Paco Alcácer beim BVB:Dortmunder Effizienzmonster

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Schon wieder drin: Dortmund Paco Alcácer (rechts) trifft gegen Mainz. (Foto: dpa)
  • Neun Saisontore in nur 237 Spielminuten: Der Spanier Paco Alcácer macht in Dortmund auch als fest verpflichtete Kraft viel Freude.
  • Auch dank ihm hat der BVB einen neuen Startrekord aufgestellt.
  • Trainer Favre ist begeistert: "Er spürt einfach Fußball, er ist so geboren."

Von Tobias Schächter, Mainz

Den Namen Gert Dörfel wird Paco Alcácer vermutlich noch nie gehört haben. Zumindest bis zu diesem Wochenende. Da erzielte der Stürmer von Borussia Dortmund beim 2:1-Sieg in Mainz seinen neunten Saisontreffer, und er benötigte für diese Zahl lediglich sieben Einsätze und nur sagenhafte 237 Spielminuten. Gert Dörfel, den alle "Charly" nennen, schaffte in der ersten Saison der Bundesliga 1963/64 neun Treffer in 565 Minuten. 55 Jahre später löste nun dieser Paco Alcácer, Jahrgang 1993, geboren in Torrent, diesen ewigen Rekord von Charly Dörfel, Jahrgang 1939, geboren in Hamburg, ab.

Dörfel war ein Original der Bundesliga, der lustige Linksaußen des HSV verteilte während der Spiele manchmal Bonbons an Mitspieler und Gegner oder nannte dem Referee bei einer Verwarnung den falschen Namen ("Meier") - und flog vom Platz. Nach seiner Karriere trat Dörfel unter anderem als Clown im Zirkus Krone auf.

Von Paco Alcácer sind bisher keine Zirkusauftritte bekannt, aber eine Attraktion ist er in der Bundesliga bereits geworden, auch in Mainz war sein Auftritt eine Schau. 150 Sekunden war er auf dem Platz, eingewechselt für den unauffälligen Mario Götze - schon lag der Ball im Mainzer Tor (66.).

Als nach dem Abpfiff die Rede auf das 1,76 Meter kleine und 71 Kilogramm leichte Effizienzmonster aus Spanien kam, leuchteten die Augen von Lucien Favre. Der Trainer des BVB lobte: "Er spürt einfach Fußball, er ist so geboren." Favre war so gelöst, wie man ihn selten erlebt.

Gäbe es eine Spezial-Tabelle nur für erste Halbzeiten, läge der BVB auf Platz sechs

Noch nie in der ruhmreichen Geschichte von Borussia Dortmund hat es eine BVB-Mannschaft geschafft, die ersten zwölf Spiele einer Saison unbesiegt zu bleiben. Mit Favre ist das nun gelungen, aber nicht nur deshalb war der sonst so nüchterne Schweizer so auskunftsfreudig. Favre scherzte vor und nach den Wirren, die ein Fehlalarm während der Pressekonferenz ausgelöst hatte, Spieler und Journalisten wurden aufgrund eines "besonderen Vorkommnisses" aufgefordert, das Stadion zu verlassen. Nach zwei Minuten aber gab es Entwarnung, die Pressekonferenz ging heiter weiter, Wasserdampf eines Wasserkochers hatte einen Feuermelder ausgelöst.

"Einen Arbeitssieg" gegen einen "sehr, sehr guten Gegner" habe seine Elf eingefahren, stellte Favre zufrieden fest. Die Dortmunder haben schon eine Menge gezeigt in dieser Saison: Sie bieten Galavorstellungen wie beim 7:0 gegen Nürnberg, sie holen Rückstände auf wie beim 4:3 gegen Augsburg und nun, in Mainz, gewinnen sie auch ein Kampfspiel, in dem sie von den taktisch und kämpferisch starken Gastgebern bis zur letzten Sekunde gefordert wurden. Die bissigen Mainzer ließen sich nicht abschütteln, kamen durch Robin Quaison zum Ausgleich (70.) - und mussten sich doch geschlagen geben, weil Lukasz Piszczek den Ball zum Siegtreffer in den Winkel schlenzte (76.).

"Wir haben sehr gut gespielt, aber Dortmund hat gewonnen", haderte der Mainzer Trainer Sandro Schwarz, der in seiner zweiten Saison wie seine Elf stetig an Profil gewinnt. Nicht ohne Stolz bemerkte der Mainzer Verteidiger Daniel Brosinski: "Wir hatten den Topfavorit auf die deutsche Meisterschaft am Rande einer Niederlage."

Aus Sicht der Konkurrenz hat die neue Borussia nach einem Drittel der Saison den FC Bayern als Titelanwärter also abgelöst. Aber wer die Dortmunder auf den Rückstand der Bayern und die eigenen Titelchancen ansprach, bekam die üblichen Beschwichtigungen zu hören. Es gebe auch andere gute Mannschaften neben den Bayern, meinte Torschütze Piszczek. Die Saison sei noch lang, meinte Sportdirektor Michael Zorc. Und Trainer Favre meinte, die Bundesliga sei sehr stark, das nächste Spiel immer das Wichtigste, zum Beispiel das am Mittwoch in der Champions-League gegen den FC Brügge. Und: "Nur die Arbeit zählt. Wir müssen uns noch verbessern, in vielen taktischen und technischen Details."

Wobei der Blick aufs Detail der Konkurrenz ebenfalls Angst machen dürfte. Kein Team erzielt mehr Tore als die Borussia (35), keines macht mehr Jokertore (12), und erstmals seit 2014 schaffte der BVB nun vier Auswärtssiege in Serie.

Außerdem ist es Favre bisher gelungen, während des Spiels immer wieder erfolgreich ins Geschehen einzugreifen - eine Qualität, die sehr gute Trainer auszeichnet. Gäbe es eine Tabelle nur für die ersten Halbzeiten, lägen die Westfalen bloß auf Rang sechs, nach 90 Minuten aber führen sie die Liga souverän an, 24 der 35 Tore fielen nach der Pause. Und klar: Im Notfall kann der Trainer Favre immer noch diesen Paco Alcácer einwechseln. Den bisher nur ausgeliehenen Stürmer hat der BVB soeben für 23 Millionen Euro Ablöse fest vom FC Barcelona verpflichtet und mit einem Vertrag bis 2023 ausgestattet.

"Es ist eben noch mal ein Unterschied, ob man Leihspieler ist oder doch ein fester Bestandteil des BVB. Wir werden sicher noch viel Freude mit Paco haben", sagt Michael Zorc.

© SZ vom 26.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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