Als die Dortmunder Profis das Stadion verlassen hatten, trat Kapitän Mats Hummels zu den Journalisten. Die Stimme des Weltmeisters, der seine Meinung sonst klar und deutlich vernehmbar kundtut, war gedämpft, dieses Mal gab es Statements in Moll. Hummels berichtete, wie das Team merkte, wie die Stimmung kippte, weil ein Bundesligaspiel plötzlich zur Nebensache geriet. Auf den Rängen war ein 79-jähriger Mann infolge eines Herzinfarktes gestorben - die Fans hörten umgehend auf zu jubeln.
Hummels und alle Beteiligten wurden Zeugen einer gespenstischen Atmosphäre, einer ungewohnten Stille, die einen Profi seiner Leichtigkeit beraubt. "Diese gedrückte Stimmung", berichtete der Manndecker, "die lässt uns doch nicht kalt. Aber wir müssen nichtsdestotrotz unseren Job machen."
Was mehr als 80 000 Menschen am Sonntagabend erlebten, ist eine weitere Facette im Leben der Ruhrmetropole, die sich als Fußball-Hauptstadt Deutschlands definiert. In Dortmund werden sie nicht müde, sich ihrer Fans, ihres Stadions und ihrer einzigartigen Fußballkulisse zu rühmen, die sie am liebsten zum Weltkulturerbe ernennen würden: Größtes Stadion Deutschlands, bester Zuschauerschnitt Europas und größte Stehplatztribüne der Welt. Sonntagabend ist die Hochachtung noch ein Stück gewachsen, weil Dortmunder angesichts des Todesfalles auf den Rängen mit größtmöglicher Sensibilität reagierte.
Reanimation der Rettungskräfte war erfolglos
Reinhard Rauball, Präsident des BVB und der Deutschen Fußball Liga (DFL), trat nach dem Abpfiff der Bundesligapartie zwischen Borussia Dortmund und Mainz 05 vor die Mikrofone und verkündete mit bewegter Stimme, er habe es "noch nie erlebt, dass Zuschauer ihre Trauer und den Respekt vor dem Tod dermaßen geschlossen darbieten. Das hat es in dieser Form wohl noch nie gegeben, ich ziehe den Hut ausdrücklich auch vor den Mainzer Fans, die sich geschlossen in die Reihe gestellt haben."
Zu Beginn der zweiten Halbzeit machte in der riesigen Betonschüssel die Nachricht die Runde, dass es auf den Rängen einen Todesfall gegeben hatte. Für den Rentner kam jede Hilfe zu spät, sein Leben konnte von den Einsatzkräften nicht mehr gerettet werden. Es gab noch einen zweiten Notfall, der Zustand eines 55-jährigen Mannes konnte jedoch im Krankenhaus stabilisiert werden.
Dass unter solchen Umständen ein Punktspiel stattfand, geriet zur Nebensache: Die heimische Borussia schlug Mainz 05 nach Toren von Marco Reus und Shinji Kagawa vor 81 000 Zuschauern mit 2:0 (1:0) und bleibt damit beste Rückrundenmannschaft. Die Spieler blieben auf dem Rasen zunächst in Unkenntnis von dem Vorfall auf den Rängen und spielten weiter. Marco Reus berichtete nach dem Abpfiff, er sei "irritiert" gewesen: "Wir haben nichts mitbekommen, ich habe mehrmals beim Schiedsrichter nachgefragt, warum hier eine solch merkwürdige Stimmung ist."