Beachvolleyball:Ludwig/Walkenhorst packen noch ein Zückerchen drauf

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Die Beachvolleyballerinnen Kira Walkenhorst (Mitte rechts) und Laura Ludwig (Mitte links) feiern den Gewinn der Deutschen Meisterschaft. (Foto: Axel Heimken/dpa)

Die Olympiasiegerinnen im Beachvolleyball runden ihren phänomenalen Sommer mit der deutschen Meisterschaft ab - ihre Zukunft haben sie genau geplant.

Von Felix Meininghaus, Timmendorfer Strand

Wenn man ganz oben auf der Karriereleiter steht, dann geht der Blick in einer ruhigen Minute schon Mal zurück zu den Zeiten, in denen es nicht so gut lief. Oder in denen die Laufbahn am seidenen Faden hing - wie im Falle von Laura Ludwig: Im August 2004 verlor die damals 18 Jahre junge Beachvolleyballerin während des Trainings plötzlich das Gefühl in ihrem linken Arm. Als dann auch noch die linke Mundhälfte taub wurde und Ludwig keinen klaren Satz mehr rausbrachte, alarmierte ihr damaliger Trainer Olaf Kortmann den Notarzt, der einen Schlaganfall diagnostizierte.

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Die Verantwortlichen haben die Täter wohl identifiziert. Frankfurts Vorstand Hellmann fürchtet Schlimmes im Rückspiel. Die deutschen Basketballer blamieren sich erneut.

Als die junge Frau, die am Anfang ihrer phänomenalen Karriere stand, ohne Folgeschäden in den Sand zurückkehrte, kritisierte sie die sensationsheischende mediale Aufmerksamkeit an diesem Zwischenfall vehement: "Als Sara Goller und ich als jüngstes Team der Geschichte ein Turnier der nationalen Beachserie gewonnen haben, standen keine Kameraleute vor meiner Tür. Ich musste erst einen Schlaganfall bekommen, damit sich jemand für mich interessiert."

Zwölf Jahre später hat sich dieser Zustand fundamental geändert: Seit Wochen stehen Laura Ludwig und ihre jetzige Partnerin Kira Walkenhorst im Fokus, die Gründe dafür sind jedoch dieses Mal einzig und allein sportlicher Natur. Der spektakulär herausgespielte Olympiasieg von Rio hat hierzulande eine Welle verursacht, wie es ihn in der jahrelang allenfalls am Rande beachteten Sportart Beachvolleyball noch nicht gegeben hat. Andreas Scheuerpflug, der als Beachvolleyballer selbst viel erlebt hat und heute die öffentlichen Termine der Olympiasieger koordiniert, findet es "unglaublich, was da derzeit passiert". Der Hype übersteige selbst das, "was nach dem Olympiasieg von Julius Brink und Jonas Reckermann vor vier Jahren abgegangen ist".

60 Minuten für 30 Meter roten Teppich

Tatsächlich ist die öffentliche Präsenz des Beachduos bemerkenswert: Lanz, Kerner, Sportstudio, beim "Sport-Bild-Award" in Hamburg waren Ludwig/Walkenhorst die umjubelten Stars des Abends und im kleinen Schwarzen ein echter Blickfang. Kira Walkenhorst schüttelte ungläubig den Kopf, "wir brauchten auf dem roten Teppich eine Stunde, um dreißig Meter hinter uns zu bringen". Der Tagesablauf, der bis dato von Beachvolleyball, Krafttraining und nochmal Beachvolleyball geprägt war, sah zuletzt so aus: morgens Training, danach Fotoshooting in Berlin und Sommerfest der Bild mit Treffen von Größen wie Bundeskanzlerin Merkel, Thomas Gottschalk und Peter Maffay.

Laura Ludwig findet das, was über sie und ihre Partnerin in den letzten Wochen hereingebrochen ist, "einfach nur krass, daran haben wir uns nicht so ganz gewöhnt. Es ist immer noch sehr komisch, in der Stadt beim Einkaufen oder einfach so auf der Straße erkannt zu werden".

