Aufstieg in die 3. Liga:1860 München hat wieder neue Helden

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Das Löwen-Rudel schart sich um den Kopf: die Münchner nach dem Elfmetertor zum 1:2 durch Sascha Mölders (Zweiter von links). (Foto: Bernd Feil/M.i.S.)
  • Nur ein Jahr nach dem Absturz in die 4. Liga zittert sich der TSV 1860 München wieder zum Aufstieg.
  • Im Relegations-Rückspiel reicht den Münchnern nach dem Hinspiel-Erfolg in Saarbrücken ein knappes 2:2.
  • Auf den Rathausbalkon am Marienplatz geht es für die Löwen trotzdem nicht: "Das hätte 250 000 Euro gekostet."

Von Markus Schäflein

Ganz oben auf der Haupttribüne saß Karsten Wettberg, 76, der ehemalige Erfolgstrainer des TSV 1860 und so genannte "König von Giesing", der an diesem Tag planmäßig einen Thronfolger erhalten sollte: Daniel Bierofka, 39, jenen Mann, der im Sommer nach dem tiefen Sturz in die Regionalliga aus dem Nichts eine Mannschaft geschaffen hatte, die nun um den Aufstieg in die dritte Liga spielte. Er wurde der neue König, und er ist ein würdiger neuer König: Als die fünf Minuten Nachspielzeit beim Spielstand von 2:2 angezeigt wurden, tobte Bierofka in Wettberg-Manier wie Rumpelstilzchen. Doch sein Team überstand die fünf Minuten und steigt nach dem 3:2-Hinspielsieg auf.

Für 1860 war das Treffen der ehemaligen Bundesligisten das Finale einer unglaublichen Saison. 2017 waren sie aus der zweiten Liga abgestiegen, hatten keine Drittliga-Lizenz bekommen, standen ohne Team da. Aus U23-Spielern, ehemaligen Zweitligaprofis und ein paar Zugängen baute Bierofka seine Mannschaft und führte sie in dieses Finale. Die Tribünen waren voll besetzt, Fahnen wurden geschwenkt, der "Sechzger-Marsch" lief, Stadionsprecher Stefan Schneider brüllte. Es war alles wie immer bei den Heimspielen des TSV 1860 in der Fußball-Regionalliga Bayern, nur noch viel lauter und viel mehr. Die Menschen sangen den "Sechzger-Marsch" lauter, sie hatten mehr Fahnen dabei, Schneider brüllte lauter. Es ging ja um nicht weniger als den Aufstieg in die dritte Liga, in den Profifußball - wobei beide Klubs längst Profifußball betreiben. Wie es üblich ist bei ambitionierten Viertligisten.

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Im Hinspiel gegen den 1. FC Saarbrücken müssen die Sechziger zweimal den Ausgleich hinnehmen, doch ein später Treffer von Sascha Mölders stößt das Tor zur dritten Liga weit auf.

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Zu Beginn präsentierten beide Fanlager Pyrotechnik, was zu Geldstrafen führen dürfte. Das Spiel ähnelte zunächst dem Hinspiel, wieder ging es hin und her, wieder war die enorme offensive Qualität von Saarbrücken in vielen Szenen zu besichtigen. Zunächst setzte sich Kodjovi Koussou für Sechzig über rechts durch und fand Sascha Mölders, der im Hinspiel zwei Mal getroffen hatte, diesmal aber nicht zum Abschluss kam (3.). Nach zwölf Minuten leistete sich Eric Weeger einen Aussetzer und schoss seinen Gegenspieler an, Markus Mendler steuerte mit einem Mitspieler ungedeckt aufs Tor zu, schoss aber daneben. Nach dieser Szene wurde Saarbrücken dominanter und drückte Sechzig in die eigene Hälfte, das Publikum begleitete die Abwehrschlacht enthusiastisch.

Plötzlich hatte aber auch Sechzig eine Großchance, Nico Karger setzte sich über die linke Seite durch, entschied sich für den Querpass auf Koussou, der zu lange zögerte (21.). Kurz darauf scheiterte Markus Ziereis auf Zuspiel von Karger an Saarbrückens Torhüter Daniel Batz - die erste Druckphase schien 1860 überstanden zu haben. Doch plötzlich fiel das 1:0 für die Gäste. Patrick Schmidt setzte sich energisch durch und fand Marco Holz, dessen Schuss aus dem Rückraum Jan Mauersberger ins eigene Tor abfälschte (33.). Fünf Minuten später traf Schmidt das Außennetz, dann rettete sich 1860 in die Pause.

Die Sechziger gaben nicht auf

Zu Beginn der zweiten Durchgangs hatte Saarbrücken Glück, als Kehl-Gomez Karger auf dessen Weg zum Tor nur umreißen konnte, der Schiedsrichter es aber bei Gelb beließ - kurz darauf erzielte Sebastian Jacob das 0:2 - auf Kopfballvorlage von Kehl-Gomez (58.). Der 1. FCS war so überlegen, dass die 2:0-Führung verdient war und nicht mehr zu korrigieren zu sein schien.

"Jede andere Mannschaft wäre danach zusammengebrochen, aber was die Jungs für eine Identifikation und für einen Charakter haben ... - ich weiß nicht, ob ich noch mal so eine Mannschaft trainieren werde, das ist ein Geschenk", sagte Bierofka.

Die Sechziger gaben tatsächlich nicht auf, der eingewechselte Benjamin Kindsvater wurde im Strafraum von Mario Müller zu Fall gebracht - Sascha Mölders verwandelte den Foulelfmeter zum 1:2 (67.), das aufgrund der Auswärtstorregelung zum Aufstieg reichte. Die Sechzig-Gesänge wurden nun noch lauter. Und die Sechziger hatten ihr Glück im Hinspiel wohl nicht aufgebraucht, Mendler traf kurz darauf mit einem Fernschuss die Querlatte (70.).

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Eine Viertelstunde vor Schluss ging der angeschlagene und entkräftete Mölders unter großem Applaus vom Feld. Er musste nun von außen ansehen, ob er der Aufstiegsheld werden würde. Später kam noch Simon Seferings ins Spiel - und der erzielte Sekunden nach seiner Einwechslung das 2:2, auf Vorlage des starken Karger (83.). "Daheim schießen wir immer unsere Tore, das haben wir gewusst", erklärte Ziereis. Bierofka musste noch zwölf Minuten zittern und hüpfen, dann wurden die Tore geöffnet, die Fans durften auf den Rasen. Und sie sangen das Krönungslied: "Ohne Biero wär'n wir gar nicht hier." Im Gegensatz zu Wettberg durfte er jedoch nicht auf den Rathausbalkon am Marienplatz: "Das hätte 250 000 Euro gekostet", verriet der Stadionsprecher: "Dafür kaufen wir uns lieber den einen oder anderen Spieler."

© SZ vom 28.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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