Dänemark - Norwegen:Showdown im Jütland

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Dänemarks Spitzenspieler Mikkel Hansen hat dem besten Spieler der Norweger, Sander Sagosen, einige Tore voraus. (Foto: Annegret Hilse/Reuters)

Die Dänen trotzen bisher der alten Sportregel, dass selbst die beste Mannschaft im Verlauf eines Turniers mindestens ein schlechtes Spiel abliefert. Finalgegner Norwegen hat dies schon hinter sich - gegen Dänemark.

Von Joachim Mölter, Herning

Eine alte Sportregel besagt, dass jede Mannschaft, selbst die beste, im Verlauf eines internationalen Turniers mindestens ein schlechtes Spiel abliefert. Die französischen Handballer, Titelverteidiger bei dieser WM, taten es zum Beispiel im Halbfinale am Freitagabend, in dem sie Dänemark hoffnungslos unterlegen waren, 30:38. Bei der deutschen Mannschaft, den Co-Gastgebern des Turniers, war es ebenfalls das Halbfinale, das sie vor 12500 Zuschauern in Hamburg deutlich gegen Norwegen verloren, 25:31.

Die Norweger hatten ihren Tiefpunkt schlauerweise bereits in der Vorrunde hinter sich gebracht, beim 26:30 gegen Dänemark, den zweiten Ausrichter der WM. Nur den Dänen fehlt dieses eine schlechte Spiel bislang, und es ist nur noch eine Gelegenheit dafür übrig: das Finale am Sonntagnachmittag (17.30 Uhr) in der Kleinstadt Herning, mitten im provinziellen Jütland.

Dänemarks quälende Erinnerungen an Herning im Winter 2014

Dort haben die Dänen schon einmal ein großes Endspiel verloren, 2014 bei der Europameisterschaft, 32:41 gegen Frankreich. Es war damals ihr schlechtestes Spiel im Turnier, zuvor hatten sie alles souverän gewonnen. So wie diesmal auch. Aber diesmal wollen sie unbedingt ein Happy End. "Es ist vielleicht das einzige Mal, dass wir die Chance kriegen, zu Hause die WM zu gewinnen", sagt der bei den Rhein-Neckar Löwen angestellte Rückraumspieler Mads Mensah Larsen: "Das ist eine riesige Möglichkeit, sich einen Traum zu erfüllen." Sein Nebenmann Mikkel Hansen pflichtet bei: "Es ist der größte Wunsch, den man haben kann - mit 15000 Fans im Rücken den Titel zu gewinnen."

Es wäre der erste bei einer WM für die Dänen, die Europameister von 2008 sowie 2012 und Olympiasieger von 2016. Drei WM-Finals haben sie schon verloren, 1967, 2011 und 2013. Es ist aber nicht so, dass die Norweger ihnen die Trophäe freiwillig überlassen, quasi als Gastgeschenk. "Wir machen einen sehr starken Versuch, Gold zu holen", verspricht Trainer Christian Berge. Norwegens Männer haben ja noch nie einen Titel gewonnen, die silberne Medaille von der WM 2017 war ihre erste überhaupt. Aber Berge hat sie zumindest schon mal in der Weltspitze etabliert.

Im Endspiel treffen nicht bloß die zwei besten Mannschaften dieses Turniers aufeinander, sondern auch die besten Spieler, der erwähnte Däne Mikkel Hansen, 31, sowie der Norweger Sander Sagosen, 23. Beide konkurrieren auch bei ihrem Klub Paris Saint-Germain um die Vorherrschaft im zentralen Rückraum. Hansen ist bei dieser WM der mit Abstand beste Torschütze, 65 Mal hat er in den bisherigen neun Partien getroffen; dafür hat Sagosen die meisten Vorlagen gegeben, nämlich 45, oft und gern auf Kreisläufer Bjarte Myrhol, 36, wie die Deutschen am Freitag feststellen mussten, ohne dass sie es verhindern konnten.

Das Endspiel ist ein Festspiel für Bundesliga-Legionäre

Aus dem ersten Duell dieser WM ging Hansen als klarer Sieger hervor, er erzielte 14 Tore, Sagosen bloß vier. "Er spielt gut", sagt Trainer Berge, "nur gegen Dänemark war er etwas schwächer. Aber jetzt ist er wieder da." Auch für die Profis gilt: Ein schwaches Spiel pro Turnier gehört dazu. Sagosen hat es hinter sich - aber der langhaarige Hansen macht nicht den Eindruck, ausgerechnet jetzt schwächeln zu wollen. Selbst gegen Frankreichs starke Abwehr gelangen ihm zwölf Treffer. "Wir haben noch viel mehr drin", kündigt Dänemarks Spielmacher Rasmus Lauge für das Finale an: "Wir haben noch Platz nach oben."

Dänemark tritt mit neun Bundesliga-Legionären in seinem Kader an, Norwegen sogar mit zehn - beim deutschen Meister SG Flensburg-Handewitt stehen jeweils vier unter Vertrag. Auch die Trainer haben einen engen Bezug zu Deutschland. Der Däne Nikolaj Jacobsen, 47, war sechs Jahre beim THW Kiel aktiv, er trainiert noch bis zum Saisonende die Rhein-Neckar Löwen, parallel zu seinem Job als Nationaltrainer, den er seit 2017 innehat. Sein norwegischer Kollege Berge, 45, hat sieben Jahre in Flensburg gespielt, ehe er seine Karriere vorzeitig wegen einer Krebserkrankung beenden musste. Seit 2014 coacht er die Auswahl seines Landes.

Es gibt Beobachter, die halten Norwegen für die beste Mannschaft des Turniers, zumindest spielt sie den schnellsten und attraktivsten Ball. Die Dänen kommen vor allem mit Kraft und Wucht daher. "Wenn sie einen Lauf haben und so aus dem Rückraum treffen wie gegen uns, sind sie schwer zu stoppen", sagt Frankreichs Co-Trainer Guillaume Gille. Der hat die beste Zeit der Franzosen als Spieler miterlebt, er weiß, was große Mannschaften von guten unterscheidet: Die großen gewinnen auch dann, wenn sie mal ein schlechtes Spiel abliefern.

© SZ vom 27.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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