"Wangen-Muskelkater" nach Selfie-Marathon

Seit dem Triumph von Rio habe sie so viele Selfies mit sich machen lassen, dass sie zwischendurch an "Wangen-Muskelkater" gelitten habe. Das ist die schöne Seite des frischen Ruhms, der aber nicht nur glänzt, wie Kira Walkenhorst inzwischen weiß: "Die Belastung haben wir unterschätzt", sagt die Blockerin: "Im Blitzlichtgewitter zu stehen ist schön, spannend, aber auch unheimlich kräfteraubend."

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Bei den deutschen Meisterschaften in Timmendorfer Strand gelang der Balanceakt zwischen sportlichem Alltag und Glamour vortrefflich. Die Titelverteidiger sicherten sich im Wembley der Beachvolleyballer ihren dritten gemeinsamen nationalen Titel und nutzten das Turnier zum dreitägigen Schaulaufen. Allerdings mussten sie sich in einem hochklassigen Finale gegen die Weltranglisten-Dritten Chantal Laboureur und Julia Sude mächtig strecken, um knapp mit 2:0 (22:20, 23:21) zu gewinnen.

Mehr als 6000 Zuschauer auf dem sonnenüberfluteten Center Court waren hingerissen von einem Spiel, das ein dichteres Niveau brachte als das olympische Finale. "Nach dem extremen Höhepunkt Rio, der enorm viel Kraft gekostet hat, ist es genial, noch einmal so eine Leistung rauszuholen", sagte Ludwig, die an die Grenze ihrer körperlichen und mentalen Belastungsfähigkeit gehen musste, um mit ihrer Partnerin erneut ganz oben anzukommen.

Seitenhieb in Richtung Deutscher Volleyball-Verband

Der Lauf geht also weiter, nun gilt es, den Rückenwind möglichst für eine ganze Sportart zu nutzen. Trainer Jürgen Wagner, der 2012 in London bereits das Duo Julius Brink und Jonas Reckermann auf den Olymp führte, erinnert sich an die Situation vor vier Jahren, "als die Medaille von Jonas und Julius nicht richtig genutzt wurde". Dabei sei "das Potenzial der Sportart riesig". Als Inhaber eines Sportversenders weiß er, was zu tun wäre.

"Ich bin Unternehmer, und wenn ich nichts unternehme, passiert nichts." Ein deutlicher Seitenhieb in Richtung Deutscher Volleyball-Verband. Denn bei einer Institution, in der die eigene Sportart lediglich verwaltet und nicht gestaltet wird, ist zu befürchten, dass die Steilvorlage, die zwei strahlende Athletinnen an der Copacabana geliefert haben, erneut leichtfertig vertändelt wird.

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Laura Ludwig und Kira Walkenhorst tangiert das nur am Rande, sie haben sich vom ersten Tag an unabhängig vom Verband gemacht und sind gut damit gefahren. "Unsere Vermarktungslage ist gut", sagt Manager Klaus Kärcher, "wir sind nachhaltig aufgestellt. Aber das waren wir auch schon vor Rio." Wie es mit dem Duo Ludwig/Walkenhorst und seinem Betreuerteam weitergeht, wird nach dem World Tour Final entschieden, das in der kommenden Woche in Toronto stattfindet.

Nach Lage der Dinge wird die Liaison bis Tokio 2020 verlängert. Denn wer so viel richtig macht, hat keinen Anlass, etwas zu ändern. Doch erst einmal beschäftigt Laura Ludwig etwas anderes. Für eine Unternehmerin, deren Arbeitsplatz die Strände dieser Welt sind, mag sich das merkwürdig anhören, doch die Abwehrspezialistin sagt: "Ich zähle die Tage bis zum Urlaub."

© SZ vom 11.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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