Bekleidung im Sport:Freiheit für die Hosenlänge

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So geht es auch: Torwurf im Sand in Leggins. (Foto: Kenny Beele/Beautiful Sports/Imago)

Beachhandballerinnen dürfen statt Bikini-Unterteilen endlich Shorts tragen: Was Bekleidungsvorschriften über die Stellung des Frauensports aussagen.

Von Barbara Klimke

Lang, kurz, locker oder enggeschnürt: Das Problem begleitet den Sport, seit sich Frauen erstmals die Freiheit zu solch athletischem Vergnügen nahmen. So beobachtete das englische Magazin Field bereits im Jahre 1885: "Die gegenwärtige gesunde Gepflogenheit, sich in aktivem Zeitvertreib unter freiem Himmel zu ergehen, wird leider stark durch die weibliche Kleidung eingeschränkt." Damals wurde in Wimbledon bereits ein Ladies-Wettbewerb ausgespielt: mit Korsett, bodenlangen Kleidern, Unterrock und Strohhut auf dem Kopf.

Insofern hatte Charlotte "Lottie" Dod Glück, dass sie 1887 im Alter von 15 Jahren den ersten ihrer fünf Titel auf den Rasenplätzen gewann: Sie war so jung, dass das Klub-Komitee ihr ausnahmsweise gestattete, in einem wadenlangen, weißen Schulkleid zu spielen - mit dicken schwarzen Strümpfen an den Beinen. Noch gut dreißig Jahre später, als die Französin Suzanne Lenglen das Spiel mit ihrer Dynamik, ihren luftigen Kleidern im Flapper-Stil und bunten Haarbändern revolutionierte, sorgten nackte Oberarme, die ein Tennisracket schwangen, für einen handfesten Skandal.

Die bisher vorgeschriebene Kleidung: Rebeka Bezsay aus Ungarn im Beachhandball-EM-Finale 2019. (Foto: Uros Hocevar/Ritzau Scanpix/Imago)

Im Jahr 2021 ist das Thema immer noch akut, was einiges aussagt über die gesellschaftliche Stellung des Frauensports. Gerade erst hat der Handball-Weltverband die Kleiderordnung für die Beachhandballerinnen geändert. Sie dürfen nun tatsächlich vom 1. Januar 2023 an "kurze, eng anliegende" Shorts bei internationalen Wettbewerben tragen. Bisher wurden ihnen Bikinihöschen, maximal zehn Zentimeter Seitenbreite, vorgeschrieben. Gegen diese Art der Fremdbestimmung, die regelt, bis auf wie viele Quadratzentimeter Stoff sich eine Frau zu entblättern hat, hatten Norwegens Nationalspielerinnen scharf protestiert. Im Juli bei der Europameisterschaft waren sie in entschiedener Nichtachtung der Order in längeren Sporthosen durch den Sand gehechtet - was ihnen prompt wegen "unangemessener Bekleidung" eine Strafzahlung von 1500 Euro eintrug.

Das Denkmuster ist stets dasselbe: Es geht um das gefällige Bild der Frau, die öffentliche Darstellung von Athletik und Körperlichkeit

Ob Verhüllung oder Enthüllung angeordnet wird, das unterliegt über die Epochen hinweg im Grunde nur einem gesellschaftlichen Konsens, abhängig vom jeweiligen Kulturkreis. Die Sportart Beachvolleyball beispielweise hat jüngst eine Debatte darüber führen müssen, ob die Spielerinnen im Emirat Katar der Aufforderung folgen sollen, sich züchtig zu bedecken. Das Denkmuster ist bei derlei Dresscodes im Sport stets dasselbe geblieben: Es geht um das gefällige Bild der Frau, um die öffentliche Darstellung von Athletik und Körperlichkeit - mal prüde wie im viktorianischen Zeitalter, mal sexy, weil es womöglich Fernsehen und Sponsoren so gefällt.

Die Frage, warum der Handball-Weltverband nicht auf die Idee kam, den Männern mal knappe Badehöschen zu verordnen, hat sich nie gestellt. Ebenso wenig, weshalb die Gentlemen schon anno 1885 in bequemen Knickerbockers Tennis spielten. Schön wär's, wenn jede Athletin nun langsam selbst entscheiden könnte, welchen Hosenbund und welche Hosenbeinlänge sie beim Ballspiel für passend hält.

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