Basketballer aus München und Bamberg:Selbstzweifel und Löcher in der Mitte

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Trainer Chris Fleming (rechts) und Alex Renfroe: unerwartete Niederlagen. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Die prägenden deutschen Basketballteams kämpfen mit Problemen: Seriensieger Bamberg legt plötzlich eine Niederlagenserie hin und leistet sich verbale Fehltritte. Beim FC Bayern fallen vor der Pokal-Endrunde in Berlin gleich zwei große Männer aus.

Von Andreas Burkert und Joachim Mölter

Chris Fleming lebt und arbeitet wirklich gern in Bamberg, das gilt es gleich zu Beginn zu betonen. "Aber ich bin froh, dass ich im Moment nur zwei Bamberger sehe", sagt Chris Fleming trocken. Er meint seine Frau und seinen Sohn. Fleming ist Trainer der Bamberger Basketballer, die in den drei vergangenen Jahren das Verlieren verlernten.

Dreimal gewannen sie das nationale Triple aus Meisterschaft, Pokal und Champions Cup. Zuletzt haben die Brose Baskets allerdings dreimal nacheinander verloren in der Bundesliga, und von Vorteil ist aus Flemings Sicht nur eines gewesen: "Wir haben ja die ganze Zeit auswärts gespielt", sagt er und lacht. Da bekomme er vom oberfränkischen Unmut nicht so viel ab.

Das 64:77 beim Vorletzten Frankfurt ist vorläufiger Tiefpunkt einer Entwicklung, welche auch der Optimist Fleming so nicht erwartete trotz der anstrengenden Tour durch die Euroleague und des zweiten Kaderumbaus nach der Renovierung vor Saisonbeginn. Er sagt: "Ich dachte schon, dass wir in Hagen und in Frankfurt gewinnen."

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:Kunst des letzten Treffers

Zum ersten Mal spielen zwei deutsche Basketball-Klubs im Top16-Turnier der Euroleague mit. Doch weder Bamberg noch Alba Berlin haben bislang ein Spiel gegen die internationale Konkurrenz gewonnen. Es fehlen Erfahrung, Selbstvertrauen - und Geld. Profiteur dieser Europa-Abenteuer ist in der Bundesliga der FC Bayern.

Von Jonas Beckenkamp

Drei Niederlagen in der Liga, das hat es in Bamberg zuletzt im Herbst 2009 gegeben, und mit den Pleiten in Europa, wo die Baskets in der Zwischenrunde noch ohne Sieg sind, sind es sogar sechs am Stück. Tröstlich empfindet er nur die ebenso erstaunlichen Patzer der Konkurrenz aus Berlin und München. "Ich freue mich selten über Misserfolge von anderen", sagt Fleming, "aber das lindert den Schmerz ein wenig."

Trotzdem, für Manager Heyder ist es jetzt an der Zeit, seine Mannschaft aufzufordern, "endlich mal das Ego an der Kabinentür abzugeben". Einige hätten zu beweisen, "dass sie keine kurzfristigen Bamberger Söldner sind", namentlich nennt er den nachverpflichteten Power Forward Jeremiah Massey: "Da erwarte ich jetzt mal was." Neben Massey wurden zuletzt Flügel Matt Walsh und Spielmacher Alex Renfroe zugekauft, als Reaktion auf die enttäuschenden Leistungen von Center A.J. Ogily und Guard Teddy Gipson (Vertrag aufgelöst) sowie die Verletzung von John Goldsberry (Knieverletzung, Saison beendet).

Dass die einst heile Bamberger Welt in Gefahr ist, belegt auch ein Vorfall vom 97:104 in Hagen: Nachdem Sharrod Ford sich im Finale ein unnötiges, absichtliches Foul geleistet hatte, bedachte der gefrustete US-Profi den Coach mit Schimpfwörtern, die mit F beginnen.

"Nicht akzeptabel" nennt Heyder den Vorgang, "das gab eine Geldstrafe - aber damit ist die Sache auch erledigt." Zwar ist Verfolger Oldenburg nach Minuspunkten bis auf zwei Siege an den Tabellenführer herangerückt. Doch da die direkten Duelle gewonnen wurden, dürfte Bamberg der Heimvorteil für die Playoffs nicht mehr zu nehmen sein. "Und so schlecht sind wir nicht", betont Fleming. Das bewies sein Team ja auch donnerstags in der Euroleague, bei der nächsten knappen Niederlage in diesem Wettbewerb in Istanbul. "Es ist im Moment etwas zwischen Müdigkeit und verlorenem Selbstbewusstsein", findet der Coach.

