Biathlon:Dahlmeier trainiert Gelassenheit in 6800 Metern Höhe

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Laura Dahlmeier: Holte fünf WM-Medaillen in Oslo (Foto: Getty Images)

So mancher Wintersport bangt um die Zukunft, im deutschen Biathlon ist das anders - auch wegen Laura Dahlmeier.

Von Volker Kreisl

Die prägende Aussicht war die im Tal. Laura Dahlmeier liebt das Klettern und das Bergsteigen, und sie entdeckt immer Neues. Sie klettert in den Alpen und in Kalifornien, macht Expeditionen auf den Mont Blanc und kürzlich auch auf den Ama Dablam. Der liegt im Himalaja und ist 6800 Meter hoch. Am stärksten haften von der Reise nach Nepal blieb in ihr aber der Anblick von unten. "Du wanderst durch die Täler, und rechts und links ragen die Wände der Achttausender auf", sagt Dahlmeier, "das ist krass."

Schon länger ist Dahlmeier, 23, wieder zurück, sie hat das Rollertraining im Sommer hinter sich, eine kleine Erkältung im Herbst, ein Schnee-Trainingslager in Norwegen, und sie wird am Sonntag in der Mixed-Staffel zusammen mit Franziska Hildebrand, Benedikt Doll und Arnd Peiffer in die Saison starten. Aber die Wirkung der Achttausender auf Laura Dahlmeier (1,63 Meter groß) besteht weiter. "Bergsteigen", sagt sie, "trägt zur Gelassenheit bei."

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In der Schlussrunde beim Massenstart bezwingt sie clever Kaisa Mäkäräinen aus Finnland. Für die 22-Jährige ist die fünfte Medaille der Abschluss einer großartigen WM.

Angst vor Sponsorenflucht hat sich erledigt

Nicht nur sie , auch das gesamte deutsche Biathlon wirkt entspannt seit zwei Jahren. Die Probleme vieler anderer Sportarten, die bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi leer ausgingen und in Zeiten einer strengen Leistungssportreform um die Zukunft bangen müssen, hat die Skijagd-Sparte nicht. Der Deutsche Skiverband ist ja ohnehin von öffentlichen Fördergeldern weitgehend unabhängig.

Aber auch die Angst vor einer Sponsorenflucht, die vor vier Jahren noch umging, hat sich erledigt. Das hat viele Ursachen. Ein beständiges Männerteam, geglückte Trainerwechsel und eine Frauenmannschaft mit immer neuen Überraschungen und Optionen. Dass die so erfolgreich ist, liegt wiederum zu guten Teilen am sportlichen Aufstieg der Laura Dahlmeier. Und der hat auch mit den Bergen zu tun.

Der Anblick von einem Achttausender, dann der Aufstieg, das kann die Verhältnisse im Kopf eines Sportlers zurechtrücken. Dahlmeier kommt ja nur langsam und unter ständiger Beachtung ihrer körperlichen Verfassung hinauf in die dünne Luft. Andererseits ist die Höhe auch ein guter Ansporn: "Wenn du in der Wand hängst und tausend Meter runterschaust und dir denkst, boah, kann ich da weit fallen, kommst du nicht weit. Du musst dir klar machen, was du schon geschafft hast." Und so ist es im Leistungssport auch.

Die Gelegenheit, um sich umzuschauen und über die Fallhöhe zu erschrecken, gab es oft schon, etwa in Nove Mesto, bei der WM 2013, als Dahlmeier als 19-jährige Debütantin die Staffel an die Spitze des Feldes führte und auch im letzten Schießen die Nerven behielt. "Wenn ich mich umschaue und sehe da Tausende, die auf mein Schießen warten, dann ist das eher Rückenwind für mich", sagt Dahlmeier, "ich kann's für mich positiv ummünzen."

Im März holte sie in Oslo in sämtlichen WM-Wettbewerben eine Medaille, einmal Gold, einmal Silber und dreimal Bronze. Die nächste WM findet im Februar in Hochfilzen in Österreich statt, von Dahlmeiers Wohnort Garmisch braucht man mit dem Auto nur zwei Stunden dorthin. Es wird also ziemlich laut am Schießstand, Dahlmeier sagt: "Das macht nichts, ich kann mit dem Druck umgehen."

Dahlmeier ist die Verlässlichste im Frauen-Team, das viel Potenzial hat und auch spannende Fragen aufwirft. Es geht ja schon um die Positionen für das Olympiateam 2018, und so wird sich vielleicht klären, ob Franziska Hildebrand, 29, nachdem sie sich im Schießen, im Laufen und dann auch in den Unterdisziplinen Sprint, Ellbogeneinsatz und Effizienz am Schießstand weiter verbessert hat, ob sie nun auch eine echte Siegläuferin wird. Und: Gelingt Franziska Preuß, 22, ein weiterer Sprung nach vorne? Schafft es die ehemalige Langläuferin Denise Herrmann, 27, auch mit Gewehr schnell zu skaten und mit diesem präzise zu schießen? Ihren ersten Wettkampf im zweitklassigen IBU-Cup am Freitag hat sie schon gewonnen. Und wie weit ist Miriam Gössner, 26, auf ihrem Weg von der schweren Rückenverletzung 2013 zurück an die Spitze? Erste Hinweise gibt es ab nächsten Mittwoch, wenn die Saison mit den Langstreckenrennen so richtig beginnt.

© SZ vom 26.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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