter Doping-Netzwerks.
  • Er sagt: "Aber selbst wenn man mit ihm (dem Erfurter Zirkel um den Sportmediziner Mark Schmidt) nur in Kontakt ist, ist das schon ein Delikt in meinen Augen."
  • Es dürfte nicht lange dauern, bis weitere Athleten auf der Liste auftauchen.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

In der Affäre um das mutmaßliche Erfurter Doping-Netzwerk lässt sich ein weiterer Sportler als Kunde zuordnen. Am Montag teilte der österreichische Radprofi Georg Preidler, 28, in Interviews mit zwei österreichischen Zeitungen mit, dass er bei der Staatsanwaltschaft Graz Selbstanzeige erstattet und dort ein Dopingvergehen eingeräumt habe. "Ich hab' mir Blut abnehmen lassen, es aber nie rückgeführt", sagte er: "Aber selbst wenn man mit ihm (dem Erfurter Zirkel um den Sportmediziner Mark Schmidt) nur in Kontakt ist, ist das schon ein Delikt in meinen Augen. Der ist einschlägig bekannt."

Preidler ist bereits der acht Sportler, der zum Kundenstamm des Netzwerkes zu zählen ist. Sechs Langläufer und zwei Radprofis sind es bisher. Aber es dürfte nicht mehr lange dauern, bis sich diese Liste erweitert. Um die 40 Blutbeutel haben die Ermittler in einer Garage nahe der Erfurter Praxis sichergestellt; außerdem, so heißt es, sagen manche der schon identifizierten Kunden recht ausführlich bei der Polizei aus. Auch der Sportmediziner Schmidt selbst will nach Angaben seiner Anwälte voll kooperieren.

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Preidler fuhr über viele Jahre für das deutsche Team Sunweb, ehe er sich mit Beginn der Saison 2018 der französischen Equipe FDJ anschloss. Zu seinen größten Erfolgen zählen unter anderem drei Titel bei den österreichischen Zeitfahr-Meisterschaften sowie ein Etappensieg bei der Polen-Rundfahrt. Preidler betonte, dass er alle seine Siege sauber errungen habe; erst kürzlich sei bei ihm die Hemmschwelle gefallen. Vertreter des Erfurter Netzwerkes hätten ihn kontaktiert. "Die kommen dann auf dich zu und reden dich an: ,Bei der und der Rundfahrt waren alle vor dir, die was gemacht haben.' Dann beginnst du zu überlegen. Das ist ein Prozess, du denkst: Du gibst alles, trainierst so hart, du schaust genau auf das Essen und alles und bist trotzdem nicht ganz vorne. Du bist immer der Verarschte", berichtete Preidler der Kleinen Zeitung. Laut seinem FDJ-Team hatte der Österreicher ihm gegenüber erklärt, dass es Ende des vergangenen Jahres zu zwei Blutentnahmen gekommen sei.

Dabei schilderte Preidler für sein Fehlverhalten ähnliche Gründe wie verschiedene Doper vor ihm. "Man wird im Sport nicht gezwungen, aber man hat einen enormen Leistungsdruck", sagte er. "Alle zwei Jahre ist ein Vertragsjahr, du hast den Druck. Habe ich nächstes Jahr noch einen Job? Du machst dir Sorgen. Du hörst, dass es alle anderen auch machen." Er habe nach den Razzien in der vergangenen Woche in Erfurt und Seefeld die Lage nicht mehr ausgehalten und sich deshalb selbst angezeiget, so Preidler.

Somit gibt es auch ein Beispiel mehr, das zeigt, wie wichtig ein Anti-Doping-Gesetz sein kann. Für den organisierten Sport in Deutschland ist das auch deshalb unangenehm, weil er sich lange gegen ein scharfes Gesetz gewehrt hatte, ehe es trotz seiner Lobbyarbeit vor drei Jahren doch dazu kam. Von daher steuert der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) nun um. "Wenn wir erkennen sollten, dass in einem solchen Fall die neuen gesetzlichen Regelungen klare Vorteile mit sich bringen, gilt es, unsere Position in Richtung einer positiven Bewertung nachzujustieren", sagte DOSB-Präsident Alfons Hörmann.

© SZ vom 05.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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