Darts-Profi Michael Smith:Er hat gewonnen!

Lesezeit: 2 min

Ende einer bitterbösen Serie: Der Brite Michael Smith siegt tatsächlich im Finale von Wolverhampton. (Foto: Luke Walker/Getty)

Er war der Spieler, der all seine großen Finals verlor - nun hat Michael Smith es seinen Kritikern gezeigt. Und gilt bei der anstehenden WM plötzlich als Mitfavorit.

Von Carsten Scheele

Es gibt ein Video von Michael Smith, es ist etwa ein Jahr alt, da sieht er aus, als würde er nie wieder Glück erfahren. Smith hatte im Januar 2022 das WM-Finale gegen Peter Wright verloren, und während er nach dem Match ins Mikrofon sprach, musste er unaufhörlich gegen die Tränen kämpfen. Smith, 32, gehört zu den talentiertesten und besten Pfeilewerfern der Welt, er hatte es bis dahin aber zuverlässig geschafft, alle seine, und zwar wirklich alle seine großen Endspiele zu verlieren.

Dabei stand Smith bei etlichen großen Turnieren im Finale: in der Premier League, beim World Matchplay, bei den UK Open, bereits zweimal bei der Weltmeisterschaft, zuletzt 2022 gegen Wright. Doch er hat verloren. Immer.

Fitness im Darts
:Fit wirft gut

Darts hat lange das Image als Thekensport gepflegt. Doch nun sind Themen wie körperliche Fitness und gesunde Ernährung auch bei den Pfeilchenwerfern angekommen. Über den Aufbruch einer Sportart.

Von Benjamin Zügner

Nach Smith war der neue Weltmeister Wright also zum Mikrofon geschritten, und der Mann mit der quietschbunten Irokesenfrisur erfasste die Situation mit viel Gefühl. Er sprach zunächst gar nicht über seinen eigenen Triumph, sondern drehte sich immer wieder zu Smith um, tätschelte dem massigen wie bärtigen Briten den Arm, lobte ihn mit einfühlsamen Worten. "Du wirst einen großen Titel gewinnen", sagte Wright. Smith konnte kurz wieder lächeln.

Bei der WM will Smith nun richtig angreifen - und nicht nur ins Finale kommen

Doch Wright sollte Recht behalten, denn zehn Monaten nach seinem traurigen WM-Moment hat Smith seine bitterböse Serie tatsächlich überwunden. Er hat sein erstes Major-Turnier siegreich gestaltet, am Sonntagabend beim Grand Slam of Darts in Wolverhampton; nicht etwa knapp, sondern locker und souverän, 16:5 gegen seinen Landsmann Nathan Aspinall. Das stellte Smith, Spitzname "Bully Boy", schlagartig vor neue Aufgaben, zum Beispiel beim Interview. "Ich bin es eigentlich gewohnt, die Rede als Finalverlierer zu halten", sagte Smith.

Das war witzig, aber eben auch halb ernst gemeint. Denn die unrühmliche Serie aus zwischenzeitlich acht verlorenen Finalspielen hatte ihn sehr beschäftigt. Smith fehle die Nervenstärke, wurde dann gesagt, er sei in wichtigen Momenten zu flatterhaft. Die britischen Zeitungen können diesbezüglich gnadenlos sein. "Ich habe es endlich geschafft", sagte Smith nun: "Niemand wird je wieder sagen, dass ich noch kein Major gewonnen habe." Als der Sieg perfekt war, schmiss er seine letzten Pfeile einfach weg, ging ein paar Schritte und warf sich auf den Boden. Die ganze Anspannung musste raus.

Die ganze Branche freute sich mit Smith, auch sein Gegner in Wolverhampton, der Brite Aspinall. "Für Michael bin ich glücklich. Nach all den verlorenen großen Finals wurde er besonders kritisiert, und das war schwer zu verkraften", sagte Aspinall. Und Sky-Kommentator Wayne Mardle erklärte: "Er hat viel Kritik einstecken müssen, er könne unter Druck nicht auftreten und habe kein Rückgrat." Seine Schlussfolgerung: "Alles Blödsinn."

Aus dem Sieger sprudelten die Worte vor lauter Erleichterung ebenfalls heraus. "Es fühlt sich an, als wäre ich endlich angekommen", sagte Smith: "Du sagst immer zu allen, dass es nicht so schlimm ist, diese Finale zu verlieren, aber natürlich ist es das. Deshalb ist es eine enorme Genugtuung." Den ersten großen Titel könne ihm "niemand mehr nehmen".

Und der kommt zu einem passenden Moment. Die Saison der Dartsspieler steuert auf ihren Höhepunkt zu, Mitte Dezember beginnt die Weltmeisterschaft im legendären Alexandra Palace in London - und dort gehört Smith dank seiner neuen Fähigkeit jetzt erst recht zu den Mitfavoriten. Da sind die großen Drei, neben Titelverteidiger Wright und dem Weltranglistenersten Gerwyn Price auch der Niederländer Michael van Gerwen, der es nach enttäuschenden Jahren noch einmal wissen will. Und eben Michael Smith. "Ich bin sicher, dass er unseren Sport von nun an dominieren wird", sagt Nathan Aspinall. Das Sportlerleben des Michael Smith könnte eine ganz neue Wendung erhalten.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Darts-Weltmeister Peter Wright
:Die Schlange hat Rücken

Der Bunteste ist jetzt auch der Beste: Seit März führt der Schotte Peter Wright die Darts-Rangliste an. Doch hinter dem schrillen Bühnen-Ich verbirgt sich ein stilles, verletzliches Wesen. Wie es nun weitergeht, das entscheiden die Gallensteine.

Von Benjamin Zügner

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: