Am kommenden Mittwoch startet die Basketball-Bundesliga in die neue Saison, der FC Bayern München beginnt seine zweite Spielzeit in der BBL mit einer Heimpartie gegen Oldenburg. Der Finaleinzug ist diesmal das Ziel des ambitionierten Klubs, die Schonzeit "für Trainer und Mannschaft ist vorbei", das hat Vereinspräsident Uli Hoeneß erst diese Woche mitgeteilt. Trainer Dirk Bauermann wird die hohen Erwartungen nun aber erst gar nicht mehr erfüllen können - der FC Bayern entließ den 54-Jährigen am Donnerstagnachmittag.
Der frühere Bundestrainer stand intern schon länger in der Kritik; bereits nach der ersten BBL-Saison der Münchner, die im Frühjahr nach einer durchwachsenen Hauptrunde mit dem frühen Aus in der ersten Playoff-Runde gegen Quakenbrück endete, wurde dem Vernehmen nach über ein vorzeitiges Aus des Chefcoachs diskutiert. Seine Entlassung nur sechs Tage vor dem ersten Spiel kommt nun dennoch überraschend.
"Dirk Bauermann hat maßgeblichen Anteil an der positiven Entwicklung des Basketballs beim FC Bayern", äußerte Klubvize Bernd Rauch in einer Stellungnahme. Jedoch: "Nach ausführlichen Diskussionen über mehrere Wochen haben sich unterschiedliche Auffassungen über die Führung und Weiterentwicklung der Mannschaft ergeben. Aus diesem Grund haben wir uns zu diesem für uns alle schwierigen Schritt entschieden." Der Grund der Beurlaubung liege "in der unterschiedlichen Auffassung über die zukünftige Entwicklung des Basketballs beim FC Bayern München", hieß es weiter. Gehen muss per sofort auch Co-Trainer Denis Wucherer.
Der bisherige erste Assistenztrainer Yannis Christopoulos, 38, soll nun laut Sportdirektor Marko Pesic "bis Saisonende" das mit einem Etat von gut acht Millionen Euro ausgestattete Team coachen. Der Grieche steht beim Testspiel der Bayern an diesem Samstag gegen Panathinaikos Athen erstmals verantwortlich an der Linie. "Wir vertrauen Yannis, er ist im Team sehr anerkannt", sagte Pesic der SZ. Was nach Saisonende auf der Trainerposition passiere, sei offen.
Denkbar ist dann aber dem Vernehmen nach auch ein Engagement von Svetislav Pesic, dem Vater des Sportdirektors, der vor allem in früheren Bundesliga-Jahren eine intensive Rivalität mit Bauermann pflegte. Der Serbe ist seit ein paar Monaten wieder deutscher Bundestrainer - nach der EM 2013 in Slowenien, für die die Qualifikation soeben souverän geschafft wurde, könnte der 63-jährige nach München wechseln.
Ausschlagend für Bauermanns spektakulären Abschied sind nach SZ-Informationen wiederholte Undiszipliniertheiten im Team und die Trainingsarbeit; zuletzt war anlässlich einer verlorenen Testspiels bei Alba Berlin ein Zwischenfall bekannt geworden. Dabei soll es sich um einen unerlaubten nächtlichen Ausflug von Spielern gehandelt haben, dem Vernehmen waren die Center Chevon Troutman, Jared Homan sowie ihr Landsmann, der neue US-Spielmacher Tyrese Rice, beteiligt.
Homan war im Winter bereits bei einem ähnlichen Vorfall in einer Münchner Diskothek auffällig geworden, als ihn nach einer Rangelei sogar die Polizei festhielt und vernahm. Dennoch wurde sein Vertrag nach der Saison verlängert. Neben dieser mangelhaften Disziplin zog Bauermann in den eigenen Reihen vermehrt auch Kritik an seiner Person auf sich, da er angeblich zu dominant und beratungsresistent aufgetreten sein soll. Schon im vergangenen Mai äußerte jemand aus der Führungsetage der Abteilung vielsagend, Bauermann drohe sich als "Satellit" zu entfernen.
Der erfolgreichste deutsche Basketball-Trainer (insgesamt elf Meistertitel mit Bayer Leverkusen und Bamberg; EM-Silber 2005 mit der DBB-Auswahl) polarisierte zum Teil auch mit seiner harten Personalführung, so kamen Nationalspieler wie Jan Jagla und Philipp Schwethelm (inzwischen an Ulm ausgeliehen) im Saisonverlauf immer weniger zum Einsatz. In der Vorbereitung auf die neue Saison verloren die Bayern nun zudem fünf von acht Partien, beim jüngsten Testturnier im heimischen Dome unterlag man gegen die Euroleague-Starter Kaunas (58:74) und ZSKA Moskau (66:87) klar - und offenbarte dabei jeweils konditionelle Schwächen. Überdies musste sich Dirk Bauermann in der Vergangenheit gegen Vorwürfe wehren, sein Stil des kontrollierten System-Basketballs sei nicht mehr zeitgemäß.
Auf der anderen Seite wäre der Aufstieg der Marke FC-Bayern-Basketball in München samt bemerkenswerter Zuschauerzahlen ohne sein Engagement nicht so erfolgreich verlaufen. Der international renommierte Trainer Bauermann war ja schließlich 2010 in die Niederung der zweiten Liga zu den Bayern gewechselt, damals übte er in Doppelfunktion noch das Bundestraineramt aus. Diese untersagte ihm die Liga, worauf sich Bauermann nach der verpassten Olympia-Qualifikation für London 2012 auf die reizvolle Aufgabe beim neuen Zugpferd der BBL konzentrierte.
Mit einem prominent verstärkten Team hatte er in der Pro A die Pflicht erfüllt, der Aufstieg in die erste Liga gelang den Bayern souverän. Der Vertrag des Rheinländers galt noch bis 2014, über die Modalitäten einer fraglos kostspieligen Trennung dürfte nichts bekannt werden. Dirk Bauermann, den die von Hoeneß überbrachte Entlassung nachmittags unvermittelt traf und ungläubig hinterließ, war am Donnerstag nicht für eine Stellungnahme erreichbar.