Bundesliga:Schalke erwartet geniale Momente

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Younes Belhanda: Laut Heldt ein "Mann für die genialen Momente" (Foto: dpa)
  • Schalke 04 hat in der Winterpause in zwei neue Stürmer investiert.
  • Die magere Torausbeute soll schon gegen Bremen korrigiert werden, das Spiel im Liveticker gibt es ab 17.30 Uhr hier.
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Von Philipp Selldorf, Gelsenkirchen

Schalke 04 hat am Freitag eine Menge Geld verdient. Vertreter des sagenhaften asiatischen Marktes waren zu Besuch in der Stadt und sorgten für stattlichen Umsatz. Die aus Japan angereiste Delegation zählte mehrere Dutzend Mitglieder, kreuz und quer streunten sie über das Vereinsgelände und besichtigten recht aufgeregt die Fazilitäten, bis sie sich zum Stopp in der Schänke "Charly´s Schalker" niederließen. Auffallend, dass die Gäste vorwiegend jung und weiblich waren.

Die vollgepackten Tüten, welche die Besucherinnen schließlich forttrugen, zeugten zwar von ergiebigen Einkäufen im Fanshop, das eigentliche Reiseziel dürften sie an diesem Tag jedoch verfehlt haben. Verteidiger Atsuto Uchida, der japanische Mädchenschwarm, stand am Freitag nicht zur Besichtigung, denn das Training am Freitagnachmittag sollte der forcierten Vorbereitung auf das Sonntagsspiel gegen Werder Bremen dienen, weshalb das Publikum keinen Zutritt erhielt.

Was Trainer André Breitenreiter in der hochgeheimen Sitzung hat einstudieren lassen, hat noch kein Maulwurf gesungen, man darf sich aber einigermaßen sicher sein, dass das Programm der Maxime folgte, die der Coach selbst enthüllt hat: "Wir müssen mehr Tore schießen!" So lautet der oberste Vorsatz fürs neue Jahr, denn 2015 standen Chancenzahl und Torquote auf Schalke in keinem guten Verhältnis. Zwei zusätzlich verpflichtete Spieler sollen helfen, den Wunsch zu verwirklichen.

Zugang Schöpf hat sich prächtig eingelebt - und gleich verletzt

Der eine, Alessandro Schöpf, hat sich während der zwei Wochen auf Schalke bereits hervorragend eingelebt. Das muss man jedenfalls glauben, wenn man Breitenreiter und Manager Horst Heldt über ihn reden hört. Sie nennen den jungen Mittelfeldspieler "Schöpfi", ein Zeichen zügig gelungener Integration. Alessandro Schöpf, 21, hat nach Ansicht seines neuen Trainers die Möglichkeit, "zum A-Nationalspieler zu reifen", jedoch nicht im Team von Jogi Löw, sondern in Marcel Kollers österreichischer Auswahl.

Auch Heldt ist sehr angetan von dem vormaligen Nürnberger, der einst das Jugendinternat des FC Bayern besuchte. "Er hat alle Voraussetzungen, in unserem Kader ein ernsthaftes Wörtchen mitzureden", sagt er und lobt auch die charakterlichen Merkmale: "Sehr ehrgeizig, sehr fokussiert, sehr professionell." Wie schnell Schöpf in Schalke heimisch wurde, zeigt auch der Umstand, dass er sich sofort den typischen Traditionen unterworfen hat: Schon in der dritten Trainingswoche hat er sich mit einer Muskelverletzung abgemeldet.

Eine schlechte Eigenschaft hat Schöpf allerdings. Er war teuer, sehr teuer sogar für einen Zweitligaspieler. Schalke bezahlte rund fünf Millionen Euro Ablöse an den 1. FC Nürnberg. Mit dem Club verbindet die Schalker eine uralte Freundschaft, trotzdem hat der hohe Preis geschmerzt. Heldt begründete ihn mit der Entwicklung auf dem Transfermarkt: "Im Fußball ist es leider nicht wie beim Benzin, wo die Preise fallen, wenn zu viel Öl auf dem Markt ist." Im Fußball werden die Spieler teurer, je mehr Geld auf dem Markt ist. Das merken nicht nur die Schalker. Auch die Großeinkäufe der Uchida-Verehrerinnen können die ständig wachsenden Kosten nicht decken.

Der zweite Neuling stellt somit die nötige günstige Lösung dar. Younes Belhanda, 25, in Frankreich geborener marokkanischer Nationalspieler, kam leihweise aus Kiew nach Gelsenkirchen. Vor drei Jahren hat er mit Montpellier in der Champions League gegen Schalke gespielt, seitdem hatten ihn die königsblauen Scouts im Blick. Die Schalker konnten ihn jetzt nur deshalb holen, weil er in den zwei Jahren bei Dynamo Kiew seinen Marktwert ruiniert hat

Heldt vertraut jedoch auf die Anlagen, die Belhanda mitbringt. "Ihm fallen Sachen ein, die anderen Fußballern nicht einfallen", sagt er, Belhanda sei ein Mann für "die genialen Momente" und ein guter Vorbereiter für die Angreifer. Seine Einsatzchancen für den Sonntag sind daher nicht schlecht - der Mangel an brauchbaren Zuspielen hat maßgeblich zur mageren Trefferquote von Torjäger Klaas-Jan Huntelaar beigetragen.

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Gern hätten es die Schalker bei diesen beiden Neuerwerbungen belassen, aber die langwierige Verletzung von Kapitän Benedikt Höwedes (fällt mindestens bis Ende März aus) nötigt den Klub, einen weiteren Neuling anzuwerben; das Reservoir an Innenverteidigern ist zu dünn: Hinter dem routinierten Duo Joel Matip/Roman Neustädter gibt es nur noch die Nachwuchsspieler Marvin Friedrich und Thilo Kehrer. Heldt kündigte an, in der kommenden Woche einen weiteren Abwehrspieler zu präsentieren. Vereinschef Clemens Tönnies bestätigte im Gespräch mit Sky "intensive Gespräche" mit John Anthony Brooks vom Ligarivalen Hertha BSC und Kevin Wimmer vom englischen Spitzenklub Tottenham Hotspur.

Tönnies präsentiert wohl im März Heldts Nachfolger

Dafür, dass der Manager eigentlich nur noch auf Abruf und quasi als Stellvertreter seines mutmaßlichen Nachfolgers Christian Heidel arbeitet, entfaltet er erstaunlich umfassende Aktivitäten. Außer auf dem Transfermarkt verhandelt Heldt auch im eigenen Haus: Dabei stellen die gewünschten Vertragsverlängerungen mit Matip, Höwedes, Choupo-Moting und Kolasinac eine schwierige Herausforderung dar. Und weiterhin fehlt das klärende Wort des zuständigen Aufsichtsrates in der Managerfrage. Angeblich plant Tönnies, Anfang März in die Öffentlichkeit zu gehen.

Aktuell lassen sich André Breitenreiter und Horst Heldt nicht anmerken, dass die diffuse Situation die Arbeit erschweren könnte. Man hat sich in der Improvisation eingerichtet. Das gilt auch für das Binnenverhältnis zwischen Trainer und Manager, das im Herbst erhebliche Stressattacken aushalten musste. Nun scheint es zumindest die Qualität eines Zweckbündnisses zu haben. Wie belastbar es ist, das erfährt der Klub nach den Ergebnissen der ersten Saisonspiele. Nicht nur am Sonntag gegen Werder müssen (mehr) Tore her, um die angespannte Ruhe in Schalke zu erhalten.

© SZ vom 24.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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