Bochums Trainer Thomas Reis:"Ich nehme es brutal persönlich"

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"Mich ärgert maßlos, dass jetzt so eine Geschichte entsteht", sagt Bochums Trainer Thomas Reis. (Foto: Alex Grimm/Getty Images)

Angeblich wollte Thomas Reis im Sommer den Verein wechseln. Nun ärgert sich der Bochums Trainer "maßlos" über das Gerücht - die Verhandlungen wurden dennoch eingefroren.

Von Ulrich Hartmann, Bochum

Am Mittwochabend hat das Handy von Thomas Reis nicht mehr stillgestanden. Ihn erreichten zahlreiche schockierte Nachfragen. Ausgerechnet zum verhassten Revier-Rivalen Schalke 04 habe der Trainer des VfL Bochum jüngst im Sommer wechseln wollen, hatte die Bild gemeldet. Sollte sich das Gerücht bewahrheiten, bekäme der beliebte Reis bei den Bochumer Fans einen schwierigeren Stand. Genau das könnte die Streuung dieser Geschichte aber auch zum Ziel gehabt haben, schließlich ficht der 48-Jährige mit dem VfL Bochum gerade die Bedingungen für eine Vertragsverlängerung über 2023 hinaus aus. Die Positionen scheinen verhärtet zu sein. Die Verhandlungen wurden jedenfalls eingefroren und sollen erst in der WM-Pause im November wieder aufgenommen werden.

"Mich ärgert maßlos, dass jetzt so eine Geschichte entsteht", sagte Reis am Donnerstag in einer Pressekonferenz: "Ich weiß nicht, von wem und warum dieses Gerücht in die Welt gesetzt worden ist, und ich werde vermutlich auch nie erfahren, wer die Informanten waren." Reis verneinte auf Nachfrage, im Sommer mit Schalkern verhandelt und überhaupt eine entsprechende Anfrage erhalten zu haben.

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"Ich werde hier in ein Licht gerückt, das ich nicht verdient habe, aber ich kann definitiv in den Spiegel schauen", sagte der Trainer, dem die kollektiven Sympathien der Fans, die er sich binnen drei Jahren aufgebaut hat, durch dieses Gerücht zumindest teilweise verloren gehen könnten. "Sollten Zuschauer am Samstag bei unserem Heimspiel gegen Werder Bremen der Meinung sein, sich gegenüber meiner Person äußern zu müssen, dann sollen sie das machen", sagte Reis, "aber ich appelliere an alle, die Mannschaft zu unterstützen."

Hätten sich Trainer und Klub bereits im Frühsommer geeinigt, wäre der VfL jetzt nicht in der Bredouille

Seit drei Jahren trainiert der frühere Bochumer Spieler den VfL. Im September 2019 hatte er die Mannschaft auf dem vorletzten Platz der zweiten Liga übernommen und von Saison zu Saison weiter nach oben geführt. 2020 beendete der Klub die Spielzeit als solider Zweitliga-Achter, 2021 stieg er als Zweitliga-Meister in die Bundesliga auf und erreichte dort auf Anhieb Platz 13.

Schnelllebige Liga: Vor vier Monaten, Bochum hatte gerade 4:3 in Dortmund gewonnen und den Klassenerhalt gesichert, war Trainer Thomas Reis noch ein VfL-Held. (Foto: Osnapix/Imago)

Mit derart gestärktem Selbstvertrauen sollen Reis und sein Berater Maikel Stevens, Sohn der Schalker Trainerlegende Huub Stevens, bei den sommerlichen Gesprächen über eine Verlängerung des Vertrags die Anhebung des Jahresgehalts auf eine siebenstellige Summe eingefordert haben. "Bisher konnten wir uns nicht einigen", verkündete Reis vergangene Woche. Daraufhin kochte das Thema plötzlich hoch. Am Donnerstag sagte Reis: "Ich bin absolut angenervt und nehme es brutal persönlich, wenn ich als geldgierig dargestellt werde; das lasse ich nicht auf mir sitzen, ich lasse meinen Namen nicht beschmutzen."

Hätten sich der Trainer und der Klub bereits im Frühsommer geeinigt, in die Euphorie des Klassenverbleibs hinein, dann wäre der VfL jetzt womöglich nicht in einer solchen Bredouille. Auch die sportliche Situation hat sich nach vier Niederlagen in den ersten vier Bundesligaspielen verschlechtert. Zehn für die Mannschaftsmentalität bedeutsame Spieler hat der Verein abgegeben, am Mittwoch hatte der Sport-Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz auch noch seinen letzten Arbeitstag. Er verlässt den VfL auf eigenen Wunsch.

Sportlich läuft es nicht für die Bochumer - ein Ultimatum für den Trainer soll es aber nicht geben

Besonders undankbar ist die Lage für seinen Nachfolger, den 34 Jahre alten Patrick Fabian, der seit 22 Jahren im Verein ist und im Juni 2020 sogar noch unter dem Trainer Reis gespielt hat. Fabian gerät nun zwischen die Fronten. In einer Krisenrunde am Mittwoch sollen sich alle Beteiligten darauf verständigt haben, den Ball erst einmal flach zu halten. "Ich will die Lage hier wieder beruhigen und von allen Nebengeräuschen befreien", sagte Fabian am Donnerstag.

Substanzieller war indes, was der Vorstandsvorsitzende Hans-Peter Villis als einflussreichster VfL-Vertreter sagte: "Wir haben immer betont, dass wir mit Thomas Reis weiterarbeiten wollen, und das ist nach wie vor der Fall." Villis wunderte sich, dass "komischerweise gerade vor ganz entscheidenden Spielen so viele Gerüchte hochkochen". Aber man ändere die Meinung über Reis nicht jetzt, "wo der Druck von außen größer wird; ganz im Gegenteil: Wir haben Vertrauen in Thomas Reis, und das ist auch kein Bauchgefühl, sondern eine Überzeugung." Ein Ultimatum für den Trainer? "Das gibt es nicht, das haben wir intern auch nicht diskutiert. Wir führen diesen Verein nicht nach Gefühl und Wellenschlag und es gibt kein Ultimatum nach dem Motto: Verliert er die nächsten beiden Spiele, dann muss er gehen."

So könnte der erste Schatten auf den Bochumer Hochgefühlen aus den vergangenen Jahren am Ende einem plumpen Vertragsgerangel geschuldet sein. Und sollte mehr dahinterstecken? Könnte es im Herbst doch noch eng werden für Thomas Reis.

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