Bayerns Tom Starke:Nur die Abstöße fliegen jetzt kürzer

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Streicheleinheiten: Die Münchner Spieler Jérome Boateng, Thomas Müller und Niklas Süle (v.l.n.r.) herzen ihren Torwart Tom Starke. (Foto: Arne Dedert/dpa)
  • Bayerns zweiter Ersatztorwart Tom Starke bestreitet beim 1:0 in Frankfurt sein erstes Saisonspiel, nachdem Sven Ulreich sich beim Aufwärmen verletzt hatte.
  • Im Sommer hatte Starke seine Karriere eigentlich beendet, doch weil die Bayern einen Backup brauchten, kehrte er im September in den Profikader zurück.
  • "Er hat eine sehr gute Leistung gebracht", lobt Bayern-Trainer Jupp Heynckes nach dem Spiel.

Von Matthias Schmid, Frankfurt

Vereinzelte graue Jahre waren zu erkennen, als Tom Starke nach dem Spiel vor die Mikrofone trat. Vielleicht waren sie sogar weiß, die Haare entfernen sich immer weiter von der Stirn, ein paar Falten hat er auch. Das schon. Aber ansonsten sah er ziemlich fidel aus, drahtig, durchtrainiert. Nicht wie ein 50-Jähriger. So alt würde sein Mitspieler ausschauen, hatte Javier Martínez nach dem Spiel behauptet, das der FC Bayern soeben mit 1:0 beendet hatte. Dass der Tabellenführer kein Gegentor hinnehmen musste, lag auch an Starke, der in Frankfurt unverhofft zu seinem 100. Spiel in der Bundesliga kam und dabei einige bemerkenswerte Reaktionen zeigte.

Martínez war allerdings so fair, nicht unerwähnt zu lassen, dass dieser Starke, der tatsächlich erst 36 Jahre alt ist, wie ein 28-Jähriger trainieren würde. Alle waren sie glücklich, dass er ein gutes Spiel machte und großen Anteil am Sieg hatte. "Ich nehme das mal als Kompliment an", sagte Starke über Martínez' etwas despektierliche Einschätzung und fügte recht trocken hinzu: "Javi hat wohl heute morgen nicht in den Spiegel geschaut." Die Stimmung war prächtig bei den Münchnern nach dem Sieg, mit dem sie den Abstand zu den Verfolgern weiter vergrößerten.

Dass er noch mal in der Bundesliga auflaufen würde, "hielt ich im Sommer für unmöglich", gestand er selbst. Er hatte seine Karriere nach dem letzten Bundesligaspiel der Vorsaison gegen den SC Freiburg beendet. Er genoss die neue Lebensphase, "in die ich mich voll reingeworfen hatte", wie er erzählt. Als Torwartkoordinator in der Nachwuchsakademie des Klubs arbeitete er, in Vollzeit aber nur für wenige Wochen.

Im September holten ihn die Verantwortlichen in den Profikader zurück, als sich abzeichnete, dass Manuel Neuer für seine Genesung viel länger brauchen würde als zunächst angenommen. Bayern benötigte also noch einen sogenannten Backup, einen erfahrenen Torhüter für Sven Ulreich. Allein auf den Nachwuchskeeper Christian Früchtl wollten sie sich nicht verlassen. Eine weise Entscheidung, wie sich nun herausstellte. Morgens trainiert Starke derzeit bei den Profis, nachmittags übt er mit den Nachwuchskickern.

Eine Anmerkung von Heynckes hat "den Druck nicht verringert"

Beim Aufwärmen vor der Partie in Frankfurt merkte Ulreich, dass die Schmerzen zu groß waren. Die Adduktoren plagten ihn, und im Hinblick auf die nächsten zwei Wochen wollte niemand eine ernste Verletzung riskieren. "Ein Blickkontakt zwischen uns" genügte, erzählte Starke später, und er wusste: Jetzt muss ich ran. Von einer Sekunde auf die andere. "Es ist manchmal besser, wenn man nicht so viel nachdenken kann", fand er.

Das Spiel war noch keine fünf Minuten alt, da rückte er schon in den Mittelpunkt: Er hatte gegen wuchtige Frankfurter schon drei Pässe von hinten raus gespielt, einer geriet allerdings so kurz, dass Arturo Vidal sich nur noch mit einem Foul an der Strafraumgrenze zu helfen wusste, fast sah es wie eine Notbremse aus. Den anschließenden Freistoß von Ante Rebic wehrte Starke ab, mit beiden Fäusten, wie er es halt gelernt hat. "Ich habe dann schnell gemerkt, dass es fußballerisch auf dem schmierigen Boden nicht die beste Lösung war, den Ball rausspielen zu wollen." Er hat deshalb in den folgenden Minuten die rustikale Variante bevorzugt.

"Er hat eine sehr gute Leistung gebracht", lobte ihn Bayern-Trainer Jupp Heynckes nach dem Spiel. Vor dem Spiel habe es "den Druck nicht verringert", gab Starke zu, dass Heynckes ihm mit auf den Weg gab, dass er es von ihm gewohnt sei, zu Null zu spielen. Wenn Starke so etwas wie nervös gewesen sein sollte, merkte man ihm das aber nicht an: Er parierte alles, was zu parieren war. Er war bei den Schüssen schnell unten und sicher, wenn er mal eine Flanke abfangen musste.

Dass er nichts von seiner Geschmeidigkeit eingebüßt hatte, merkte Thomas Müller schon im Training am Vortag: "Da hatte er übermenschliche Fähigkeiten aufblitzen lassen." Kein Tor hätten sie beim Abschlussspielchen reinbekommen. Müller ahnte da bereits: "Tom kannst du immer bringen. Er hat noch Power in seinen Waden." Dem Nationalspieler fiel dann aber doch noch eine Sache ein, an der man das Alter Starkes sehen könnte. Die Abschläge. Müller sagte: "Die kommen nicht mehr so weit wie früher."

© SZ vom 10.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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