Basketball:Kombinationskünstler

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Team-Wechsel: Patrick Horstmann, hier für die Longhorns Herzogenaurach am Ball, siegte beim 3x3-Turnier in München mit "Rock on & Namasté". (Foto: Wolfgang Zink/Imago)

3x3-Basketball ist eine gute Möglichkeit für Spieler, die es nicht in die Bundesliga geschafft haben und ihren Sport mit Beruf oder Studium kombinieren wollen. So cool und lässig alles wirkt - bei den Besten ist Olympia im Hinterkopf.

Von Thomas Becker

Zum Beispiel Niklas Kropp. 24 Jahre alt, zwei Meter hoch, hat beim FC Bayern in der Jugend und der zweiten Mannschaft in Liga zwei gespielt, ein Sportmanagement-Studium begonnen, ist zum TSV Unterhaching in die Regionalliga gewechselt, wo er Top-Scorer und Jugendtrainer ist. So weit sein Werdegang als Basketballer.

Beim Weltbasketballverband Fiba wird der junge Mann aus Neubiberg hingegen auf Platz fünf der deutschen Rangliste und auf Platz 100 weltweit geführt - als 3-on-3-Spieler. Beim jüngsten Turnier der World Tour in Prag landete er mit seinem Team auf Rang sechs, was nicht nur reichlich Punkte, sondern auch 4000 Euro Preisgeld brachte, immerhin. "Für den Turniersieger gab es 40 000 Euro", erzählt er.

Da kann man schon mal Blut lecken. Der nächste Ausflug wird ihn mit seinen Kumpels vom Team "Tübingen" nach Quebec, Kanada, führen, zum nächsten Wettbewerb der World Tour. Die Fiba zahlt Unterkunft und Reisekostenzuschuss. "Wir sind dort bestimmt wieder das einzige nicht-professionelle Team", erzählt Kropp und lacht. Zur Begrüßung vor dem ersten Match hat ihn sein Teamkollege gefragt: "Bist du nüchtern?" Ganz so ernst nehmen sie das alle nicht. Kropp sagt: "Ich versuche, eine gute Kombi zu finden."

Es ist eine unfassbare Hetzerei: zehn Minuten, in denen keine halbe Sekunde Pause ist

Auch vor einer guten Woche ist ihm das mal wieder ganz gut gelungen. Bei "Red Bull Half Court" in München schaffte er es mit seinen Jungs bis ins Halbfinale, wo gegen die späteren Sieger "Rock on & Namasté" Endstation war. Im zweiten Gruppenspiel hatte sich ein Mannschaftskollege verletzt, wodurch für das restliche Turnier kein Auswechselspieler mehr zur Verfügung stand - auf diesem Niveau ein ausschlaggebender Faktor.

Denn das Wettkampfformat, das sich die Organisatoren um Paul Gudde überlegt haben, geht über handelsübliches Streetball hinaus: schon drei gegen drei, aber das Ganze in schnell. In sehr schnell. Die Wurfuhr tickt nur bis zwölf, hinzu kommt der sogenannte "Own the Court"-Bonus für das Team in jeder Gruppe, das über alle Gruppenspiele hinweg die meisten Punkte erzielt hat. So kann auch eine Mannschaft, die nicht die meisten Spiele gewonnen hat, es bis ins Finale schaffen. Das Resultat: eine offensive, attraktive Spielweise während des gesamten Turniers. Man könnte auch sagen, eine unfassbare Hetzerei: zehn Minuten, in denen keine halbe Sekunde Pause ist.

Ausgebrütet hat das Konzept Veranstalter Paul Gudde. Der Kölner ist schon ewig im Geschäft. Im richtigen Leben ist er Basketball Skill Development Coach, ein Personal Trainer für Profis. Zu seinen Kunden gehören der ehemalige Bayern-Profi Alex King, aber auch NBA-Cracks wie Josh Hart (Portland Trailblazers) und Mike Scott (Philadelphia 76ers). Für Red Bull hat er schon vor zehn Jahren Streetball-Turniere organisiert, damals noch im Eins-gegen-Eins-Format.

Mehr als 600 Streetballer hatten um einen Platz im Deutschland-Finale gekämpft

Mittlerweile hat sich 3x3-Basketball, wie es offiziell heißt, sogar zur olympischen Disziplin gemausert, die Zahl der Turniere und Wettkampfserien wächst zusehends. "Red Bull Half Court" hebt sich insofern aus der Masse, dass es eben nicht nur um den Sport geht, sondern auch um das Drumherum, um die Kultur der Jugend, und so gab es am vergangenen Sonntag im Bayern Basketball Park am "Sugar Mountain" nicht nur Beats von Hip-Hopper Jalil, sondern auch einen Barber und einen Tätowierer.

Aber eben auch hochklassigen Sport. Mehr als 600 Streetballer hatten in den vergangenen zwei Monaten bei fünf regionalen Turnieren um einen Platz im Deutschland-Finale gekämpft, dessen Sieger wiederum beim Weltfinale am ersten Oktober-Wochenende in Kairo antreten wird, gegen Teams aus mehr als 25 Nationen. Im vergangenen Jahr hatte Team Serbien in Rom den Titel geholt, mit Dusan Bulut, der nicht nur Bronze bei der Olympia-Premiere in Tokio gewann, sondern auch als einer der besten Streetballer überhaupt gilt.

Und gegen genau diese Serben hat Kwame Duku beim letzten Weltfinale in Rom gespielt - und gewonnen. Schweißüberströmt stehen 138 Kilo geballte Kraft vor einem: viel Bart, Waden wie Baumstämme, die aus goldenen Sneakers rausschauen. Völlig zurecht ist sein Team unter dem Namen "Beast Mode" unterwegs. Auch der 33-Jährige hat in der Jugend beim FC Bayern angefangen, es nicht ganz nach oben geschafft und zuletzt für Karlsruhe in der zweiten Regionalliga gespielt. "Rom war eine Hammer-Erfahrung", sagt er und ärgert sich immer noch, dass es trotz des Vorrunden-Sieges gegen den späteren Gewinner Serbien nur fürs Viertelfinale gereicht hat.

Mit dabei war damals auch der Wahl-Münchner Patrick Horstmann, der nun mit "Rock on & Namasté" erneut das Ticket für das Weltfinale lösen konnte. Der gebürtige Gießener erzählt eine ähnliche Geschichte wie Kropp und Duku: Jugend-Nationalspieler, in Palm Beach am College gespielt, Profi in der ersten Liga Englands bei den Sheffield Sharks, Bandscheibenvorfall, erste Priorität hat nun der Job. Zur Teilnahme in München hatte ihn sein Kumpel Nicolai Simon angefixt, der sechs Mal Nationalmannschaft und zehn Jahre Bundesliga spielte, unter anderem für Alba Berlin.

Sie treffen alle schon sehr gut ins Körbchen, doch so cool und lässig sich auch alle hier in Sendling geben: Im Hinterkopf haben sie Olympia 2024 in Paris. Bis dahin heißt es: eine gute Kombi finden.

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