Crash der Mercedes-Fahrer in Spa:Von wegen Softie

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Die Kollision zwischen Nico Rosberg und Lewis Hamilton in Belgien zeigt, dass es in der Formel 1 so gut wie unmöglich ist, zwei gleich starke Spitzenkräfte auszubalancieren. Rosbergs Aktion demonstriert aber auch, dass hier einer zu allem bereit ist.

Kommentar von René Hofmann

Die Mercedes-Gewaltigen haben ein Problem. Ihre Formel-1-Autos sind so schnell, dass sich ihre zwei Fahrer nur selbst schlagen können. Genau das ist in Spa passiert. Nico Rosberg fuhr Lewis Hamilton in der zweiten Runde gegen den Hinterreifen. Den Briten warf der Crash aussichtslos zurück, Rosberg wurde nur Zweiter. Statt der Plätze eins und zwei gab es: Pfiffe für Rosberg. Die Teamchefs grollten: "Absolut inakzeptabel" sei sein Manöver gewesen. Aber war es das?

Ja, die Aktion war unklug. Rosberg hätten sich auf den folgenden 42 Umläufen wohl noch viele bessere Gelegenheiten zum Überholen geboten. Und die Aktion war naiv. Rosberg konnte nicht davon ausgehen, dass sein einziger Rivale im Titelkampf galant zur Seite biegen würde. Aber vorsätzlich, wie Hamilton behauptet, war der Rempler ziemlich sicher nicht: Rosberg konnte schließlich keinesfalls sicher sein, dass sein Wagen heil bleiben würde. Nüchtern betrachtet zeigt die Autoscooter-Nummer vor allem eines: dass es in dem Sport so gut wie unmöglich ist, zwei gleich starke Spitzenkräfte auszubalancieren.

Rosberg war mit Wut losgezogen. Im Rennen zuvor in Budapest hatte Hamilton gegen eine team-interne Regel verstoßen: Er hatte den im Schlussspurt schnelleren Rosberg nicht wie geheißen vorbeigelassen. Dass dies ohne Konsequenzen blieb, konnte Rosberg indirekt als Aufforderung begreifen, selbst einmal über die festgelegten Grenzen hinauszugehen.

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Die Formel 1 ist auch ein Psychospiel. Rosberg galt lange als Softie, als einer, der in hitzigen Situationen lieber abwägt statt den Fuß auf dem Gas zu lassen. Diesen Ruf ist er nun los. Wie er die Wut der vielen Hamilton-Anhänger wegsteckt, wird nun der nächste Charaktertest - und der ist für den Ausgang des Duells vermutlich entscheidender, als es die neuen Umgangsformen sind, die im Team verabredet werden sollen.

Sportchef Toto Wolff erwägt klarere Vorgaben, wer wann was darf. Aber die klarsten Vorgaben nutzen wenig, wenn die Betroffenen bereit sind, sich für den eigenen Vorteil über diese hinwegzusetzen. Genau diese Entschlossenheit haben Hamilton und Rosberg in Ungarn und in Belgien vorgeführt. Das hat Red Bull in Schlagdistanz gebracht. Das letzte Mal, dass ein dominantes Team den Titel durch das Gegeneinander seiner beiden Fahrer verspielte, war 2007.

Damals beharkten sich Hamilton und Fernando Alonso bei McLaren-Mercedes so, dass Kimi Räikkönen im Ferrari ein Abstaubererfolg glückte. Seinerzeit hieß der Mercedes-Sportchef noch Norbert Haug. Er sagte über Formel-1-Fahrer gerne: "Man kann keiner Gewehrkugel sagen - komm langsam aus dem Lauf!" Daran hat sich nichts geändert.

© SZ vom 26.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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