Badminton:Neu im Scheinwerferlicht

Lesezeit: 3 min

Für den TuS Geretsried spielt Antonia Schaller (mit Teamkollegin Michelle Deschle, hinten) in der zweiten Liga, für die A-Nationalmannschaft in der Ceres Arena im dänischen Aarhus. (Foto: Hartmut Pöstges)

Antonia Schaller vom TuS Geretsried hat überraschend bei der Team-Weltmeisterschaft in Aarhus debütiert. Die 17-Jährige trat dort in die Fußspuren von Ann-Kathrin Spöri, einem anderen Geretsrieder Aushängeschild.

Von Andreas Liebmann

Uwe Eckhoff hat es nicht vergessen, das kleine Mädchen von damals. "Ich kenne sie seit dem siebten Lebensjahr, und es war gleich auffällig, wie gerne sie sich bewegt hat", erzählt der Badminton-Trainer des Zweitligisten TuS Geretsried. Er spricht von Antonia Schaller, die damals dem SV Petershausen im Landkreis Dachau angehörte; die er während eines Camps zum ersten Mal in Augenschein nahm und dann vor drei Jahren nach Geretsried holte, wo er zugleich der Abteilungsleiter ist.

Überrascht wurde Eckhoff nun trotzdem, als er vom bisher größten Auftritt der inzwischen 17-Jährigen erfuhr. Und so saß er wie viele seiner Badmintonkollegen am Montag vor einem Livestream, sah, wie die Ceres Arena im dänischen Aarhus abgedunkelt wurde und kurz nach einer Japanerin das kleine Mädchen von damals ins Scheinwerferlicht der Halle trat - bereit für sein erstes Einzel bei einer Weltmeisterschaft.

"Sehr kurzfristig und überraschend" war Antonia Schaller als Ersatzspielerin für die Mannschafts-WM nominiert worden, die im Frauen-Badminton Uber Cup heißt, im zweiten Gruppenspiel kam sie tatsächlich gleich zum Einsatz, weil Thuc Phuong Nguyen (1. BC Wipperfeld) mit Knieschmerzen ausfiel. Natürlich war Eckhoff einerseits begeistert, andererseits coachte er im Geiste mit und haderte etwas damit, dass Schaller "25 Zentimeter verschenkt" habe, die sie noch weiter an die Seitenlinien hätte heranspielen können, um ihre Gegnerin unter Druck zu setzen. Sie sei danach "sehr unzufrieden mit sich" gewesen, verriet Eckhoff, der natürlich weiß, dass dieser lustige Teenager, der sich etwa stundenlang mit "Bottle flip" beschäftigen könne, also dem Versuch, eine teilgefüllte Plastikflasche so zu werfen, dass sie auf dem Boden zum Stehen kommt, enorm ehrgeizig wird, sobald es um ihren Sport geht.

Besonders in den langen Ausdauerballwechseln hält sie in Aarhus gut mit

Viel auszurichten gab es für Schaller nicht mehr. Die erste Gruppenpartie hatte Deutschland am Samstag 1:4 gegen Indonesien verloren, den einzigen Punkt hatte die 18-jährige Thuc Phuong Nguyen geholt, für die es ebenfalls das WM-Debüt war. Als sie nun zum dritten Dameneinzel das Feld betrat, lag ihr Team auch gegen Japan mit 0:4 aussichtslos zurück, ein Weiterkommen war bereits ausgeschlossen. Denkbar wäre höchstens der Ehrenpunkt gewesen. Es ging recht vielversprechend los, Schaler schickte ihre japanische Kontrahentin Asuka Takahashi erst mit einem hohen Ball weit in die Rückhand und punktete dann mit einem Cross-Stopp. Allerdings ließ Takahashi diesen ersten Punkt überprüfen, tatsächlich war der Ball knapp einen Zentimeter im Seitenaus gewesen - und auch wenn der Japanerin danach ein Aufschlagfehler unterlief und sie sich mit der Hand an die Stirn schlug, zeigte sie fortan doch deutlich, wer sich da gegenüber stand: Takahashi, Weltranglistenposition 97, und Schaller, die Nummer 674. 6:21 endete der erste Satz aus Sicht der Debütantin. "Gut, aber zu ungenau", urteilte Eckhoff.

Für den Trainer war es eine besondere Freude, im Livestream immer wieder die Anfeuerungen der Mitspielerinnen auf der Tribüne eingeblendet zu bekommen, denn dort saß auch Ann-Kathrin Spöri. Auch die 20-Jährige kennt Eckhoff schon ein paar Tage - sie ist in Geretsried groß geworden. Das war doch etwas sehr Besonderes, dass nun gleich zwei Aushängeschilder des Vereins aus dem Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen gemeinsam im Nationalteam standen. Spöri war zuvor Sayaka Takahashi unterlegen, 9:21, 10:21. "Was für ein Karrierestart!", staunte sie nun über Schallers Debüt. Die Jüngere besucht seit Kurzem das Badminton-Internat in Mülheim, diesen Weg war auch Spöri einst gegangen. Davor besuchte Schaller den bayerischen Landesstützpunkt in Nürnberg.

In Aarhus sorgte Asuka Takahashi dafür, dass das bayerische Talent seinem großen Bewegungsdrang angemessen nachgehen konnte. Die Japanerin machte Druck, gewann auch den zweiten Satz, knapper allerdings: 15 Punkte gelangen Schaller diesmal, auch weil sie sich nun öfter traute, ihren "nicht lehrbuchfähigen Cross-Rückhand-Befreiungsschlag" einzusetzen, wie Eckhoff feststellte, und sie gerade in langen Ausdauerballwechseln gut aussah.

Am Dienstag verlor das Team auch das dritte Gruppenspiel, 2:3 gegen Frankreich. Schaller kam erneut zum Zug, unterlag Yaelle Hoyaux 14:21, 12:21.

Spöri war erst kürzlich in Geretsried zu Besuch, sie spielt im Ligabetrieb längst für den Erstligisten Refrath. Eckhhoff hofft natürlich, dass er nun auch Antonia Schaller bald wiedersieht. Sie steht an Position eins beim TuS, dem Südgruppen-Fünften der zweiten Liga, kam in der laufenden Saison noch nicht zum Einsatz. Voraussichtlich an einem Doppelspieltag Ende Oktober soll es soweit sein: Das (Saison-)Debüt ist langsam fällig, nun also für eine 17-Jährige mit WM-Erfahrung. Wenn auch vermutlich ohne Scheinwerfer.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: