Bundesliga:Fast ein halber Titel für den BVB

Lesezeit: 3 min

Torschützen gegen Bremen: die BVB-Spieler Paco Alcácer (r.) und Marco Reus. (Foto: dpa)
  • Borussia Dortmund ist nach dem 2:1 gegen Werder Bremen Herbstmeister in der Bundesliga.
  • Torschütze Marco Reus hadert hinterher mit der Chancenverwertung des BVB.
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Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Es ist kein Zufall, dass die Herbstmeistertitel 1994, 1995 und 2010 nicht im Briefkopf von Borussia Dortmund auftauchen, denn der Herbstmeistertitel, so erklärt es Sportdirektor Michael Zorc: "Das ist ja gar kein Titel." Es war am Samstagabend in Dortmund folglich auch nicht so, dass die Spieler sich nach dem Schlusspfiff gegenseitig mit Bier übergossen hätten oder angesichts der eisigen Kälte wenigstens mit Glühwein, denn auch Dortmunds vierter Herbstmeistertitel wird allenfalls in die Vereinschronik Einlass finden - aber nicht in den Briefkopf.

Der mühsame 2:1 (2:1)-Sieg gegen Werder Bremen sorgte immerhin für die bislang früheste Dortmunder Herbstmeisterschaft. Diese neun Punkte vor Borussia Mönchengladbach und dem FC Bayern nach nur 15 Spieltagen sind im Grunde einen halben Titel wert, denn immer, wenn Dortmund Herbstmeister war, wurden sie später auch Meister. Vielleicht auch deshalb sangen die Fans bereits in der ersten Halbzeit: "Wer wird deutscher Meister? BVB Borussia!" 2002 und 2012, das zur Info, wurde Dortmund sogar Meister, obwohl es damals nach der Hinrunde nur Zweiter war.

Dortmund geht ziemlich fahrlässig mit seinen Chancen um

Bremens Trainer Florian Kohfeldt war ein kleines bisschen enttäuscht von der Niederlage. "Für ein Auswärtsspiel in Dortmund hatten wir sehr viele Chancen - es war nicht unmöglich, hier etwas mitzunehmen." Damit hatte er einerseits Recht. Andererseits hatte sein Team nach der Pause bloß noch eine Großchance - im Gegensatz zum verschwenderischen BVB. "In der zweiten Halbzeit haben wir kein gutes Spiel mehr gemacht", sagte Dortmunds Marco Reus deshalb harsch, "wir hätten einfach das dritte Tor machen müssen." BVB-Trainer Lucien Favre fand, "dass wir nicht so gut verteidigt haben", aber dass man angesichts von acht Torchancen offensiv zu uneffektiv war, hat er schon auch gesehen. "Wir haben es uns selbst schwergemacht."

Von den 14 Spielern, die dem BVB am vergangenen Dienstag in Monaco den Gruppensieg in der Champions League beschert hatten, standen sieben gegen Bremen nicht in der Startelf und drei (Marcel Schmelzer, Marius Wolf, Sergio Gomez) nicht mal im Kader. So etwas wie Dankbarkeit kann sich der Trainer Favre nicht leisten, weil er zwei Dutzend sehr starker Spieler im Kader hat und weil sich sein Team trotz Tabellenführung und dem Erreichen von Champions-League- und DFB-Pokal-Achtelfinale jetzt keine Blöße geben darf. Dazu nahm Favre gegen Bremen acht Änderungen in der Startelf vor und rotierte bislang überzeugende Spieler wie Manuel Akanji, Axel Witsel, Thomas Delaney oder auch Jadon Sancho zurück ins Team.

Vor dem Spiel war Nuri Sahin von Borussia Dortmund verabschiedet worden. Sahin, zuvor elf Spielzeiten für den BVB aktiv, spielt seit dem Sommer in Bremen und gastierte nun erstmals als Gegner im Dortmunder Stadion. Die Fans jubelten ihm zu, doch die Zuneigung hatte nur eine kurze Halbwertszeit, denn als die Bremer in den ersten sechs Minuten die ersten beiden Eckbälle vors Tor schlugen, pfiffen die Fans den Gegner Sahin bereits aus.

Klaassen verletzt sich, als er ein Tor verhindert, das gar nicht gezählt hätte

Die erste gute Chance hatte Dortmund, als Paco Alcácer in der siebten Minute den Torwart Jiri Pavlenka überlupfte und der Ball nur deshalb nicht ins Tor ging, weil Davy Klaassen unter Inkaufnahme eines schmerzhaften Sturzes ins eigene Tornetz den Ball gerade noch an den Pfosten lenkte. Klaassens Pech: Der Treffer hätte eh nicht gezählt, weil Alcácer vorher im Abseits war. Vier Minuten später beklagten Dortmunds Fans, dass Klaassen im eigenen Strafraum Marco Reus zu Fall brachte, doch wurde weder der mögliche Elfmeter gegeben noch konnte Klaassen anschließend weiterspielen. Er wurde in der 18. Minute durch Kevin Möhwald ersetzt.

Ein Freistoßtrick brachte Dortmund in der 19. Minute in Führung. Reus und Raphael Guerreiro taten nahe des Strafraumecks so, als hätte es bei der Ausführung ein Missverständnis zwischen ihnen gegeben, und als Guerreiro sich danach ganz langsam wieder dem immer noch ruhenden Ball näherte, flankte er plötzlich sehr schnell ins Zentrum, wo Alcácer die abwartende Haltung der getäuschten Bremer Abwehrspieler nutzte, um ungestört das 1:0 zu köpfen. In der 27. Minute schien Reus mit dem 2:0 (nach Vorlage von Sancho) schon alles klar zu machen, aber mit halber Kraft kann man Bremen in dieser Saison nicht besiegen. Als sich ihm die kleine Chance eröffnete, drosch Kruse den Ball in der 35. Minute aus 18 Metern in den Winkel. Nur noch 2:1 für den BVB: ein Halbzeitergebnis, mit dem die Gäste gut leben konnten. Denn so blieben sie im Spiel.

Kurz nach dem Wiederanpfiff hätte Kruse sogar beinahe den Ausgleich erzielt, doch Roman Bürki lenkte den Ball soeben noch um den Pfosten. Das hätte ein Warnschuss für die Dortmunder sein sollen, aber sie verloren ihre Stabilität kurzfristig. Delaney und Witsel wirkten in einer kurzen Spielunterbrechung gestenreich auf ihre Kollegen ein. Mit Erfolg. Die Dortmunder holten sich Spielanteile und Chancen zurück, doch sie vergaben die Gelegenheiten zur frühen Entscheidung: Sancho allein vor Pavlenka (68.), Reus knapp übers Tor (71.), Reus rutscht an einer Mario-Götze-Hereingabe vorbei (86.). In der sechsten Minute der Nachspielzeit traf Götze, stand aber vorher im Abseits. So blieb es beim knappen Vorsprung, für den es laut Reglement auch drei Punkte gibt.

© SZ vom 16.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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