Aber Kraft und Zutrauen kämen wieder, vielleicht schon am Mittwoch, wenn in der Euroleague gegen Berlin der erste Sieg glücken soll. Fleming trifft dann auch wieder einige Bamberger: Es ist ein Heimspiel.

Am Montag hatten die Bundesliga-Basketballer des FC Bayern München trainingsfrei, der Ruhetag kam gerade recht, um die Wunden zu pflegen, welche sie von der Partie in Trier am Sonntagabend mitgebracht hatten. Natürlich tat ihnen die 84:90-Niederlage weh, der dritte Misserfolg in der Fremde nacheinander. Aber vielmehr schmerzten die körperlichen Blessuren, die sie davongetragen hatten.

Jared Homan (rechts): zwei Mal umgeknickt. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Center Jared Homan, der mit gerade erst auskurierten Bänderproblemen am rechten Sprunggelenk in die Partie gegangen war, knickte mit dem Fuß um, dem linken diesmal. Und sein Ersatzmann Lawrence Roberts hatte sich bei einem Abwehrversuch mehrere Jochbogenbrüche im Gesicht zugezogen. Er wurde am Montagmittag im Klinikum Rechts der Isar operiert.

Die Operation sei gut verlaufen, berichtete Trainer Svetislav Pesic, aber Prognosen über Roberts' Genesung seien noch nicht möglich: "Im Lauf der Woche wissen wir mehr." Mit einem Einsatz beim Pokal-Halbfinale am Samstag (20 Uhr/Sport 1) gegen Alba Berlin rechnet Pesic eher nicht. Da ist er bei Homan zuversichtlicher. Der Verdacht auf Bänderriss habe sich nicht bestätigt. "Der Fuß ist geschwollen", sagte Pesic, "aber es sieht besser aus."

Die großen Männer, die den eigenen Korb verteidigen und unter dem gegnerischen die Punkte machen sollen, bereiten dem 63-Jährigen derzeit die größten Sorgen. Bevor Homan (2,08 Meter) und Roberts (2,06) ihre Verletzungen erlitten, war schon der dritte Center ausgefallen, Bogdan Radosavljevic (2,13). Der 19-Jährige hat sich in der vorigen Woche im Training einen doppelten Bänderriss zugezogen und fällt mindestens sechs Wochen aus.

Die Center-Position ist nun also fast eine Leerstelle im Bayern-Kader - und das kurz vor dem ersten Saisonhöhepunkt, der Pokal-Endrunde in Berlin, Pesics früherer Wirkungsstätte. Zwischen 1993 und 2000 führte er Alba zu vier Meisterschaften und zwei Pokalsiegen. Jetzt sieht es so aus, als müsse er die Hoffnung auf den ersten Titelgewinn mit seinem neuen Klub vertagen. Ohne echten Center erscheint die Aufgabe gegen die gastgebenden Berliner unlösbar.

Denn selbst wenn Jared Homan am Samstagabend auflaufen könnte, braucht er ja jemanden, der ihn und seine maladen Füße zeitweise entlastet. Aleksandar Nadjfeji könnte da aushelfen, sagt Pesic. Aber dem 36 Jahre alten Serben fehlt Spielpraxis: Weil der FC Bayern mehr als die sechs Ausländer im Kader hat, die pro Partie eingesetzt werden dürfen, kam Nadjfeji bislang nur zu vier Einsätzen in der Liga - immer dann halt, wenn einer der anderen ausfiel. Zudem ist er mit seinen 2,02 Meter eher klein geraten für einen Center.

Jan Jagla hätte die nötige Größe (2,13), "aber von der Art und Weise, wie er spielt, ist das nicht seine Position", gibt Pesic zu bedenken. Jagla fühlt sich eher auf dem Flügel wohl, ebenso wie Robin Benzing (2,08). Bliebe noch der ebenfalls bloß 2,02 Meter große Chevon Troutman, der auf dieser Position auch schon gespielt hat. Aber der ist erste Wahl auf dem Flügel und außerdem ebenfalls angeschlagen, an der Halswirbelsäule. "Unsere Großen", fasst Svetislav Pesic die Lage zusammen, "sind im Moment in keiner guten physischen Verfassung."

© SZ vom 19.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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