Simone Biles bei Olympia:"Ein wahrer Champion"

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Simone Biles. (Foto: Gregory Bull/AP)

Nach ihrem Ausstieg aus dem Mannschaftsbewerb verzichtet US-Turnerin Simone Biles auch auf den Einzel-Mehrkampf - und bekommt für ihren offenen Umgang mit den Hintergründen der Entscheidung Lob von allen Seiten.

Simone Biles wird nicht im Einzel-Mehrkampf bei den Olympischen Spielen in Tokio antreten. Einen Tag nach ihrem Rückzug beim Mannschaftsfinale hat die 24-jährige US-Amerikanerin am Mittwoch ihren Startverzicht für den nächsten Wettbewerb verkündet. Wie der US-Turnverband mitteilte, sei die Entscheidung nach einer medizinischen Bewertung gefallen, um den Fokus auf ihre mentale Gesundheit zu richten. "Simone wird weiterhin täglich bewertet, um herauszufinden, ob sie in den Einzel-Finals in der kommenden Woche teilnehmen kann", schrieb der Verband.

Die viermalige Olympiasiegerin von Rio war am Dienstagabend aus dem Mannschaftsfinale nach nur einem Gerät, dem Sprung, ausgestiegen. Anschließend erklärte sie, dass mentale Probleme der Grund dafür waren. "Ich sage, die mentale Gesundheit steht an erster Stelle. Daher ist es manchmal in Ordnung, die großen Wettbewerbe sogar auszusitzen, um sich auf sich selbst zu konzentrieren. Es zeigt, wie stark du als Wettkämpfer und Person wirklich bist anstatt sich einfach durchzukämpfen", sagte sie und sprach vom "Kampf gegen Dämonen" vor dem Wettkampf.

Für ihren offenen Umgang insbesondere bei einem sportlichen Höhepunkt wie den Olympischen Spielen schlugen der 19-maligen Weltmeisterin aus der amerikanischen Öffentlichkeit Respekt, Anerkennung und eine Welle der Sympathie entgegen. "Dankbarkeit und Unterstützung sind das, was Simone Biles verdient", twitterte Jen Psaki, Sprecherin des Weißen Hauses. Biles sei immer noch die Größte, "und wir alle haben das Glück, sie in Aktion sehen zu können", schrieb sie weiter. Mark Adams, Sprecher des Internationalen Olympischen Komitees, erklärte: "Abseits von allem anderen, haben wir Riesenrespekt vor ihr und unterstützen sie stark." Michelle Obama, ehemalige First Lady, twitterte: "Bin ich gut genug? Ja, ich bin gut genug. Das Mantra, das ich täglich praktiziere. Simone Biles, wir sind stolz auf dich und drücken dir die Daumen."

Rekord-Olympiasieger Michael Phelps, der 2018 seinen eigenen Kampf mit Depressionen und Suizidgedanken nach den Sommerspielen 2012 offenbart hatte, sagte, Biles' Kampf zu sehen, habe ihm "das Herz gebrochen". Der spanische Basketballer Pau Gasol, der sich zur Wahl als Athletensprecher im IOC stellt, sicherte Biles seine Unterstützung zu. "Mentale Gesundheit ist ein wichtiger Bestandteil unserer Gesundheit und muss immer Priorität haben. Wir brauchen eine Sportwelt, die das emotionale und mentale Wohlbefinden in den Fokus rückt", schrieb der ehemalige NBA-Champion auf Twitter und fügte an Biles gewandt an: "Danke, dass Du Deine Plattform genutzt hast, Du bist ein wahrer Champion!" Die französische Schwebebalken-Europameisterin Melanie De Jesus Dos Santos sagte: "Ich denke, sie hat das Richtige getan."

Auch die amerikanischen Medien kommentierten Biles' Verzicht positiv - und nachdenklich: "Simone Biles und der Preis dafür, die Größte zu sein. Was tun wir? Brechen wir unsere Athleten? Ehrlich, mittlerweile sollten wir all dies kommen sehen. Sport ist Spaß, bis er zum Job wird. Und alles zusammen - die Arbeit, der Hype, die Hoffnungen, der Leistungsstandard, die Erwartungen - kann schnell zu viel werden", schrieb die Washington Post. Die New York Times schlug einen ähnlichen Ton an: "Simone Biles hat die Mentalität einer wahren Meisterin gezeigt. Welche Art Champion gibt bei den Olympischen Spielen auf? Einer, der seine Grenzen kennt und bremst, bevor er hineinrast. Mit ihrem Rückzug hat sie ein Statement abgegeben, das so stark ist wie jede ihrer sportlichen Leistungen: Sie sagte ,genug'. Sie wehrte sich gegen das traditionelle amerikanische Narrativ, das Gold um jeden Preis will. Wir sollten bedenken: Simone Biles mag einen US-Sportanzug tragen, aber sie arbeitet nicht für uns. Egal, welche Hoffnungen und Träume wir in sie investiert haben, sie hat sich ihren Startplatz verdient, und sie entscheidet. Athleten und ihre körperliche und geistige Gesundheit sind keine Handelsware. Biles weiß das."

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