Der Absturz des AS Monaco:Düngemittel aus Russland

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2004 noch im Finale der Champions League steht der AS Monaco heute auf dem letzten Platz in der zweiten französischen Liga. Und nun hat der bisherige Allein-Eigentümer, Prinz Albert, zwei Drittel des Klubs verkauft - an einen russischen Milliardär.

Annika Joeres

Nun tut Monaco in seiner Verzweiflung wieder mal das, was es besonders gut kann: internationales Geld akquirieren. Über die Weihnachtstage hat Fürst Albert II. angekündigt, dass der russische Milliardär Dimitri Ribolowlew in den Fußballklub des Fürstenstaates einsteigen wird, mit 100 Millionen Euro in den nächsten vier Jahren.

Stadion mit römisch anmutenden Torbögen: das Stade Louis II in Monaco. (Foto: imago sportfotodienst)

Es ist ein historischer Verkauf in historischer Lage: Bisher gehörte der AS Monaco zum Eigentum von Albert, der Fürst bezeichnete sich selbst gern als "größten Fan" und den Klub als "Juwel in Monacos Sportleben". Aber seit diesem Sommer ist das einstige Juwel nicht nur in die zweite französische Liga abgerutscht, sondern dort bis auf den letzten Platz. Die Monegassen gewannen nur eines von 18 Spielen; drei Punkte trennen sie zur Winterpause von einem Nicht-Abstiegsplatz.

Harte Zeiten also für den Traditionsverein, der 34 Jahre lang ununterbrochen in der ersten Liga mitmischte, siebenmal französischer Meister wurde und noch 2004 im Finale der Champions League gegen den FC Porto stand. Doch das ist lange her: Als Monaco im Mai 2011 abstieg, gingen fast alle Leistungsträger, dafür kam im Italiener Marco Simone der siebte Trainer in sechs Jahren. Nach dem achten wird angesichts der Pleiteserie schon gesucht.

Dimitri Ribolowlew wird dabei ein Wörtchen mitzureden haben, und am Geld sollte es nicht scheitern: Laut Forbes-Liste ist er einer der hundert reichsten Männer der Welt. Er besitzt nun 66,67 Prozent des Vereins und wurde zum Vorsitzenden des Aufsichtsrates ernannt. "Ich hoffe, das große Potential des Klubs in Frankreich und in Europa wecken zu können", sagte Ribolowlew pflichtschuldig. Noch im Sommer 2010 war sein erstes Kauf-Angebot vom Fürsten abgelehnt worden, jetzt scheint Albert keine Wahl mehr gehabt zu haben.

Nun kann sich der Klub immerhin noch am Winter-Transfermarkt beteiligen. Monaco fehlen vor allem ernst zu nehmende Stürmer, außerdem Führungspersönlichkeiten, die ein Team mitzureißen verstehen; dabei gehören immer noch erfahrene Fachkräfte wie der Schwede Petter Hansson und der frühere französische Nationalspieler Ludovic Giuly zum Stammkader. Doch wer tut sich ein Engagement im Fürstentum derzeit freiwillig an? Von dem Glamour, den der Standort Monte Carlo seit jeher verspricht, kommt im Fußball jedenfalls kaum noch etwas an.

In dem Stadion mit seinen römisch anmutenden Torbögen sitzen nur noch wenige tausend, manchmal nur ein paar hundert Fans. Zu den Pressekonferenzen erschienen zuletzt nur Journalisten des Monaco-Matin, an dem Albert Anteile hält. Die 35.000 meist millionenschweren Einwohner des Fürstenstaats waren ohnehin nie die Klientel, die samstags mit Schal und Bier zum Stadion pilgert.

Fußball war hier immer auch ein gesellschaftliches Event, um Kontakte zu pflegen und nebenbei mit Champagnerflöte in der Hand das Spiel zu verfolgen. Doch eine Verlierer-Mannschaft taugt nicht zu diesem geschäftlichen Zweck. Und durch den Teilverkauf an Ribolowlew wird nun auch die "Société des Bains" weniger präsent, die wichtigste öffentliche Gesellschaft des Mittelmeerstaates. Nahezu alle prestigeträchtigen Objekte in Monaco werden von der SBM verwaltet: die berühmten fünf-Sterne-Hotels, fünf Kasinos, 60 Bankett-Säle, 33 Bars und Restaurants - und dazu kam eben bisher der Fußballklub. Aber auch die SBM litt unter der Finanzkrise und hat in diesem Jahr erstmals Verluste geschrieben.

Den neuen Investor musste Fürst Albert nicht lange suchen: Dimitri Ribolowlew wohnt seit Jahren in Monaco, um sein Vermögen der Steuer zu entziehen. Er besitzt eine Yacht im Hafen und einen Airbus A 319. Sportliche Geschäfte hat er bis dato nicht gemacht: Sein Vermögen fußt auf dem Abbau von Kalium. Nach dem politischen Umbruch 1989 erstand er Minen im Ural und hat so ein Düngemittel-Imperium aufgebaut. 1996 saß er laut Figaro für einige Monate im Gefängnis, weil er verdächtigt wurde, in einen Mord verwickelt gewesen zu sein; mangels Beweisen wurde er wieder freigelassen.

Nach einem guten Omen klingen solche Geschichten dennoch nicht: Der Fürstenstaat musste 2002 schon einmal den Verkauf des Klubs an eine russische Firma absagen: Sie entpuppte sich als legale Fassade eines kriminellen Rings in Osteuropa.

© SZ vom 27.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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