2:0 im DFB-Pokal:Erstaunlich träge Dortmunder

Lesezeit: 2 min

Der Moment des Matchs: Dortmunds Innenverteidiger Mats Hummels erzielt das entscheidende Tor in Braunschweig. (Foto: Darius Simka/Regios24/Imago)

Der BVB müht sich gegen Zweitligist Braunschweig ins Pokal-Achtelfinale und überwintert in drei Wettbewerben - lässt aber erneut Esprit vermissen.

Von Ulrich Hartmann, Braunschweig/München

Die letzte Pokalblamage ist zehn Jahre her. Beim damaligen Drittligisten Kickers Offenbach war Borussia Dortmund im Oktober 2010 in der zweiten Runde im Elfmeterschießen gescheitert - trotz des Trainers Jürgen Klopp, trotz des Abwehrchefs Mats Hummels, trotz Mario Götze, Shinji Kagawa und Robert Lewandowski. Am Ende jener Bundesliga-Saison ist Dortmund dann immerhin Meister geworden mit sieben Punkten Guthaben auf Bayer Leverkusen. Das DFB-Pokalfinale gewann seinerzeit übrigens Schalke 04 gegen den MSV Duisburg.

In derart exponierter Verfassung ist Borussia Dortmund dieser Tage nicht, weshalb das Zweitrunden-Pokalspiel am Dienstagabend beim Zweitligisten Eintracht Braunschweig irgendwie Gefahr verheißen hatte. Nicht wenige könnten auf eine Überraschung gewettet haben. Der BVB ist nach der Trennung vom Trainer Lucien Favre und durch den verletzungsbedingten Ausfall des robotergleichen Torjägers Erling Haaland noch unberechenbarer geworden. In Braunschweig reichte es am Ende zwar zu einem 2:0 (1:0)-Sieg, aber wieder wirkten die Borussen dabei erstaunlich träge. Hilfreich war, dass sie bereits ab der zwölften Minute führten. Nun lautet ihre Jahresendbilanz trotz zuletzt diskutabler Leistungen: Es geht nächstes Jahr in DFB-Pokal, Champions League und Bundesliga weiter. Das klingt halbwegs tröstlich. Werbung für seinen Fußball konnte der gegenwärtige BVB-Trainer Edin Terzic aber auch gegen einen abstiegsgefährdeten tieferklassigen Kontrahenten nicht betreiben.

Haaland und Moukoko verletzt - ein Regionalliga-Stürmer muss aushelfen

Beim Zweitliga-15. Braunschweig, zuletzt 2013/14 für eine Saison in der Bundesliga zu Gast und auch bekannt für Fotos von Paul Breitner im gelben Jägermeister-Trikot anno 1977, hatte der Trainer Daniel Meyer mit dem früheren Paderborner Nick Proschwitz weitgehend auf seinen vermeintlich besten Mittelstürmer verzichtet; er wohnte der Partie erst in der 80. Minute bei. Und auf just dieser Position gab es auch beim BVB eine Überraschung. Dort lief zu Beginn ein 22 Jahre alter Mann namens Steffen Tigges auf, der für gewöhnlich in der viertklassigen Dortmunder Regionalliga-Mannschaft seinen Dienst verrichtet. Haaland-Ersatz Youssoufa Moukoko, 16, war mit Knieproblemen daheim geblieben, und Offensivkräfte wie Marco Reus und Thorgan Hazard, die bei Favre auch schon als sogenannte falsche Neuner aufgelaufen sind, favorisiert Terzic in dieser Rolle offenbar nicht. "Wir wollten einen klaren Stürmer da vorne drin haben", erklärte der BVB-Abteilungsleiter Sebastian Kehl vor Spielbeginn bei Sky.

Die Schwarz-Gelben spielten im Vergleich zur 1:2-Niederlage bei Union Berlin mit sieben Neuen in der Startelf, sie spielten auch in strahlendem Weiß, weil Braunschweig daheim das gelbe Trikot beansprucht. Die Weißen behaupteten erwartungsgemäß von Anfang an den Ball, aber es war wieder so, dass sie dass Spielgerät eher pomadig hin- und herschoben und das Spiel in die Tiefe vermissen ließen. Zur Führung bedurfte es eines höchst fragwürdigen Freistoßes, den Jadon Sancho aus rund 30 Metern nahe der Außenlinie in den Strafraum drückte, wo der aufgerückte Innenverteidiger Mats Hummels die mangelnde Klärungsinitiative der Braunschweiger zum Einschuss nutzte. Das war bereits sein vierter Pflichtspieltreffer, womit er hinter Haaland (17 Tore) in dieser Saison schon auf Platz zwei der internen Hitparade rangiert. Das ist eine Auszeichnung für ihn - und ein Armutszeugnis für die Angreifer.

Für Hummels, der Glück hatte, dass kurz vor der Pause sein Foul an Danilo Wiebe an der eigenen Strafraumgrenze nicht geahndet wurde, kam nach der Pause Manuel Akanji ins Spiel. Der Torschütze beklagte muskuläre Probleme. Dortmund wirkte nun minimal bemühter um tiefe Anspiele in den gegnerischen Strafraum, aber es mangelte einfach an Esprit. Der BVB hatte sogar Glück: In der 56. Minute landete ein Schuss von Marcel Bär ausgangs eines Braunschweiger Konters an der Latte des Dortmunder Tores. Die Gastgeber verteidigten tapfer und konnten sich mit einer leidenschaftlichen Leistung gegen den Champions-League-Teilnehmer trösten. Die Dortmunder entschädigte Sanchos 2:0 in der Nachspielzeit.

"Wir hängen unseren Ansprüchen hinterher", hatte Kehl vor dem Anpfiff gesagt, und dieser Satz hatte nach dem Abpfiff umso mehr Gültigkeit. Der BVB versprühte fußballerisch einmal mehr den Charme einer Nordmanntanne - allerdings ohne Christbaumschmuck.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

DFB-Pokal
:Schalke feiert eine winzige Befreiung

Die kriselnden Königsblauen gewinnen mal wieder und stehen nach dem Sieg gegen Ulm im Achtelfinale. Hoffenheim scheitert im Elfmeterschießen an Fürth.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: