Dortmund verliert gegen Hoffenheim:Und plötzlich gerät der BVB aus den Fugen

Lesezeit: 3 min

Dortmunds Julian Brandt übte nach dem 2:3 gegen Hoffenheim deutliche Kritik: Sein BVB macht immer wieder dieselben Fehler. (Foto: Martin Meissner/AP)

"Am Ende war es Chaos": Borussia Dortmund ist gegen Hoffenheim phasenweise überhaupt nicht bei der Sache und verliert ein Achterbahn-Spiel mit 2:3. Das Publikum schäumt.

Von Ulrich Hartmann

Kurz vor dem Spiel gegen die TSG Hoffenheim am frühen Sonntagabend hat Borussia Dortmunds Trainer Edin Terzic auf dem Rasen beim Live-Sender Dazn ein Interview gegeben. Er unterhielt sich dort mit dem Gast-Kommentator Sami Khedira über kurze Pässe und vertikalen Fußball. Zwischen beiden herrschte große Einigkeit über diese Art des Vorwärtsspiels. Terzic lobte das fachkundige Gespräch, die Fans sangen erwartungsfroh "Heja BVB", der Schiedsrichter Marco Fritz pfiff an - und 97 Sekunden später lag Dortmund 0:1 hinten.

Der Abwehrspieler Emre Can hatte am eigenen Strafraum einen miserablen, 20 Meter langen Horizontal-Pass auf seinen Nebenmann Nico Schlotterbeck gespielt. Diesen Pass hat Hoffenheims schneller Stürmer Ihlas Bebou stibitzt und zum 1:0 abgeschlossen. Es hat nur 97 Sekunden gedauert, da hatten die Dortmunder Spieler ihrem Trainer zum ersten Mal an diesem Abend gezeigt, dass Theorie und Praxis ganz unterschiedliche Dinge sein können.

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Das Spiel sollte für Terzic über den misslungenen Start hinaus eine besonders nervenaufreibende Episode aus der Serie "Traumberuf Fußballtrainer" werden. Zunächst drehten zwar seine Dortmunder, nur kurz konsterniert vom Katastrophenstart, das Spiel binnen 22 Minuten und kamen durch Donyell Malen (21.) und Nico Schlotterbeck (25.) zu einer verdienten 2:1-Halbzeitführung. Doch nach der Pause geriet das BVB-Spiel erneut komplett aus den Fugen, während die zuvor achtmal nacheinander sieglosen Hoffenheimer nun sehr effektiv pressten, stark verteidigten und erfolgreich konterten. Durch zwei Treffer von Maximilian Beier (61. und 64.) verpassten sie dem Achterbahn-Spiel eine erneute Volte. Am Ende verloren die Dortmunder tatsächlich im achten Spiel des neuen Jahres erstmals - noch dazu daheim - und versäumten durch die 2:3 (2:1)-Blamage, auf dem vierten Platz den Vorsprung vor RB Leipzig auf vier Punkte auszubauen.

Hoffenheims Maxi Beier gelingen die Aktionen des Abends.

Die Dortmunder hatten am Sonntag zwar auf relevante Spieler verzichten müssen: auf den verletzten Torwart Gregor Kobel, auf den erkrankten Innenverteidiger Niklas Süle und in der Offensive auf Felix Nmecha und Sebastien Haller. Allerdings hätten sie dieses Spiel trotzdem nicht verlieren müssen - nicht verlieren dürfen. Das fand nach dem Abpfiff auch Terzic. "Es ist sehr schwer zu erklären", sagte er, "wir haben nach dem nervösen Start eine gute erste Halbzeit gezeigt, fangen die zweite Halbzeit aber wieder sehr unsauber an - das war diesmal extrem frustrierend." Man sei komplett selbst schuld an dieser Niederlage: "Wir allein haben den Gegner zurück ins Spiel kommen lassen."

Das sah sein Angreifer Julian Brandt ähnlich: "Wir kontrollieren das Spiel in der ersten Halbzeit, verlieren in der zweiten aber plötzlich ganz, ganz drastische Bälle, die Hoffenheimer machen zwei Tore - und der Rest ist Geschichte." Man habe es nach der Pause nicht geschafft, Spielsituationen angemessen auszulegen und richtige Entscheidungen zu treffen. "Am Ende war es Chaos", beschloss Brandt und klang komplett entnervt.

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"Unerklärlich" fand es auch der Torwart Alexander Meyer, der den verletzten Stammkeeper Kobel ersetzt hatte: "Erst zeigen wir eine super Reaktion auf den frühen Rückstand, hören dann aber in der zweiten Halbzeit auf zu spielen. Das dürfen wir nie noch aus der Hand geben."

Nach dem Rückstand rannten die Dortmunder blind an.

Zur Pause hatte im Stadion angesichts der Dortmunder 2:1-Führung noch eine recht versöhnliche Stimmung geherrscht, doch als sich der Vorhang zum zweiten Akt gehoben hatte, sah die Spiel-Dramaturgie neuerliche schwerwiegende Schreckmoment für die Gastgeber vor. Hoffenheims Beier brachte die Borussia binnen vier Minuten schwer in die Bredouille. In der 61. Minute lief er einen Konter, schlug ein paar Haken, zog aus 18 Metern ab und traf Marco Reus, von dessen Körper der Ball für den Torwart Meyer unhaltbar ins Dortmunder Tor abgefälscht wurde. In der 64. Minute brachte Beier die Hoffenheimer dann 3:2 in Führung, als er nach einer Hereingabe von Anton Stach flach einschoss. Im Stadion brodelte es, das Dortmunder Publikum schäumte, manche pfiffen bereits.

Gegen Ende ersetzte Terzic großzügig seine Offensive. Karim Adeyemi nach zwei Monaten Verletzungspause sowie Jamie Bynoe-Gittens und Youssoufa Moukoko kamen ins Spiel. Doch es blieb nur noch eine Viertelstunde Zeit. Die Dortmunder rannten blind an. Acht Minuten vor Schluss jaulte das Stadion noch einmal auf. Nachdem Hoffenheims Florian Grillitsch einen Torschuss von Marcel Sabitzer (unabsichtlich) mit der Hand blockiert hatte, entschied Schiedsrichter Fritz nach Rücksprache mit dem VAR Pascal Müller nicht auf Elfmeter. Dann war Schluss.

Die Hoffenheimer waren selig. "Wir sind super aus der Pause gekommen und haben das Spiel überragend gedreht", bilanzierte Hoffenheims überglücklicher Doppeltorschütze Maxi Beier.

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