Bayer Leverkusen:Der Sprinter

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Leon Bailey von Leverkusen jubelt über seinen Treffer zum 0:1. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Leverkusens Matchwinner Leon Bailey entdeckt seine Mischung aus Wucht, Schnelligkeit und Präzision wieder.

Von Thomas Gröbner, München

Beim FC Bayern haben sie sich das vielleicht schon mal vorgestellt, so als Gedankenexperiment: Leon Bailey, wie er lästigen Verteidigern einfach davonsaust, in den Strafraum zieht, aufschaut, abzieht, trifft, mit links, mit rechts. Dass der 22-Jährige mit beiden Füßen schießen kann, hat er am Wochenende wieder nachgewiesen in der Münchener Arena. Das Gedankenspiel ist Realität geworden, allerdings aus Sicht des FC Bayern verkehrt herum: Er traf zweimal - für Bayer Leverkusen.

Der Name Bailey war so etwas wie das Grundrauschen der vergangenen Transferperioden, ein Portal hatte Baileys Wechsel nach München sogar schon einmal als "done deal" gemeldet, was der FC Bayern, damals noch unter Trainer Niko Kovac, energisch dementierte. Auch als es darum ging, die in Altersteilzeit gewechselte Flügelzange Ribéry/Robben umzubesetzen, fiel oft der Name des jungen Jamaikaners, der 2018 die Liga verzückte mit seiner seltenen Mischung aus Wucht, Schnelligkeit und Präzision, die er nun gerade rechtzeitig zum Spiel in München wiederentdeckt hat.

Wenn Bailey ins Laufen komme, seien die Bayern "nicht schnell genug, ihn zu fangen", stellte danach Leverkusens Torhüter Lukas Hradecky fest. Bailey lief beim 0:1 Benjamin Pavard davon (10.), beim Siegtreffer (35.) entwischte er Javi Martínez. "Wir haben unser Herz auf dem Platz gelassen, wir waren füreinander da", sagte Bailey danach: "Es war ein verrücktes Spiel."

Sein effizienter Auftritt war an diesem Abend umso auffälliger, weil auf der Gegenseite so viele Gelegenheiten verschludert wurden. Dabei hatte Bailey sein Talent lange nicht mehr so schillernd entfaltet: In der vergangenen Saison hatte er in Leverkusen unter Trainer Heiko Herrlich seinen Stammplatz verloren, der Klub war unzufrieden, auch mit seiner Einstellung. "Leon muss sich auf Bayer konzentrieren, nicht auf die Dinge drumherum", warnte Herrlich, aber Bailey sorgte trotzdem für Schlagzeilen. Etwa als er sich weigerte, für die Nationalelf Jamaikas zu spielen - angeblich, weil sein Stiefbruder nicht nominiert war. Mit diesem war er in jungen Jahren auf recht verschlungenen Wegen von seinem Stiefvater aus Jamaika nach Europa vermittelt worden, er landete in Genk, sein Stiefbruder tingelte durch die österreichische Liga. Bailey sorgte in Belgien schnell für Aufsehen, wurde zum besten Spieler der Liga gekürt. Für rund 13 Millionen Euro kam er 2017 nach Leverkusen, wo er erst brillierte und dann stagnierte.

In dieser Saison schien Leon Bailey zurück zu seinem Spiel zu finden, doch dann stoppte ihn eine Oberschenkelverletzung, acht Spiele verpasste er. Anschließend gleich der nächste Rückschlag: Bei seinem Comeback Anfang November trat er in der Schlussminute übel gegen den Mönchengladbacher Herrmann nach. Wieder eine Zwangspause, zwei Spiele Sperre und eine Geldstrafe, aufgebrummt von Sportchef Rudi Völler. "Du zweifelst an dir selbst", sagte Bailey am Samstag, aber er lächelte dabei. Die Zeit der Zweifel scheint vorerst vorbei zu sein.

© SZ vom 02.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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