Dante beim FC Bayern:"Wir lassen die Kritik an ihm nicht zu"

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FC Bayerns Dante (li.): Nach 32 Minuten ausgewechselt (Foto: dpa)
  • Überraschend früh nimmt Pep Guardiola Dante gegen Hannover 96 vom Feld. Nur ein taktischer Wechsel oder der Anfang vom Abschied vom FC Bayern?
  • Es ist eine Debatte, die Matthias Sammer empört.
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Von Carsten Eberts, Hannover

Pepe Reina packte Dante am Kopf, zog ihn mit beiden Händen zu sich heran. Der Brasilianer sah fürchterlich aus, als er zur Ersatzbank geschlurft kam, er brauchte Trost. Eine Sekunde verging, dann machte sich Dante los, nestelte sich das Schweißband vom Handgelenk, pfefferte es von sich. Ausgewechselt nach 32 Minuten.

Die Partie in Hannover war für Dante ungewöhnlich früh beendet. Wer seinen schlimmen Fehler nur wenige Sekunden zuvor beim Gegentor durch Hiroshi Kiyotake betrachtet hatte, der musste fürchten, dass hier gerade etwas in die Brüche gegangen war. Dante, der bei den Bayern zuletzt so unglücklich war, direkt nach seinem Fehler vom Feld genommen - da musste es sich doch um eine Strafmaßnahme handeln.

Gleich nach dem Spiel, das die Bayern ohne Dantes Mitwirken noch 3:1 (1:1) gegen Hannover gewinnen konnten, versuchten die Meinungsmacher im Verein jedoch, exakt diesen Eindruck zu vermeiden. Nein, die Auswechslung sei keine Strafe gewesen. Und Dante, ja der habe natürlich eine Zukunft im Klub. Er sei "ein wunderbarer Junge mit extrem hoher Anerkennung in der Truppe", sagte Matthias Sammer, der Sportvorstand. Und kündigte an: "Wir lassen die Kritik an ihm nicht zu."

Kritiker sagen, der Brasilianer sei hüftsteif und zu langsam

Dante selbst hatte wenige Wochen zuvor die Fallhöhe geschaffen, an der er sich nun messen lassen musste. Seine Reputation hatte nach dem 1:7 im WM-Halbfinale gegen Deutschland merklich gelitten. Doch der Abwehrmann fühlte sich falsch wahrgenommen, wählte ein Interview mit einer Boulevardzeitung, um seinen angestauten Ärger loszuwerden. Er sei "sehr, sehr, sehr, sehr, sehr, sehr, sehr enttäuscht" über das, was er über sich hatte lesen müssen.

Zu viele Leute hatten zuvor behauptet, dass Dante langsam sei, zudem etwas hüftsteif. Die Anzahl der Stürmer, die ihm einfach so davonlaufen konnten (wie nun auch Hannovers Kiyotake), sei ziemlich groß geworden. Franz Beckenbauer, der Ehrenpräsident des Klubs, gehörte zu den prominentesten Kritikern. Dante stellte sich ihnen entgegen. "Schimpft! Jederzeit!", erklärte er, "aber nur, wenn es berechtigt ist."

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An jenem Punkt, an dem die Kritik berechtigt war, musste man Dante an diesem Samstagnachmittag angekommen sehen. Schon nach wenigen Minuten hatte ihm Hannovers Artur Sobiech auf kurzer Distanz so viele Meter abgenommen, dass ein Raunen durch das Rund ging. Es folgte die schwerfällige Reaktion gegen Kiyotake, der sich im Strafraum leicht davon machte und zum Führungstreffer einschob - zu allem Übel durch Dantes Beine. Er sei "ein bisschen enttäuscht", sagte der Brasilianer später bei Sky.

Er könne den Trainer jedoch verstehen. Und überhaupt: "Wichtig ist, dass wir gewonnen haben. Und ich habe auch heute gewonnen." An Erfahrung, könnten Zyniker einwenden, und womöglich ja auch die Erkenntnis, dass seine Zeit beim FC Bayern bald ablaufen werde. So jedenfalls erwartet es Stefan Effenberg, früher mal Kapitän der Champions-League-Sieger von 2001 und heute Sky-Experte: "Beim FC Bayern wird das Kapitel Dante im Sommer beendet sein, wenn man so reagiert nach 30 Minuten."

Also hatte Sammers Auftritt nach dem Spiel das Ziel, eine Debatte einzufangen, die längst in Gang gesetzt war. Die aufkommende Kritik gefalle ihm nicht, erklärte Sammer und warnte die umstehenden Medienvertreter vor - wörtlich - "populistischer" Berichterstattung: "Ich erbitte mir Respekt", echauffierte sich Sammer. Die Zeit von Dante beim Rekordmeister laufe keinesfalls ab, schließlich habe er seit seiner Verpflichtung im Sommer 2012 acht Titel geholt. Von Vereinsseite gebe es keinerlei Zweifel an ihm, denn Dante sei "unglaublich überragend". Drunter machte es Sammer in diesem Moment nicht.

Etwas tiefer ließ da schon Pep Guardiola blicken, der Trainer. Auch er lobte Dante ("Einer der besten Profis, mit denen ich als Trainer gearbeitet habe"). Die Situation vor der Auswechslung sah der Katalane aber anders: Er habe umstellen wollen, hinten auf eine Viererkette, mit dichterem Zentrum, vorne mit einem Stürmer mehr. Das Gegentor habe gezeigt, dass organisatorischer Handlungsbedarf bestehe - deshalb Lewandowski rein, Dante raus. "Ich weiß, es ist unangenehm", sagte Guardiola über die Auswechslung in Minute 32: "Doch das war taktisch, taktisch. Er weiß das."

Der Gefühlsmensch Dante wird trotzdem einige Zeit an diesem Moment zu knabbern haben.

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