BVB in der Bundesliga:Dortmunds besonderer Rumpelfußball

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Zufrieden, auch wenn es in Mainz stellenweise gehörig gerumpelt hat: Trainer Marco Rose (links) und Spieler Emre Can. (Foto: Heiko Becker/Reuters)

Das zweite 1:0 binnen vier Tagen bringt den BVB auf vier Punkte an den FC Bayern heran. Für eine echte Chance im Meisterschaftskampf muss sich Dortmund aber steigern.

Von Frank Hellmann, Mainz

Marco Rose begann sein Statement mit einer Entschuldigung. Der Trainer von Borussia Dortmund wollte am Mittwochabend zunächst keine Abbitte dafür leisten, dass seine Mannschaft beim 1:0 bei seinem Ex-Verein FSV Mainz 05 ziemlich viel Glück bemüht hatte, sondern nur erklären, warum er in der Pressekonferenz extra eine Maske trug.

Noch sei er vom tückischen Virus verschont geblieben, weshalb ihm der Mund-Nasen-Schutz im gut gefüllten Pressraum irgendwie sicherer schien, wo der 45-Jährige vom Podium überaus freundlich den an der Wand lehnenden Mainzer Vorstand Christian Heidel begrüßte, der ihn aus gemeinsamen Zeiten im alten Bruchwegstadion als Aktiver noch bestens kennt. Als Coach hatte der gebürtige Leipziger in jüngerer Vergangenheit zuletzt selten so gute Laune wie nach diesem mühsam gewonnen Nachholspiel gegen die nach einem Corona-Massenausbruch erstaunlich widerstandsfähigen Nullfünfer.

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Gegen von Corona gebeutelte Mainzer steht der BVB lange vor Problemen, doch dann ist Axel Witsel zur Stelle - und sorgt für neue Spannung im Titelrennen.

Das zweite schmucklose 1:0 binnen vier Tagen bringt die Westfalen auf vier Punkte an den FC Bayern heran - ob eine besondere BVB-Form von Rumpelfußball den Titelkampf wirklich wieder spannend macht, bleibt zwar ungewiss, aber Rose betonte nicht grundlos, sein Ziel sei immer noch, "eine Gruppe zu schaffen, die in der Lage ist, die großen Spiele zu gewinnen". Einerseits hörte er nun gerne solche Sätze wie vom Nationalspieler Emre Can, dass die "Mannschaft enger zusammengerückt" sei. Andererseits: "Das sagt sich nach so einem Spiel schnell." Da traut einer dem Schulterschluss (noch) nicht. Was der BVB-Coach aber nach einem aus seiner Sicht sogar "rassigen Spiel" herausstellte: "Wir hatten nie ein großes Problem im Miteinander, in der Leistungsmentalität vielleicht."

Ohne fußballerische Steigerung kommt es nicht zum lange vermissten Meisterschaftskampf

Es sei aber "unerlässlich, alle Basics aufs Feld zu bringen - nur über Fußball wird es nicht gehen". Das wird der Fußballlehrer den BVB-Kickern auch vor deren Blackouts in den Cup-Wettbewerben gegen Gegner wie den FC St. Pauli (DFB-Pokal) oder Glasgow Rangers (Europa League) geflüstert haben, doch noch bietet die Bundesliga eine letzte Gelegenheit, das düstere Bild der missratenen Saison zu korrigieren. Insofern sendeten die Schwarz-Gelben ein wichtiges Zeichen aus.

Traf, als es schon schwer nach Unentschieden aussah: Dortmunds Siegtorschütze Axel Witsel. (Foto: Heiko Becker/Reuters)

"Es gibt nur wenige Mannschaften, die in Mainz eine Dominanz aufbauen, dass es scheppert", erklärte Rose und gab zu: "Wir waren der glückliche Gewinner. Viele Chancen und die Kontrolle haben wir nicht gehabt." Doch darum gehe es nicht immer, wie sein Routinier Axel Witsel betonte: "Manchmal kann man nicht schönen Fußball spielen, du musst einfach gewinnen." Der 33 Jahre alte Belgier war es ja, der nach Freistoßflanke von Giovanni Reyna den Ball über die Linie drückte (87.). Vorkämpfer Can wollte einen großen Gewinn aus diesem Erfolgserlebnis ziehen: "Der Sieg schmeckt sehr gut."

Der Nationalspieler hatte erneut eine Not-Abwehrkette mit dem verlässlichen Felix Passlack, dem fast schon vergessenen Marin Pongracic und dem oft maladen Nico Schulz befehligt. "Ich finde es schon außergewöhnlich, dass wir in dieser Kette zum zweiten Mal zu Null gespielt haben", erklärte Rose: "Die letzten zwei Spiele in der Konstellation, und wie die Jungs kämpfen und auftreten, da kann man schon davon reden, Identifikation zu schaffen. Das zweite Spiel hintereinander haben wir die Intensität reingebracht - und eine ähnliche Aufgabe wartet auf uns in Köln." Harte und ehrliche Arbeit sei auch am Sonntagabend wieder angesagt, wenn der BVB schon weiß, ob der Dauermeister Bayern München im Heimspiel gegen Union Berlin womöglich erneut Punkte liegen gelassen hat.

"Uns fehlt Tiefe in Richtung Tor", kritisiert Trainer Rose

Dortmunds Trainer und Spieler fokussieren sich notgedrungen nur noch auf die Liga-Aufgaben, und da würde Rose nach aktuellem Stand die Note "gut", also eine glatte Zwei, vergeben, denn: "Punktemäßig ist das schwer in Ordnung." Tatsächlich hat sich der BVB einen mächtigen Puffer zum Dritten Bayer Leverkusen (elf Punkte Vorsprung) und Vierten RB Leipzig (zwölf) zugelegt. Nur auf die Spitze will Rose nicht wirklich schauen. Die nicht unberechtigten Vorwürfe über die fußballerischen Mängel seiner Mannschaft, abzulesen am fehlenden Kombinationsfluss und einer fast schon erschreckenden Chancenarmut, entgegnete er grinsend, würde diese Frage doch ausschließen.

Dass es ohne Steigerung nicht wirklich zu einem lange vermissten Meisterschaftskampf kommt, weiß er selbst. Das größte Manko derzeit: "Uns fehlt Tiefe in Richtung Tor." Aber wozu bitte führt er denn gerade den lange verletzten Erling Haaland über Kurzeinsätze wieder heran? Mag der Weggang des Stürmers am Saisonende zu Manchester City längst besiegelt sein - darauf deuteten die Aussagen des BVB-Beraters Matthias Sammer unter der Woche hin -, setzt der Trainer trotzdem darauf, dass der 21 Jahre alte Norweger in seinen letzten Dortmunder Wochen noch zum Unterschiedsspieler wird. "Jeder weiß, wie wichtig Erling ist. Ich hoffe, dass er jetzt gesund bleibt und wir seine Form verbessern können", sagte Rose. Spätestens bis zum direkten Duell gegen die Bayern am 31. Spieltag wäre das dringend nötig.

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