Becker bei den Australian Open:Machtlos gegen 22 Asse

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Bald im Davis Cup? Benjamin Becker bei den Australian Open (Foto: Getty Images)

Ass, Ass, Ass, Ass, Spielgewinn: Der Aufschlag von Milos Raonic ist zu stark für Benjamin Becker. In der dritten Runde der Australian Open scheidet der 33-Jährige als letzter deutscher Spieler aus - zeigt aber, dass er ein Kandidat für den Davis Cup ist.

Von Gerald Kleffmann, Melbourne

Nein, es ging nicht gut los. Erster Punkt an Raonic, zweiter Punkt an Raonic, dritter Punkt an Raonic, vierter Punkt an Raonic, Spiel, 0:1. Dann startete Benjamin Becker mit seinem ersten Aufschlagspiel. Doppelfehler. Dann folgten zwei Vorhandschüsse von Raonic. Erst beim achten Versuch gelang dem 33-Jährigen ein Punkt - er brauchte ein Ass dafür. 22 Asse kassierte Becker insgesamt in den 1:41 Stunden, die er Gegenwehr leisten konnte. Das bedeutete im Prinzip: Milos Raonic, 24, Kanadier und gefürchtet für seinen kompromisslosen Aufschlag, hat fast einen ganzen Satz nur aufgrund seiner unerreichbaren Kanonengeschosse gewonnen.

Ob es Spaß gemacht habe, gegen Raonic zu spielen, wurde Becker später von einem amerikanischen Reporter mitfühlend gefragt, er sollte sich eine Antwort in einer Skala von eins bis zehn aussuchen. Becker wollte nicht antworten. Wahrscheinlich, weil die Null nicht dabei war als Option.

Am bizarrsten verlief das fünfte Spiel

4:6, 3:6, 3:6 verlor der Saarländer aus Merzig, der schon lange in Dallas, Texas, mit Frau und zwei Kindern lebt, sein Drittrundenmatch. Damit ist der letzte Deutsche im Männerfeld bei den Australian Open in Melbourne ausgeschieden; Julia Görges tritt ja am Sonntag in ihrem Achtelfinalmatch gegen die Russin Jekaterina Makarowa an. Becker versuchte, mit der unangenehmen Spielweise seines Gegners klarzukommen, "aber es war schwer, den Rhythmus zu finden". Am bizarrsten verlief das fünfte Spiel. Raonic schlug drei Asse in Serie, dann Doppelfehler, Ass, Spiel. Becker hätte sich auch schon fünf Minuten früher auf die Bank setzen und dem Kontrahenten von dort aus zusehen können, er hätte den Ball nicht weniger berührt mit dem Schläger.

"Am Anfang habe ich den Aufschlag gar nicht lesen können", sagte Becker, der in der Weltrangliste zurzeit auf Rang 41 geführt wird. Raonic ist Achter im ATP-Ranking. Im zweiten und dritten Satz ging es dann besser, "aber er hat sich auch hinten stark verbessert" urteilte Becker richtig. 16 Mal spielte Raonic den Ball von der Grundlinie aus so, dass Becker nicht mehr an den Ball kam. Er, der selbst gerne von hinten attackiert, schaffte in dieser Statistik nur einen Wert von sieben.

"Ich würde nie für den Davis Cup absagen"

Becker, der in der Runde zuvor nach einem 0:2-Satzrückstand den Australier Lleyton Hewitt niedergerungen hatte, wusste vorab um die Rollen auf dem Platz, die waren "klar verteilt". Er nahm dabei die Position des Außenseiters ein, doch eine Siegchance sah er auch. "Ich habe ihn ja schon mal geschlagen", 2012 war das, auf Rasen beim ATP-Turnier in Memphis. Zweimal hatte er gegen ihn verloren.

Noch überwog nach dem Ausscheiden diesmal die Enttäuschung bei Becker, der mit seiner Leistung in Melbourne auf alle Fälle ein Kandidat für das deutsche Davis-Cup-Team ist. In der Weltrangliste ist Becker nach Philipp Kohlschreiber (24.) zurzeit der zweitbeste Deutsche, und Anfang März bestreitet die Auswahl des DTB ihre Erstrundenpartie gegen Frankreich in Frankfurt. "Wenn ich nominiert werde, werde ich nie für den Davis Cup absagen", sagte Becker, der aber auch keine Forderungen stellte. "Das ist dem Teamchef überlassen", sagte er und erwähnte Carsten Arriens.

Dass dieser gerade in die Schlagzeilen geriet, weil er in seiner Funktion als Bundestrainer kein vom DTB-Präsidium gefordertes Annäherungsgespräch mit Kohlschreiber in Melbourne zustande brachte, habe Becker grob mitbekommen. Arriens und Kohlschreiber hatten sich im vergangenen Jahr zerstritten. Natürlich wollte Becker wenig zu dieser mal wieder unrühmlichen Causa des Davis-Cup-Teams sagen, er hätte wohl nur etwas Falsches von sich geben können. Einen sehr guten Satz sprach er dennoch aus, ganz allgemein: "Natürlich wäre es gut, wenn Ruhe einkehrt."

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