Biathlon:Aufruf zur Frechheit

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Auch einen Tag danach noch ein umstrittenes Manöver: Im Schlussspurt wechselt der Italiener Dominik Windisch (l.) mehrfach die Spur und bremst den Deutschen Arnd Pfeiffer (dahinter) so mutmaßlich aus. (Foto: Andrew Medichini/AP)

Die Deutschen beschäftigen sich noch immer mit dem Zieleinlauf-Ärger und wollen nun selbst ihr Verhalten auf den letzten Metern ändern.

Von Saskia Aleythe

Zwischen den Wettkampftagen werden Stimmen von Biathleten oder Trainern übers Smartphone vom Pressesprecher verschickt, sie suchen sich also aus, auf welche Themen sie eingehen. Nun war Gerald Hönig eben an der Reihe, nachdem er eine Nacht hinter sich gebracht hatte nach dem Mixed-Wettbewerb am Dienstag - der Frauen-Bundestrainer übermittelte den Begriff: "Gummi-Paragraf". Es beschäftigte sie noch, dass Italiens Schlussläufer Dominik Windisch dem Deutschen Arnd Peiffer auf den letzten Metern den Weg abgeschnitten hatte, indem er von der rechten Seite noch nach links gezogen war - und so Italien Bronze bescherte. Was die deutsche Mannschaft noch mehr beschäftigte: dass der Biathlon-Weltverband IBU ihren Protest abgelehnt hatte.

"Ich bin ein bisschen enttäuscht", sagte Hönig, "ich hätte gedacht, die Jury wird da eine konsequentere Entscheidung Richtung Fairness treffen." Zum einen waren sie überzeugt, dass eine Behinderung von Peiffer vorgelegen hatte. Zum anderen befanden sie: Die IBU-Regeln seien zu schwammig formuliert. Das Wort Korridor etwa kommt in den Wettkampfregeln des Verbandes vor, aber nur in Kombination mit dem Start- und nicht mit dem Zielbereich: Als vor ein paar Jahren die Regel eingeführt wurde, dass ein Athlet auf den letzten Metern vor der Ziellinie nicht mehr die Spur wechseln darf, wurde das mündlich kommuniziert, aber offenbar nicht schriftlich festgehalten. 160 Seiten umfasst das Regelwerk - was sich dort auch findet: "Es ist streng verboten, andere Wettkämpfer auf irgendeine Weise zu irgendeiner Zeit während des Wettkampfs zu behindern." Die Auslegung dazu ist in der Tat dehnbar.

Hönig weiß, dass er mit der Entscheidung jetzt leben muss, wollte den Mangel im Regelwerk aber "an entsprechender Stelle noch mal anbringen". Und dann sagte er etwas, was man auch als Angriffsmodus für die noch ausstehenden Staffelwettbewerbe verstehen konnte. "Wir werden noch mal das Verhalten im Zieleinlauf thematisieren", sagte er im Hinblick auf Gespräche mit den eigenen Athleten, "dass man da vielleicht auch ein bisschen mehr Frechheit zeigt und wir uns am Rande des Möglichen durch das Reglement bewegen, um uns auch durchzusetzen in solchen Situationen." Nur nicht zu brav sein also. Drei Zielsprints mussten die Männer bei den Spielen in Südkorea absolvieren, Simon Schempp verlor seinen im Massenstart um Gold per Fotofinish, Erik Lesser im selben Rennen seinen um Bronze. Und dann noch Peiffer gegen Windisch in der Mixed-Staffel.

© SZ vom 22.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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