Er habe sich da gar nicht so viele Gedanken darüber gemacht, wie sich das jetzt anfühlen würde, erzählt Martin Helmig: Wieder in diesem Dugout zu stehen, der Ersatzbank im Baseball, die Ellbogen auf dem Geländer abzulegen und dem Catcher der Regensburg Legionäre Anweisungen in Geheimsprache zu geben, also mit einem Ziehen am Ohr oder mit einem Fingerstrich über die Mütze. Erstmal ist es kalt. Der 61-jährige Trainer hat den Reißverschluss seiner weinroten Jacke mit der Aufschrift "Regensburg" ganz hochgezogen, es bläst ein frischer Ostwind an diesen Osterfeiertagen, zu Gast ist der Aufsteiger Hünstetten Storm. Und auch, wenn seine Mannschaft das erste Spiel am Ostersonntag mit 12:1 dominierte, am Montag tut man sich schwer. "Wir haben noch sehr viel zu tun, das hat man heute gesehen", sagt Helmig. Ganz knapp, in der Verlängerung, gewinnen die Legionäre noch 8:7. Zurückgeholt haben sie ihn, den neuen, alten Trainer auch deswegen: weil die Mannschaft die Ruhe behält, wenn es mal nicht so gut läuft.
Es muss ganz kurz nach der Gründung Regensburgs durch die Römer gewesen sein, zumindest fühlt es sich so an, dass jene Legionäre mit den Helmen aus Kunststoff und den Keulen in der Hand ihre letzte Deutsche Meisterschaft holten - Anno Domini 2013. Trainer damals war: Martin Helmig. 2014 trennten sich die Wege, fünf Meisterschaften hatten sie bis dahin zusammen gewonnen, Helmig kam damals schon auf insgesamt elf, dazu drei als Spieler. Der Chef-Legionär war da schon eine Legende, zumal sein Vater und sein Onkel in den 1950er Jahren die ersten Deutschen waren, die einen Profi-Vertrag in der Major League Baseball erhielten. Martin Helmig war auch schon Nationaltrainer, er war gleichzeitig mit dem Engagement bei den Legionären Trainer der Regensburger Eishockey-Mannschaft. Einmal erhielt er eine Medaille, weil er eine Mutter mit ihrem Kind aus der Naab rettete. Helmig hat, kurz gesagt, viel Charisma.
"Das ist meine Stadt", sagt der weitgereiste Trainer zu seiner Rückkehr nach Regensburg
Die Trennung verlief damals nicht sehr schiedlich. Die Legionäre mögen eine europäische Großmacht sein, aber einen Grenzwall haben sie noch nicht errichtet. "Es bewahrheitet sich immer wieder: Man sieht sich stets zweimal im Leben", sagt Legionäre-Vorstand Armin Zimmermann nun. Die Tür sei nie komplett zu gewesen. Als sie im Herbst vergangenen Jahres auf ihn zukamen, "da war sofort klar, dass er brennt für diesen Verein", sagt Zimmermann. "Das ist meine Stadt", sagt der weitgereiste Helmig dazu, "wenn ich die Chance kriege, hier nochmal zu arbeiten, dann mache ich das mit ganzem Herzen."
Das klingt fast ein wenig demütig. Dabei haben sie in Regensburg jetzt den Weg eingeschlagen, den Helmig vor seinem Abschied eingefordert hatte.
"Wir waren letztes Jahr ja nicht ganz so zufrieden", räumt Zimmermann ein, damals schieden sie im Halbfinale um die deutsche Meisterschaft aus, schon wieder. "Da haben wir uns Gedanken gemacht, woran es liegt. Ob wir auch ein strukturelles Problem haben. Wir sind zu dem Schluss gekommen: ja, haben wir". In Regensburg leisten sie fraglos wertvolle Arbeit für den Baseball-Nachwuchs. So wurde auch schon eine zweistellige Zahl an Talenten lukrativ ins Baseball-Heimatland USA vermittelt. So gab es auf der einen Seite immer ein Team, das auf viel Spielpraxis für die Eigengewächse pochte, und auf der anderen ein Trainerteam, das den Auftrag hatte, deutscher Meister zu werden. "Das hat zu Zielkonflikten geführt", sagt Zimmermann. Jetzt laufen das Academy-Programm und das Bundesliga-Team wieder getrennt voneinander. Dafür gibt es nun, wie in einem Nachwuchs-Leistungszentrum im Fußball, eine zweite Mannschaft, die in der zweiten Bundesliga spielt, wo Talente und Rekonvaleszenten Spielpraxis sammeln können.
Der alte Konflikt ist gelöst: eigene Talente einbauen, aber deutscher Meister werden. Jetzt gibt es eine zweite Mannschaft
Es ist genau jener Zielkonflikt, auf den Helmig schon 2014 hinwies. Damals hatte er mehr Trainer-Freiheiten gefordert, und nicht bekommen. Wenn Helmig nun sagt: "Wir haben uns ausgesprochen, man muss die Dinge klären, damit da keine Altlasten sind", dann bedeutet das auch: Jetzt bekommt er die geforderten Freiheiten. Einen sauren Apfel gibt es auch: Einige Talente sitzen jetzt nicht mehr im Regensburger Dugout, sondern wechseln für mehr Spielpraxis zur Konkurrenz, so wie der 18-jährige Catcher Kilian Redle nach Heidenheim.
Helmig schart zugleich noch mehr erfahrene Trainer um sich, zum Beispiel Daniel Husband, der als Spieler bei Regensburgs erster deutschen Meisterschaft dabei war, oder den einst besten deutschen Pitcher Michael Wäller als Coach für die Werfer - das Aufgebot der Verantwortlichen liest sich wie ein "who is who" des deutschen Baseballs. Erwartungsdruck? "Och", sagt Armin Zimmermann grinsend. Den gebe es wohl. Aber er sei sich sicher, dass Martin Helmig damit sehr gut umgehen kann.