Bundesliga-Aufsteiger Fürth:Im falschen Film

Lesezeit: 2 min

Bedient nach der Blamage in Babelsberg: Die Spieler von Greuther Fürth fühlten sich nach dem Pokal-Aus so gar nicht wie ein Erstliga-Aufsteiger. (Foto: Soeren Stache/dpa)

Nach dem Pokal-Aus beim Viertligisten Babelsberg sucht der Erstliga-Aufsteiger SpVgg Greuther Fürth mühsam nach positiven Aspekten - Trainer Leitl hofft auf "Eigenmotivation und Freude".

Von Javier Cáceres, Potsdam

Stefan Leitl, der Trainer des Neu-Bundesligisten SpVgg Greuther Fürth, war noch vom Spiel angefüllt, und er sagte einen Satz, der wohl das zusammenfasste, was an einem verregneten Abend in Potsdam geschah. Zumindest aus Fürther Sicht, denn Leitl unterschlug die Euphorie im Karl-Liebknecht-Stadion des SV Babelsberg 03. "Wenn du in der ersten Pokalrunde beim Regionalligisten ausscheidest, nimmst du nix Positives mit", erklärte Leitl am Mikrofon eines TV-Senders. Mit 4:5 hatte seine soeben in die Bundesliga aufgestiegene Mannschaft das Elfmeterschießen beim Regionalligisten verloren, und dass sie überhaupt am Punkt antreten musste, war gewissermaßen die Sensation in der Sensation gewesen. Denn die psychologischen Momente der Partie waren eigentlich auf Seiten der Fürther gewesen. Frühe Führung, Dominanz im Spiel, ein nahezu letztminütiger Ausgleich nach zwischenzeitlichem 1:2-Rückstand in der regulären Spielzeit: All das hatte für die SpVgg gesprochen.

Es half am Ende alles nichts: Vom Samstagabend blieb nur das Gefühl, im falschen Film zu sein. Nun muss der rasch wieder aus den Köpfen verschwinden, und Leitl meinte, das werde geschehen. "Wir haben wenige Spieler bei uns, die schon erste Liga gespielt haben", erklärte er, zum Ligastart seien deshalb "Eigenmotivation und Freude garantiert". Oder setzt sich die Niederlage doch in den Seelen der Fürther fest?

Am kommenden Wochenende wird sich ihre Rückkehr in die Bundesliga kurioserweise beim VfB Stuttgart vollziehen, und der Pokal-Samstag förderte diesbezüglich interessante Vergleichsmöglichkeiten zutage. Nur wenige Stunden bevor Fürth beim SV Babelsberg antrat, lief der VfB in Berlin-Hohenschönhausen auf, beim Babelsberger Regionalliga-Konkurrenten BFC Dynamo. Der VfB siegte, obwohl er ein Dutzend Ausfälle kompensieren musste, mit 6:0. Fürth hingegen? Schaffte es nicht, den Widerstand der Babelsberger zu brechen, die unter der Woche den Trainer ausgetauscht hatten und im Spiel auch noch ein paar Nackenschläge verarbeiten mussten: Stürmer Hrgota hatte die Fürther per Foulelfmeter in Führung gebracht, Julian Green erzielte in der 85. Minute den Ausgleich, nachdem die Babelsberger die Partie durch die Tore von Marcel Rausch (37.) und Marcus Hoffmann (70.) gedreht hatten.

Man muss die Leistung der Babelsberger nicht über Maßen verklären, sie hatten nicht viel mehr (aber auch nicht weniger) zu bieten als einen aufrechten Kampf gegen einen augenscheinlich stärkeren Gegner. Aber dass Babelsbergs David Danko im Elfmeterschießen traf und damit Babelsbergs Einzug in die zweite Pokalrunde ratifizierte, weil zuvor Hrgota und Bauer für Fürth vergeben hatten, trug auch Züge poetischer Gerechtigkeit. "Natürlich haben wir auch Glück gehabt", sagte Babelsbergs Trainer Jörg Buder nach seinem ersten Sieg im ersten Pflichtspiel als alleinverantwortlicher Coach. Aber Anlass zur Scham bestand nicht.

Und Leitl? Vor allem in der Schlussphase sah man ihn entweder mit den Armen vor der Brust oder mit den Händen in den Hosentaschen; nahezu stets mit nach unten gezogenen Mundwinkeln. Angesichts seiner Körpersprache überraschte es, dass er seine Mannschaft nach der Partie doch noch mit dem grünen Klee des Vereinslogos überzog. Sie habe taktisch gut agiert, kaum Chancen des Gegners zugelassen, gute Ballbesitzphasen gehabt, aber nun einmal die Chancen nicht verwertet. Wenn allerdings die Anfälligkeit der Abwehr anhält, die bei den wenigen Gelegenheiten, da die Babelsberger "Hu!" riefen, einen größeren Schrecken bekam, muss man wohl alles nehmen, was vorauseilenden Defätismus vermeidet. Zumal ein Erfolgserlebnis dringend nötig wäre, in der seit gut einem Monat laufenden Vorbereitung hat die SpVgg bisher noch keinen Sieg feiern können.

Vielleicht, meinte Leitl später, komme es seiner Mannschaft in der ersten Liga aber entgegen, nicht als Favorit in die Spiele zu gehen, sondern als Underdog, mit dem niemand rechnet. Und der am Ende vielleicht eine Menge zu feiern hat. Wie die Babelsberger, deren Trainer Buder dem Team erstmal frei gab. Am Montag wolle man sich wieder treffen, sagte er, "und da werden wir wohl etwas Alkohol ausschwitzen müssen".

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: