Affäre um die WM 2006:Beckenbauer könnte Strafe entgehen

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Franz Beckenbauer im April 2019 bei einem Besuch des Fußball-Museums. (Foto: dpa)
  • Franz Beckenbauer könnte wegen gesundheitlicher Probleme einer Strafe im Prozess um die WM-2006-Affäre entgehen.
  • Die Schweizer Bundesanwaltschaft hat überraschend eine "Verfahrensabtrennung" gefordert.
  • Ex-DFB-Präsident Theo Zwanziger, ebenfalls Beschuldigter des Verfahrens, will der Abtrennung widersprechen.

Von Thomas Kistner, München

Franz Beckenbauer könnte einer Strafe in der WM-2006-Affäre entgehen. Anfang Juli eröffnete die Schweizer Bundesanwaltschaft (BA) den übrigen Prozessbeteiligten überraschend, dass sie unter anderem wegen anhaltender gesundheitlicher Probleme Beckenbauers eine "Verfahrensabtrennung" beabsichtige. Dies würde nahezu sicher zur Verjährung des Verfahrens gegen Beckenbauer führen; der damalige WM-OK-Chef ist eine Schlüsselfigur im Prozess. Der frühere DFB-Präsident Theo Zwanziger, ebenfalls Beschuldigter des Verfahrens, erklärte, dass er der Abtrennung widersprechen werde. "Natürlich werden wir bei der Schweizer Bundesanwaltschaft diesem Abtrennungsersuchen massiv widersprechen", sagte Zwanziger. "Es geht nicht, dass ein Beschuldigter hier aus der Verantwortung gelassen wird." Beckenbauer selbst hatte jüngst von einem Augeninfarkt berichtet.

Zwanziger fühlt sich überrumpelt. Die BA setzte eine nur einwöchige Erklärungsfrist, erweitert wurde sie bis 19. Juli. Zwanziger fordert ein unabhängiges Gesundheitsattest, das Vorliegende, das den Gesundheitszustand von Beckenbauer in Frage stellt, habe laut seiner Anwälte den Charakter eines Parteigutachtens. Sie benannten der BA diverse öffentliche Auftritte Beckenbauers im Jahr 2019, darunter einen Besuch des deutschen Fußball-Museums am 13. April. Beckenbauer trat gegen Ende der Bundesliga-Rückrunde außerdem wiederholt beim Sender Sky auf sowie vor einer Woche beim Golfturnier "Kaiser Cup".

Franz Beckenbauer am 12. Juli 2019 beim "Kaiser Cup" bei einem Auftritt mit dem Komiker Matze Knop. (Foto: Getty Images)

Die Anwälte Zwanzigers pochen zudem auf ein Bundesgerichtsurteil von 2017, nach dem nur ein einheitliches Verfahren auch das Gleichbehandlungsgebot für alle Beteiligte gewährleisten könne. Überdies sei ohne die Zentralfigur Beckenbauer keine sachgerechte Bewertung des Geschehens möglich.

Im Schweizer Strafverfahren geht es um den Verdacht auf Betrug, Untreue und Geldwäsche, beschuldigt werden auch die Ex-DFB-Präsidenten Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach, der ehemalige Generalsekretär Horst R. Schmidt sowie der damalige Fifa-General Urs Linsi. Für alle gilt die Unschuldsvermutung. Der Fall dreht sich um 6,7 Millionen Euro, die 2005 vom deutschen WM-OK über die Fifa an den früheren Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus flossen. Drei Jahre zuvor war exakt dieser Betrag von Beckenbauer und Louis-Dreyfus an den Fifa-Vorstand Mohamed bin Hammam nach Katar geflossen. Die ob ihrer schleppenden Arbeit und zu großer Nähe zur Fifa-Spitze kritisierte BA hatte das WM-Verfahren im Herbst 2015 eröffnet, Anklagen gibt es bis heute nicht. Liegt Ende April 2020 kein Urteil vor, tritt die Verjährung ein.

© SZ vom 20.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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